Angesichts steigender Infektionszahlen hat Israel als erstes Land weltweit damit begonnen, die ältere Bevölkerung mit einer dritten Impfdosis gegen das Coronavirus zu schützen. Auch in Deutschland werden die Pläne für eine zweite Runde bei den Corona-Impfungen konkreter. „Israel macht es vor und ist erneut weltweit Vorreiter. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen“, sagt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek unserer Redaktion. Deutschland brauche jetzt sehr schnell eine Entscheidung, wie mit den Auffrischungsimpfungen umzugehen sei. „Aus meinen Gesprächen mit Herstellern und Experten weiß ich, dass wir die Auffrischungsimpfung brauchen werden; die Frage ist nur noch, nach welchem Zeitraum sie notwendig ist“, sagt er. Die Ständige Impfkommission hat nach eigenen Angaben noch nicht die nötigen Daten, um eine solche Empfehlung auszusprechen.
Noch keine Empfehlung der Stiko
Den unabhängigen Experten geht es bei ihren Daten um zwei Aspekte: ob die messbare Immunantwort im Labor nachlässt und ob trotz Impfung vermehrt Infektionen mit Erkrankung auftreten. Laboruntersuchungen zu Antikörperspiegeln gebe es bereits, sagt Stiko-Chef Thomas Mertens, diese erlaubten aber nicht die Schlussfolgerung, dass auch die Schutzwirkung beim Menschen nachlässt. Es gehe auch noch um die Frage, welche Gruppen eine Auffrischung bekommen könnten. Die Impfstoffhersteller Pfizer und Biontech hatten schon Anfang Juli mitgeteilt, dass sie von einem Rückgang der Schutzwirkung ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung ausgehen. Die ersten Impfungen in Deutschland wurden Ende Dezember vorgenommen.
Die Politik bereitet sich deshalb auch ohne Stiko-Empfehlung vor. „Da ich von der Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung fest überzeugt bin, hat Bayern bereits seine Corona-Impfstrategie auf die neuen Herausforderungen ausgerichtet“, sagt Holetschek. „Die Organisation der Impfzentren wird beispielsweise angepasst, denn eines ist sicher: Wir werden vorbereitet in den Herbst gehen!“
Auch die Gesundheitsminister der Länder wollen die dritte Dosis vorantreiben
Er will das Thema bei der Konferenz der Gesundheitsminister an diesem Montag ansprechen. Ein erster Beschlussvorschlag dieser Konferenz, der unserer Redaktion vorliegt, besagt, dass die Bundesländer ab September „mit mobilen Teams in Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und weiteren Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen eine Auffrischimpfung“ anbieten sollen. Auch Patienten mit Immunschwäche sollen eine dritte Dosis erhalten können. „Die Auffrischimpfungen erfolgen mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe; dabei ist es unerheblich, mit welchem Impfstoff die Personen vorher geimpft worden sind“, heißt es in dem Papier. Auch allen anderen Geimpften, die eine Erstimpfung mit AstraZeneca oder Johnson&Johnson erhalten haben, soll dann eine weitere Impfung mit Biontech ermöglicht werden.
AWO Schwaben fordert Schutz der Schwächsten
Unterstützung kommt aus der Pflegebranche. Brigitte Protschka, Vorsitzende des Präsidiums der AWO Schwaben, drängt zu einer Entscheidung. „Es liegen doch schon genügend gute Argumente dafür auf dem Tisch“, sagt sie. „Wir haben bereits Fälle in Altenheimen, bei denen sich doppelt geimpfte Senioren wieder infiziert haben. Und wir müssen mit einer vierten Welle rechnen, da gilt es doch jetzt zu handeln.“ Genügend Impfstoff sei vorhanden. Protschka ist überzeugt: „In unseren Pflegeeinrichtungen sind die Senioren sehr bereit für eine dritte Impfung.“ Sie appelliert: „Es wurde in der Vergangenheit oft viel zu lange gezögert, wenn es um den Schutz der Schwächsten ging, wir müssen endlich ins rechtzeitige Tun kommen.“