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Österreich: Ergebnis vertagt: Enges Rennen um Bundespräsidentenamt in Österreich

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Ergebnis vertagt: Enges Rennen um Bundespräsidentenamt in Österreich

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    Alexander Van der Bellen (l) und Norbert Hofer müssen sich in Geduld üben.
    Alexander Van der Bellen (l) und Norbert Hofer müssen sich in Geduld üben. Foto:  Christian Bruna (dpa)

    Dieser Wahlabend war spannender als jeder Krimi. Ein so knappes Kopf-an-Kopf-Rennen wie zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen erleben Politiker und Wähler nur selten. Entsprechend betroffen wirkten die Anhänger der Freiheitlichen Partei, als sie die erste Hochrechnung des ORF sahen. Der geringe Abstand zwischen den beiden Kandidaten verschlug ihnen die Sprache.

    Viel früher als erwartet traf FPÖ-Chef Heinz Christian Strache vor die Kameras und sagte: „Es ist der bewegendste, schönste Moment in meinem Leben.“ Das knappe Ergebnis erklärt er damit, dass in den letzten Tagen vor der Wahl viele unfair mit Hofer umgegangen seien. Er sei „mit vielen Untergriffen sehr souverän umgegangen“, sagte Strache. Auch sein Generalsekretär Herbert Kickl klagte, Hofer sei „in ein Eck gestellt worden“.

    Die Grünen-Chefin Eva Glawischnig jubelte fast. Sie sei „aufgeregt und optimistisch“. Bei den Grünen herrschte ohrenbetäubender Lärm, „Sascha, Sascha“ skandierten die Van-der-Bellen-Anhänger, die schon fest überzeugt schienen, dass ihr Kandidat die Aufholjagd gewonnen haben könnte. „Offenbar hat die gemeinsame Position gegen Rechts gehalten“, freut sich eine Grüne. Das zeigen auch die ersten Wähleruntersuchungen, nach denen das Repräsentieren im Ausland vor allem für Van der Bellen sprach.

    Noch keine Entscheidung bei Präsidentenwahl in Österreich

    Entscheiden ist freilich noch nichts. Nach Hochrechnungen vom Sonntagabend kamen Hofer und Van der Bellen auf je genau 50 Prozent der Stimmen. Wer gewinnt, entscheidet sich erst an diesem Montag nach Auszählung mehrerer hunderttausend Briefwahlstimmen.

    Der von den Grünen unterstützte Van der Bellen hatte in den ORF-Hochrechnungen am Abend einen minimalen Vorsprung von rund 4000 Stimmen. In den Bundesländern Tirol und Vorarlberg gab es eine klare Mehrheit für den 72-jährigen Wirtschaftsprofessor, auch in Oberösterreich lag er vorn. In den Flächenländern Niederösterreich und dem Burgenland dagegen hatte Hofer die meiste Zustimmung bekommen. Lange wurden die Wiener Ergebnisse erwartet, doch zunächst sah es so aus, dass erst nach Auszählung der Stimmzettel der Briefwähler feststeht, ob ein Grüner oder ein Rechtspopulist die kommenden sechs Jahre das Staatsoberhaupt von Österreich wird.

    Die Kandidatenliste für die Bundespräsidenten war nach dem ersten Wahlgang von sechs auf zwei geschrumpft: Der Grüne Alexander Van der Bellen und der „blaue“ Rechtspopulist Norbert Hofer waren übrig geblieben. Van der Bellen lag 14 Prozentpunkte zurück. Erst in den letzten zehn Tagen vor der Entscheidung hatte sich noch eine ziemlich breite Allianz für den Grünen Van der Bellen gebildet: Personen und Gruppen, die nicht viel mehr gemeinsam hatten, als einen rechtspopulistischen Bundespräsidenten verhindern zu wollen.

    Doch dass das Bündnis am Ende möglicherweise doch zu schwach war, hat auch damit zu tun, dass die Österreichische Volkspartei, ÖVP, sich gegen eine Wahlempfehlung für Van der Bellen entschieden hat. Viele in der ÖVP setzen auf eine schwarz-blaue Machtoption: Sie hoffen, dass mit Unterstützung der FPÖ die Konservativen den nächsten Bundeskanzler stellen oder neue Mehrheiten in den Bundesländern schmieden.

    Die Gegensätze der Weltanschauungen der beiden Kandidaten haben Familien und Freundeskreise gespalten. Rund 60 Prozent der Wähler mit mittlerem und niedrigem Bildungsabschluss entschieden sich für Hofer, die Akademiker zu mehr als 80 Prozent für Van der Bellen. Der Grüne gewann in Städten, Hofer auf dem Land. Bei der Landbevölkerung stellten die Meinungsforscher auch die deutlichsten Ängste vor Flüchtlingen fest. Dass die Themen Asyl und Flüchtlinge auch diese Stichwahl dominierten, war vorhersehbar. Am Ende zeigte das Wahlergebnis, dass Österreich politisch so tief gespalten ist wie nie zuvor.

    Auch die Frage, wie Österreich am besten im Ausland vertreten werden kann, beeinflusste viele Wähler in ihrer Entscheidung. Van der Bellen stieß mit seiner diffusen Vision von den Vereinigten Staaten von Europa nur in linksliberalen Kreisen auf Zustimmung. Hofers Selbstinszenierung als Schutzpatron der Österreicher vor Brüssel zog dagegen in der breiten Bevölkerung. Hofer kam hier zugute, dass die Zustimmung zur EU in Österreich seit der Flüchtlingskrise wieder deutlich gesunken ist.

    Was bedeutet die Wahl in Österreich für Deutschland?

    Der Wahlausgang in Österreich wird laut Beobachtern auch in Deutschland die Debatte über den Umgang mit der rechtskonservativen AfD anheizen. Schon am Wochenende vertiefte sich der Riss zwischen den beiden Unionsparteien. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor dem Aufweichen von Grundüberzeugungen, um Wähler-Abwanderungen zu vermeiden. Der langjährige CSU-Leitsatz, eine demokratisch legitimierte Kraft rechts von der Union zu verhindern, gelte für sie nicht, wenn er so verstanden werden könne, dass „Prinzipien relativiert oder gar aufgegeben werden müssten, damit Menschen sich nicht von der Union abwenden“. CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte dagegen das Credo des früheren Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß.

    „Der Satz ist heute so richtig wie vor 30, 40 Jahren“, reagierte Seehofer in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ auf Merkels Aussagen. Wenn man die Anliegen des eigenen Volkes oder den Schutz der Bürger und der Grenzen vertrete und trotzdem wie in Bayern Weltoffenheit gegenüber neu Ankommenden praktiziere, „dann ist das keine Aufgabe von Prinzipien, sondern wir leben diese Prinzipien“. mit dpa

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