Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Nordkorea: Kim Jong Un zum "obersten Führer" ausgerufen

Nordkorea

Kim Jong Un zum "obersten Führer" ausgerufen

    • |
    Kim Jong Un (r.) wurde zum "obersten Führer" in Nordkorea ausgerufen.
    Kim Jong Un (r.) wurde zum "obersten Führer" in Nordkorea ausgerufen. Foto: dpa

    Kim Jong Un stand flankiert von wichtigen Militär- und Parteigrößen auf einem Balkon oberhalb des Kim-Il-Sung-Platzes und beobachtete von dort aus mit gebeugtem Haupt die Trauerzeremonie für seinen Vater. Mit auf dem Balkon stand Kim Jong Ils jüngere Schwester, Kim Kyong Hui. Es wird erwartet, dass sie zukünftig eine wichtige Rolle spielen wird. Die beiden anderen Söhne Kim Jong

    Das Leben in Pjöngjang kam am Donnerstag zum Stillstand, als die Menschen am zweiten Tag der Gedenkveranstaltungen die großen Plätze der Hauptstadt füllten. Die Trauerzeremonie begann mit einem stillen Gedenken an dem Mann, der seine 24 Millionen Untertanen seit seiner Machtübernahme nach dem Tod seines Vaters Kim Il Sung 1994 mit eiserner Hand führte. Ein Meer aus Soldaten bevölkerte den Kim-Il-Sung-Platz.

    Acht Artilleriekanonen wurden abgefeuert. Anschließend verbeugten sich Arbeiter, Bürger, Kinder und Soldaten drei Minuten lang in Gedenken an Kim Jong Il, während die Pfeifen der Züge und Schiffe ertönten. Das Staatsfernsehen zeigte Aufnahmen von Menschen, die außerhalb ihrer Arbeitsplätze, auf Gehwegen oder auf  öffentlichen Plätzen unter riesigen Porträts von Kim Jong Il standen.

    Führungselite stellt sich hinter Kim Jong Un

    Kim Jong Il ist tot - Porträt des exzentrischen Machthabers von Nordkorea

    Mit seinen toupierten Haaren, den Plateauschuhen und seinen aus der Mode gekommenen Blouson-Anzügen wurde Kim Jong Il gern belächelt. Doch Nordkoreas Staatschef war ein ebenso geschickter wie rücksichtloser politischer Machtmensch, der trotz Hungersnöten in seinem Land im Luxus lebte und ein Atomprogramm entwickeln ließ. Am Samstag starb Kim Jong Il an einem Herzinfarkt. Erst zwei Tage später wurde die Nachricht vom Tod des «Großen Führers» über die Staatsmedien verbreitet.

    Seit mehreren Jahren bereits war es mit Kims Gesundheit bergab gegangen. Im Jahr 2008 erlitt er einen Schlaganfall, in dessen Folge seine linke Körperhälfte beeinträchtigt war. Außerdem hatte er berichten zufolge Nierenprobleme, Diabetes und Bluthochdruck. Genaues wusste kaum jemand: Kims Gesundheitszustand wurde wie ein Staatsgeheimnis behandelt.

    Beobachtern fiel jedoch auf, dass Kims Entscheidungen immer irrationaler erschienen, etwa der Angriff auf ein südkoreanisches Marineschiff im März 2010 im Grenzgebiet zu Südkorea, bei dem 46 Soldaten starben. Nordkorea wies jegliche Verantwortung von sich. Laut CIA-Chef Leon Panetta wollte Kim Jong Il mit solchen riskanten Aktionen die Glaubwürdigkeit seines Sohnes Kim Jong Un in militärischen Belangen unter Beweis stellen. Denn Kim baute seinen jungen Sohn, der 1983 oder 1984 geboren wurde, als Nachfolger auf.

