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Österreich: Urheber des Ibiza-Videos wehrt sich gegen seine Auslieferung

Österreich

Urheber des Ibiza-Videos wehrt sich gegen seine Auslieferung

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    Der Screenshot aus einem Video, das dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung» zugespielt und von diesen veröffentlicht wurde, zeigt Chef Heinz-Christian  (rechts).
    Der Screenshot aus einem Video, das dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung» zugespielt und von diesen veröffentlicht wurde, zeigt Chef Heinz-Christian (rechts).

    Es war einer der größten politischen Skandale, die Österreich in jüngster Zeit erlebt hat: Das sogenannte Ibiza-Video führte nicht nur zum Sturz des FPÖ-Parteichefs Heinz-Christian Strache, sondern ließ auch die Regierungskoalition aus der konservativen ÖVP und der rechten FPÖ in sich zusammenbrechen. Fast zwei Jahre sind seither vergangen, doch noch immer sorgt der Vorgang um Korruption und Vetternwirtschaft für öffentlichen Wirbel. Nun wurde bekannt, dass der Regisseur des Videos "Asyl" in Deutschland beantragen will, wie die österreichische Kronen-Zeitung und die Financial Times berichten. Anders ausgedrückt: Julian H. will verhindern, dass er nach Österreich ausgeliefert wird.

    Aktuell sitzt der frühere Sicherheitsberater bereits in deutscher Auslieferungshaft in Berlin-Moabit. Er wurde im Dezember festgenommen. Die österreichische Justiz ermittelt gegen ihn wegen Drogenhandels und Erpressung. Der Privatdetektiv, der selbst im Video als Dolmetscher der „schoafen“ russischen Oligarchin auftaucht, wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht wurde.

    Julian H. sieht sich als Whistleblower

    Doch Julian H. argumentiert: Er werde „politisch verfolgt“, ihn würde kein fairer Prozess in Österreich erwarten. Die Vorwürfe gegen ihn seien konstruiert. Der 40-Jährige selbst sieht sich als „Antifaschist“ und „Whistleblower“, wollte deshalb Strache Korruption und Untreue nachzuweisen. Wien wirft ihm hingegen vor, Heinz-Christian Strache erpresst sowie mehrere Kilo Kokain in Umlauf gebracht zu haben. Sein Anwalt Johannes Eisenberg schreibt: „Ausdrücklich hat das (Berliner/d. Red.) Kammergericht entgegen entsprechenden Begehrs der österreichischen Behörden keine Verhaftung wegen der Beteiligung an dem Ibiza-Video angeordnet. Das Kammergericht hält die Beteiligung von Julian H. daran nicht für strafbar und die begehrte Auslieferung wegen dieser Taten nicht für zulässig.“

    In dem Video, das 2017 in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza aufgenommen wurde, hatte der spätere österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechten FPÖ mit einer angeblichen russischen Oligarchin über illegale Parteispenden und Großaufträge gesprochen. Dabei wirkte er anfällig für Korruption. Strache bestreitet bis heute alle Vorwürfe. Er tut den Abend als „b’soffene G’schicht’“ ab. Im Mai 2019 veröffentlichten Spiegel und Süddeutsche Zeitung Ausschnitte daraus. Eingefädelt haben soll die Falle Julian H.. Er soll außerdem das Haus verwanzt haben. Nach Bekanntwerden des Videos tauchte er unter.

    Das sagt das Berliner Gericht

    Dass ein Antrag auf Asyl in Deutschland oder zumindest ein Stopp der Auslieferung Erfolg haben wird, gilt als unwahrscheinlich. Österreich ist ein Rechtsstaat mit unabhängiger Justiz und sicheres Herkunftsland. Noch hat das für den Fall zuständige Kammergericht in Berlin indes nicht über die Auslieferung von Julian H. an Österreich entschieden. Gewissenhaft geprüft werden soll der Fall nämlich auf jeden Fall. "Der zuständige 4. Strafsenat des Kammergerichts hat am 4. Februar 2021 bislang lediglich beschlossen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zunächst zum Zwecke weiterer Sachaufklärung zurückgestellt wird", teilte Gerichtssprecherin Lisa Jani unserer Redaktion mit. Die Auslieferungshaft dauere daher an. "Wann mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen ist, hängt unter anderem davon ab, wie schnell die österreichischen Behörden die Nachfragen des Kammergerichts beantworten werden."

    Erst kürzlich hat der sich in einem Interview zu seinem Fall geäußert. Über die Wirkung seines Videos sei er überrascht gewesen, sagte der Inhaftierte. „Ich ging nie davon aus, dass das Video zum Rücktritt führen würde. Ich dachte, es wird ein Skandal, es wird einen U-Ausschuss geben, aber Kurz wird an Strache festhalten, weil er nur mit ihm stramm rechte Politik machen kann.“ Dem Spiegel und der Süddeutschen Zeitung sagte der Verdächtige, das Video sei der Versuch gewesen, Strache Korruption und Untreue nachzuweisen. „Alles in allem hat es schließlich mehr als 100.000 Euro gekostet.“ Für das Video selbst habe er kein Geld erhalten – auch wenn es Angebote gegeben habe.

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