Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Olympische Spiele 1972: Missachtete Warnungen vor dem Attentat

Olympische Spiele 1972

Missachtete Warnungen vor dem Attentat

    • |
    Der ausgebrannte Hubschrauber auf dem Flugfeld in Fürstenfeldbruck – ein Symbol für die gescheiterte Befreiungsaktion.
    Der ausgebrannte Hubschrauber auf dem Flugfeld in Fürstenfeldbruck – ein Symbol für die gescheiterte Befreiungsaktion. Foto: dpa/Archiv

    Die Journalisten des Nachrichtenmagazins Der Spiegel haben offenbar intensiv recherchiert. Nach eigenen Angaben sichteten sie zehntausende bislang unveröffentlichte Dokumente über das Palästinenser-Attentat auf die Olympischen Spiele von München am 5. September 1972. Die Reporter stöberten unter anderem beim Bundesarchiv in Koblenz, in verschiedenen Verfassungsschutzämtern, sahen Ermittlungsprotokolle und Botschaftsdepeschen ein.

    Das Ergebnis sind schwerwiegende Vorwürfe gegen die deutschen Sicherheitsbehörden, die im aktuellen Spiegel dokumentiert sind. Ein Überblick:

    • Hinweise missachtet Am 1. März 1972 heißt es laut Spiegel in einem Vermerk des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, dass bei den Olympischen Spielen „terroristische Aktionen zu befürchten“ seien. Allein in den fünf Wochen vor dem Anschlag sollen bei deutschen Sicherheitsbehörden insgesamt 17 Hinweise auf „palästinensische Terrorplanungen“ eingegangen sein.

    Am 14. August 1972 habe die deutsche Botschaft in Beirut (Libanon) gemeldet, dass von Palästinensern bei den Olympischen Spielen „ein Zwischenfall inszeniert wird“. Am 2. September 1972 – drei Tage vor dem Anschlag – berichtete das italienische Magazin Gente, die Terrortruppe „Schwarzer September“ wolle den September 1972 zu einem „Feuermonat“ machen. Geplant sei auch eine „aufsehenerregende Tat“ in München.

    • Mangelhaftes Sicherheitskonzept Das olympische Dorf war laut Spiegel trotz der zahlreichen Hinweise nur durch einen leicht überwindbaren, zwei Meter hohen Maschendrahtzaun gesichert. Die Vorkehrungen wurden nicht verschärft. Es habe keine strengen Zugangskontrollen gegeben, keine Sicherheitskräfte waren vor dem Wohngebäude der israelischen Sportler postiert. Der damals zuständige Münchner Polizei-Präsident Manfred Schreiber habe von einem Terror-Szenario, das ein Mitarbeiter ausgearbeitet hatte, nichts wissen wollen.

    Keine Profi-Terroristen Nach den Recherchen des Magazins seien die acht Palästinenser nicht, wie häufig dargestellt, in nahöstlichen Camps ausgebildete Kämpfer gewesen. Teilweise hätten sie nur lückenhafte Kenntnisse gehabt. Einer der Terroristen hatte angeblich gerade mal gelernt, wie man eine Kalaschnikow auseinanderbaut und wieder zusammenmontiert. Bei der Vorbereitung des Anschlags hätte die Truppe Schwierigkeiten gehabt, in München eine Unterkunft zu finden. Und vor der Geiselnahme seien die Palästinenser zunächst sogar im falschen Stockwerk des Wohnhauses aufgetaucht und hätten dort Sportler aus Hongkong angetroffen.

    • Fehler beim Einsatz Mehrere Pannen haben den Anti-Terror-Einsatz der Sicherheitsbehörden zu einem Desaster werden lassen. Weil ein TV-Team den Polizeieinsatz im olympischen Dorf live übertrug, sahen die Terroristen im Fernsehen, dass eine Geiselbefreiungsaktion geplant war.

    Auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck hatte die Einsatzleitung nur fünf Scharfschützen postiert. Sie ging davon aus, dass sie es mit lediglich fünf Palästinensern zu tun hätte. Tatsächlich waren es aber acht. Wie berichtet, blieben auch herbeigerufene Panzerwagen im Münchner Stau stecken und kamen zu spät.

    Bei der missglückten Befreiungsaktion auf dem Rollfeld des Militärflughafens Fürstenfeldbruck starben alle neun israelischen Geiseln, fünf Terroristen und ein deutscher Polizist.

    • Keine Aufarbeitung der Fehler Nach Darstellung des Spiegel hätten die Verantwortlichen für das Desaster bei Bundes- und Landesbehörden versucht, „ihre Unfähigkeit zu vertuschen“. Das Magazin zitiert aus einem Protokoll einer Sondersitzung des Bundeskabinetts in Bonn. Darin heißt es: „Gegenseite Beschuldigungen müssen vermieden werden. Auch keine Selbstkritik.“
    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden