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Nordkorea: Nordkorea offline: Steckt eine Cyber-Attacke der USA dahinter?

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Nordkorea offline: Steckt eine Cyber-Attacke der USA dahinter?

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    Kann das sein: Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un lacht über die Filmsatire aus Hollywood? Nein, natürlich nicht. Das undatierte Bild wurde aus anderem Anlass veröffentlicht.
    Kann das sein: Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un lacht über die Filmsatire aus Hollywood? Nein, natürlich nicht. Das undatierte Bild wurde aus anderem Anlass veröffentlicht. Foto: AFP PHOTO, KCNA VIA KNS

    Die Geschichte klingt so plausibel, dass sie es ohne Mühe in alle Medien rund um die Welt geschafft hat: Weil in einem noch nicht veröffentlichten Hollywood-Film der nordkoreanische Führer Kim Jong-Un veralbert wird und dessen Ermordung gezeigt wird, startet das Regime in Pjöngjang eine Cyber-Attacke auf den Filmkonzern Sony. Was wiederum US-Präsident Barack Obama veranlasst, Nordkorea mit Konsequenzen zu drohen. Doch inzwischen stellt sich immer dringender die Frage: Was an dieser Geschichte ist überhaupt wahr?

    Tatsache ist jedenfalls, dass Obama am vergangenen Freitag in Washington vor die Presse trat und erklärte, Nordkorea müsse wegen dieses Aktes von „Cybervandalismus“ mit einer „angemessenen Reaktion“ rechnen. Er prüft nun sogar, ob die kommunistische Diktatur wieder auf die Liste der Terrorunterstützer („Schurkenstaaten“) gesetzt werden soll, von der soeben Kuba heruntergerutscht ist.

    Tatsache ist auch, dass Nordkorea bestreitet, hinter der Internet-Attacke zu stecken, gleichzeitig aber für den Fall der Veröffentlichung des Films Angriffe auf „die Zitadellen der US-Imperialisten“ ankündigt. Um eine Leinwandsatire ist also ein Krieg der Worte zwischen Staaten in Gang gekommen. Tatsache ist zudem, dass Sony den Film vorerst nicht in die Kinos bringen will.

    Obama sieht Sonys Rückzieher als Fehler an

    Doch das war es dann auch mit den Tatsachen. Vollkommen unklar ist bis heute, wer wirklich hinter jenen „Guardians of Peace“ (Friedenswächter) steckt, die über das Internet einen Großangriff auf die Rechner von Sony starteten und interne Dokumente erbeuteten, die sie Ende November teilweise veröffentlichten. Die Gruppe verband dies mit ominösen Drohungen – so wurde auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 hingewiesen –, falls Sony die Nordkorea-Satire „Das Interview“ wie geplant zu Weihnachten veröffentliche.

    Der amerikanischen Bundespolizei FBI zufolge trug der Cyberangriff die Handschrift nordkoreanischer Hacker. So gebe es beim Programmiercode und bei der Verschlüsselungstechnik klare Gemeinsamkeiten. Doch das bezweifeln andere Internetexperten. Die verwendeten Codes hätte man sich relativ einfach über einschlägige Foren besorgen können, von komplizierten Schadprogrammen wie dem von den USA im Iran eingesetzten Stuxnet seien sie meilenweit entfernt. Diesen Fachleuten zufolge hätte zum Beispiel auch ein unzufriedener Ex-Mitarbeiter von Sony die Attacke auf die Firma starten können.

    Jetzt wird breit diskutiert, ob sich die US-Filmindustrie vorschnell und leichtfertig einem vermeintlichen Diktat unterworfen hat. Viele zeihen sie der Feigheit. Der Chef von Sony Entertainment, Michael Lynton, musste Kritik von höchster Stelle einstecken. Obama nannte dessen Rückzieher einen „Fehler“. Es könne nicht sein, dass „irgendein Diktator irgendwo anfängt, in den USA Zensur auszuüben“, sagte der US-Präsident. Auch Schauspieler wie George Clooney forderten, zur Verteidigung der Meinungsfreiheit zusammenzustehen.

    "The Interview" zeigt Kim Jong-Un nicht in schlechtem Licht

    Währenddessen erwägt Sony den Rückzieher vom Rückzieher. Der Film soll zwar nicht in die Kinos kommen, aber womöglich im Internet veröffentlicht werden. Die Datenplattform BitTorrent hat sich dafür angeboten. Noch ist die Entscheidung nicht gefallen.

    Ist der Film das Drama überhaupt wert, das um ihn herum aufgeführt wird? „Das Interview“ ist offenbar sehr albern, gespickt mit teils guten, teils schlechten Witzen. Es geht darum, dass zwei schräge Journalisten ein Interview mit Kim Jong-Un führen sollen und zuvor vom Geheimdienst CIA aufgefordert werden, den Diktator zu ermorden. Was schließlich auch passiert, aber ganz anders als zunächst geplant. Der Machthaber kommt im Film gar nicht so schlecht weg. „Als Kim schließlich dran glauben muss, tut er einem richtig leid“, schreibt Filmkritiker Jan Küveler auf Welt online. Eigentlich müsste sich Kim in dem Film „selber sympathisch“ finden.

    Die ohnehin störanfälligen Internet-Verbindungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt sind am Montag offenbar zeitweise ganz weggebrochen. Das auf Internetsicherheit spezialisierte US-Unternehmen Dyn Research teilte mit, die Internetverbindungen seien über neuneinhalb Stunden nicht funktionstüchtig gewesen. „Ich würde mich nicht wundern, wenn sie gerade eine Attacke abkriegen“, sagte ein Dyn-Mitarbeiter. Beobachter spekulieren, eine Rache-Aktion der USA könne hinter dem Ausfall stecken. mit afp

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