Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Nordkorea-Krise: Könnten Kims Raketen auch uns treffen?

Nordkorea-Krise

Könnten Kims Raketen auch uns treffen?

    • |
    Kim Jong Un verfolgt begeistert den Test einer Interkontinentalrakete.
    Kim Jong Un verfolgt begeistert den Test einer Interkontinentalrakete. Foto: KCNA VIA KNS, afp photo

    Wir haben uns an diese Bilder gewöhnt und doch sind sie immer wieder aufs Neue verstörend: Ein ganz in Schwarz gekleideter Mann schaut auf Computerbildschirme. Er zieht genüsslich an seiner Zigarette, beugt sich über Landkarten, beobachtet das Geschehen mit einem Fernglas. Er wirkt zufrieden, fast überdreht.

    Ein paar uniformierte, ältere Herren klatschen Applaus. Was diesen Mann so begeistert, macht dem Rest der Welt Angst. Kim Jong Un, Nordkoreas unberechenbarer Diktator, droht Amerika und dem Westen seit Jahren mit Krieg und Zerstörung. Doch was lange als Imponiergehabe eines irren Despoten abgetan wurde, entwickelt sich immer mehr zur realen Bedrohung. Die entscheidende Frage lautet, wie groß die Reichweite von Kims Waffen ist. Ein neuer Raketentest liefert beunruhigende Antworten – auch für Europa.

    Im Mittelpunkt der Spekulationen steht eine Interkontinentalrakete mit dem Namen Hwasong-15. Sie könnte nach Einschätzung westlicher Experten Ziele in einer Entfernung von bis zu 13000 Kilometern treffen. Am Dienstag hat das nordkoreanische Militär eine solche Rakete getestet. Anschließend verkündet eine Nachrichtensprecherin mit großem Pathos, das Land habe sein „historisches Ziel“ erreicht, eine Atommacht zu werden. Man sei nun in der Lage, das gesamte amerikanische Festland anzugreifen. Nun ist das Staatsfernsehen des kommunistischen Landes das Gegenteil einer verlässlichen Quelle.

    Die Propaganda um Kim Jong Un nimmt oft bizarre Formen an. Die USA betonen jedenfalls umgehend, die getestete Rakete sei schon nach weniger als 1000 Kilometern ins Japanische Meer gestürzt. Trotzdem schürt das Manöver Ängste. Vor allem Nordkoreas Nachbarn Südkorea und Japan warnen eindringlich, der Konflikt könnte nun endgültig außer Kontrolle geraten. Und auch Europa läge in Reichweite des nordkoreanischen Militärs, sollten sich die Meldungen bewahrheiten.

    USA droht Nordkorea nach den Provokationen

    Die ersten Reaktionen der Amerikaner auf die neuerliche Provokation kann man nicht gerade als deeskalierend bezeichnen. „Wir haben nie den Krieg mit Nordkorea gesucht und suchen ihn heute noch immer nicht“, sagt die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Nikki Haley. Doch sie lässt zugleich keinen Zweifel daran, dass die USA bereit sind, im Falle eines Krieges das Regime in Pjöngjang „vollkommen zu zerstören“. Ein Auftritt von Donald Trump lässt erahnen, wie explosiv die Stimmung auch im Weißen Haus ist. Mitten in einer Rede zur geplanten Steuerreform wettert der US-Präsident unvermittelt gegen den „little rocket man“ (auf Deutsch: kleiner Raketenmann). Diesen Spitznamen hat er schon öfter für Kim Jong Un verwendet. Diesmal fügt er noch hinzu: „Er ist ein kranker Welpe.“

    Die Amerikaner fordern alle Länder auf, ihre diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordkorea abzubrechen. „Ruft euren Botschafter zurück“, appelliert eine Sprecherin des US-Außenministeriums auch an Deutschland. Dort bezeichnet Sigmar Gabriel das „rücksichtslose Verhalten“ Kims als enorme Gefahr für die internationale Sicherheit. Der Bundesaußenminister bestellt den nordkoreanischen Botschafter ein. Außerdem wird das Personal der deutschen Vertretung in Nordkorea reduziert. Von einem Abbruch der Beziehungen ist gestern aber keine Rede.

    Nordkorea-Konflikt: Wie reagieren Russland und China?

    Nun schaut die Welt auf Moskau und Peking. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hält nichts von weiteren Sanktionen gegen Kim. Er fordert stattdessen die Wiederaufnahme von Gesprächen und wirft den USA vor, bewusst „heftige Aktionen“ Pjöngjangs zu provozieren. Und auch China, mächtigster Verbündeter des nordkoreanischen Machthabers, ließ die Forderungen der Amerikaner ins Leere laufen. Eine Lösung des Konflikts müsse durch „Verhandlung und Dialog“ erreicht werden, ein militärisches Eingreifen sei keine Option.

    Peking fürchtet einen Krieg vor allem aus zwei Gründen: Ein US-Kampfeinsatz direkt an der eigenen Grenze ist genauso wenig in chinesischem Interesse wie eine Massenflucht aus Nordkorea. Für die Amerikaner wiederum könnte es zum Problem werden, dass Nordkoreas Raketen offenbar nicht fest stationiert, sondern mobil und damit schwer zu zerstören sind.

    Bislang gießt Trump immer noch weiteres Öl ins Feuer: „Der chinesische Abgesandte, der gerade aus Nordkorea zurückgekehrt ist, scheint keinerlei Einfluss auf den kleinen Raketenmann gehabt zu haben“, twittert er gestern. Doch die Amerikaner brauchen China. Denn alle Sanktionen sind bislang ohne die gewünschte Wirkung verpufft. Und weder Barack Obama, der Kim Jong Un weitgehend ignorierte, noch sein Nachfolger, der bei jeder Gelegenheit wüste Drohungen gegen ihn ausstößt, konnten den nordkoreanischen Diktator bislang von seiner atomaren Mission abhalten.

    Neuigkeiten zu Nordkorea lesen Sie hier in unserem News-Blog.

    Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Umfrageinstitut Civey zusammen. Was es mit den Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden