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Österreich: Ibiza-Untersuchung: HC Strache ist zurück im Scheinwerferlicht

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Ibiza-Untersuchung: HC Strache ist zurück im Scheinwerferlicht

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    Heinz-Christian Strache am Donnerstag im Ibiza-Untersuchungsausschuss.
    Heinz-Christian Strache am Donnerstag im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Foto: Helmut Fohringer/APA, dpa

    Eingangskontrollen, Zeugen hinter Plexiglas, Gedränge unter dutzenden Medienvertretern und Kameraleuten, Gesichtsmasken: Unter Corona-Bedingungen startete am Donnerstag in Wien ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur berühmt-berüchtigten Ibiza-Affäre. Im Blitzlichtgewitter: der frühere Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

    Vor fast genau einem Jahr wurde das Ibiza-Video veröffentlicht – Ergebnis einer Falle, in die die beiden Rechtsaußen-Politiker Heinz-Christian Strache und sein politischer Ziehsohn Johann Gudenus mit Anlauf hineintappten.

    Zum Start des Untersuchungsausschusses kamen dann auch gleich die beiden unfreiwilligen Hauptakteure zu Wort. Vorher aber diskutierten die Parlamentarier noch mit dem Wiener Journalisten Florian Klenk. Er hat das ganze Video, also alle sieben Stunden, gesehen und kennt damit auch das bislang geheime Material, das den Abgeordneten groteskerweise noch immer nicht zur Verfügung steht.

    Ibiza-Affäre: HC Strache liebt das Scheinwerferlicht - egal, wie grell es ist

    Die öffentlich bekannten Szenen aus dem Video seien „das Destillat eines langen Abends“ und keine unzulässige Verkürzung, sagte Klenk. Es gebe einen Tonmitschnitt aus der Küche, auf dem Strache zu Gudenus sagt: „Mach das klar, Joschi. Mach das klar.“ Strache habe um die vermeintliche russische Oligarchin eine Art „Korruptionstanz“ aufgeführt. Er habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass die beteiligten Personen nicht Herr ihrer Sinne und gar K.-o.-Tropfen oder Drogen im Spiel gewesen seien.

    Nach dem Journalisten hatte Strache seinen großen Auftritt. Er liebt das Rampenlicht, auch wenn es grell ist. Doch der Mann, der sich als Opfer eines „gezielten politischen Attentats“ sieht, machte klar, dass er auf die meisten Fragen auf Anraten seines Verteidigers nicht antworten werde. Was der Ex-FPÖ-Chef dann doch sagte, hat man schon oft von ihm gehört: Es gebe „seit Jahren einen Plan, mich zu vernichten“. Strache spricht von einem „mutmaßlich kriminellen Netzwerk“, dessen Motivlage er ans Licht fördern werde, „aber nicht vor dem Ausschuss, sondern vor der Staatsanwaltschaft“. Er bleibt auch dabei, dass er an jenem Abend auf Ibiza betäubt worden sei.

    Inhaltlich trägt Strache nicht viel zur Aufklärung der Ibiza-Affäre bei

    Die Abgeordneten und Journalisten müssen wohl auf die nächsten Zeugen hoffen, um inhaltlich weiter zu kommen. Dazu sind 42 Tage anberaumt. Minister, Manager, Ermittler, Spitzenbeamte sind geladen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird noch im Juni ins Parlament kommen. Kurz war im Mai 2019 Straches Koalitionspartner. Die heutige Opposition in Wien aus Sozialdemokraten, Neos und FPÖ will den Kanzler deshalb zur (Mit-)Rechenschaft ziehen. Er selbst regiert mittlerweile mit den Grünen – auch das eine Folge von Ibiza.

    Spannend ist bis heute das Sittenbild einer durch und durch korrupten Spitzenpolitik, das dieses Video so drastisch gezeigt hat – und die Frage, was davon gelebte Praxis sein könnte. Die Themenliste der Abgeordneten ist entsprechend lang und betrifft in einigen Punkten auch die ÖVP: Illegale Parteienfinanzierung, ungenierter Postenschacher in staatsnahen Betrieben, Mandats- und Gesetzeskauf, sprich: mehr oder weniger offene Korruption. Und die Frage: Hat das System? Waren etwa die Jobs in den Vorständen und Aufsichtsräten von Nationalbank bis Casinos Austria schon Teil der Regierungsvereinbarung zwischen der Kurz-ÖVP und der Freiheitlichen Partei Straches?

    Welche Ibiza-Fantasien wurden in Österreich Realität?

    Was die Sache so spannend macht: Als das Ibiza-Video im Sommer 2017 heimlich aufgenommen wurde, war Strache bereits zwölf Jahre Oppositionspolitiker und träumte von seinem großen Tag. Der gelernte Zahntechniker wollte mit aller Macht in die Regierung und da konnten die vielen in Aussicht gestellten Russen-Millionen nicht verkehrt sein. So sprach Strache mit dem hübschen Lockvogel über lukrative Staatsaufträge oder etwa die Übernahme der Kronen Zeitung, der mit weitem Abstand größten Tageszeitung des Landes.

    Als das Video zwei Jahre später von Süddeutscher Zeitung und Spiegel veröffentlicht wurde, war Strache bereits Vizekanzler der Republik Österreich, also endlich am Ziel. So liegt für viele Beobachter der Verdacht nahe, dass vielleicht die eine oder andere seiner schrägen Ibiza-Fantasien vielleicht gar nicht so schräg waren, sondern zwischen 2017 und 2019 Realität geworden sind.

    Vor einem Jahr wollte Strache noch, dass das gesamte Ibiza-Video veröffentlicht wird, um zu beweisen, dass er bei allem Geprahle gegenüber der vermeintlichen Oligarchen-Nichte stets auf die Einhaltung der Gesetze pochte. Heute will er, dass das Video nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Zugleich sagt er in Interviews: „Ich bin der transparenteste Politiker, den es gibt.“

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