Keine Enthaltung, 100 Prozent Zustimmung: Die von Armut und politischer Unterdrückung geprüften Nordkoreaner haben ein neues Parlament gewählt - und dabei nach offiziellen Angaben ohne Ausnahme für die Kandidaten des autoritären Machthabers Kim Jong Un gestimmt. Das Ergebnis zeige, "die volle Unterstützung und das tiefe Vertrauen des Volkes für den höchsten Führer", jubelte am Montag die Staatsagentur KCNA.
Wegen der strengsten staatlichen Überwachung und weil keine Gegenkandidaten existierten, hatten die Menschen keine Wahl im eigentlichen Sinne. Nach einem Bericht der Staatsagentur KCNA zeigt das Ergebnis gleichwohl, dass Vertrauen der Bürger in Kim. "Geschlossen bleiben sie loyal zu ihm und halten ihn in höchster Wertschätzung."
"Überglückliche" Bürger feiern Wahlausgang
Am Sonntag hatte der staatliche Rundfunk hunderte Menschen in traditioneller bunter Kleidung gezeigt, die das Wahlereignis mit Tänzen in den Straßen feierten. "Überglückliche" Bürger seien seit dem frühen Morgen zu den Wahllokalen geströmt, berichtete KCNA. Viele von ihnen hätten auf den Straßen musiziert und getanzt, um Kim zu huldigen. Wer sich der Inszenierung entzog, wegen Krankheit oder anderer Gründe nicht wählen gehen konnte, wurde von Behördenvertretern daheim aufgesucht.
Der Machthaber selbst war am Sonntag, wie einst sein 2011 verstorbener Vater Kim Jong Il, im Wahlkreis Paektu angetreten. Der gleichnamige Berg wird in Nordkorea als heilig verehrt. Der Legende nach wurde Kim Jong Il 1942 auf seinen Hängen geboren. Auf Fernsehbildern waren hunderte Soldaten zu sehen, die zur Wahl anstanden und sich nach der Stimmabgabe vor Porträts Kim Jong Ils und seines Vaters Kim Il Sung verneigten. Bei der Gelegenheit führte Kim auch seine kleine Schwester Kim Yo Jong als "hohe Funktionärin" ein.
Oberste Volksversammlung hat keinerlei Gestaltungsspielraum
Kim Jong Un ist offiziell Oberkommandierender der Streitkräfte und Vorsitzender des machtvollen Nationalen Verteidigungsausschusses. Dank seines Wahlsiegs ist er nun auch Parlamentsabgeordneter. Allerdings hat die Oberste Volksversammlung, die alle fünf Jahre gewählt wird, keinerlei Gestaltungsspielraum. Sie kommt nur ein bis zwei Mal pro Jahr zusammen, um den Haushalt oder andere Entscheidungen der Arbeiterpartei zu bestätigen.
In allen 687 Wahlbezirken war am Sonntag nur je ein Kandidat von Kims Gnaden angetreten. Auf den Stimmzetteln gab es nur die Möglichkeit, neben den Namen eine Ja-Stimme abzugeben. Seit Wochen ließ Kim mit Gedichten und unmissverständlichen Aufrufen für den Urnengang werben - es war der erste seit seinem Machtantritt.
Urnengang dient auch als Volkszählung
Der Urnengang dient dem Staat auch als Volkszählung, weil alle Nordkoreaner verpflichtet sind, zur Wahl zu gehen oder im Fall eines Nichterscheinens zu Hause aufgesucht werden. Kim verstärkte zwar seit seinem Amtsantritt die Grenzkontrollen. Dennoch gelang es im vergangenen Jahr mehr als 1500 Menschen, vor Armut und Verfolgung zu fliehen und sich über China ins verfeindete Südkorea abzusetzen. ts/jes, afp