    Kim selbst hatte einst seinen Vater an der Staatsspitze abgelöst. Als der Gründer Nordkoreas Kim Il Sung 1994 starb und der Sohn drei Jahre später offiziell seine Nachfolge antrat, wurde der Führerkult auf ihn übertragen. Um die «Große Sonne der Nation» ranken sich seitdem zahlreiche Mythen. So sollen nach offizieller Darstellung nach seiner Geburt am 16. Februar 1942 in einem anti-japanischen Camp auf dem Heiligen Berg Paekdu in Korea ein Stern und ein doppelter Regenbogen am Himmel erschienen sein. Nach Ansicht westlicher Experten wurde er dagegen in einem Ausbildungslager der sowjetischen Armee bei Chabarowsk in Sibirien geboren, von wo aus sein Vater den Kampf gegen die japanischen Besatzer Koreas führte.

    Unter Kim sollen Schätzungen zufolge zwischen 1996 und 1999 rund eine Millionen Nordkoreaner verhungert sein. Dennoch fand der Machthaber stets ausreichend Ressourcen, um das Atomprogramm seines Landes voranzutreiben und die Welt 2006 sogar mit Berichten über den ersten Atomwaffentest des Landes zu erschrecken. Notwendige wirtschaftliche Reformen lehnte Kim hingegen stets ab, um die Kontrolle über das Land nicht zu verlieren. Mit Propaganda, Personenkult und gefürchteten Arbeitslagern festigte er seine Macht.

    Auch Besucher des weitgehend abgeschotteten Landes und Flüchtlinge zeichneten ein weniger schmeichelhaftes Bild des Staatschefs: Er galt als Playboy mit Vorliebe für Schauspielerinnen und Tänzerinnen, französischen Cognac und westliche Filme - er soll eine Sammlung von 20.000 Hollywood-Filmen besessen haben. Der Öffentlichkeit war Kim weitgehend unbekannt. Am liebsten zeigte er sich bei Militärparaden und Besuchen in Schulen, Fabriken und Militärstützpunkten.

    Kim, der seine Mutter im Alter von neun Jahren verlor, wurde in der DDR zunächst als «Wirtschaftsexperte» ausgebildet, bevor er 1964 ins Zentralkomitee der Kommunistischen Partei in Pjöngjang aufgenommen wurde. Später wurde er Leiter der Propagandaabteilung. 1980 machte ihn sein Vater zur «Nummer Zwei» in der Partei.

    Zu Lebzeiten seines Vaters soll Kim Jong Il für diverse Anschläge verantwortlich gewesen sein. So soll er das Bombenattentat auf Südkoreaner 1983 im birmanischen Rangun geplant haben, bei dem 17 südkoreanische Regierungsmitglieder getötet wurden. Auch für den Anschlag auf ein südkoreanisches Verkehrsflugzeug 1987, bei dem 115 Menschen starben, wurde er verantwortlich gemacht.

    In welche Richtung sich Nordkorea nach Kims Tod bewegt, ist offen - zu unbekannt ist der junge Nachfolger Kim Jong Un. Der Verstorbene hinterlässt seinem Sohn vor allem eins: den ungelösten Streit um das Atomprogramm. afp

    Die Führungselite Nordkoreas stellte sich während der Trauerfeierlichkeiten hinter Kim Jong Un. "Die Tatsache, dass er die Frage der Nachfolge vollständig gelöst hat, ist eine der vornehmsten Errungenschaften des großen Kameraden Kim Jong Il", sagte Kim Yong Nam, Präsident des Präsidiums der Obersten Volksversammlung zu den hunderttausenden Menschen, die sich auf dem Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang versammelt hatten.

    "Der respektierte Kamerad Kim Jong Un ist der oberste Führer unserer Partei, des Militärs und des Landes. Er erbt Kim Jong Ils Ideologie, Führung, Persönlichkeit, Tugend, Charakterstärke und Mut", sagte Kim, der als zeremonielles Staatsoberhaupt Nordkoreas gilt. In einer Ansprache während der Gedenkfeiern nannte General Kim Jong Gak, einer der höchsten politischen Offiziere der nordkoreanischen Streitkräfte, Kim Jong Un den "obersten Führer unserer revolutionären Streitkräfte".  dapd

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden