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Nordkorea: Kim Jong Un will Militär auf "jede denkbare Weise stärken"

Nordkorea

Kim Jong Un will Militär auf "jede denkbare Weise stärken"

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    Eine Statue des «ewigen Präsidenten» Kim Il Sung. Nun regiert der Enkel Kim Jong Un des 1994 gestorbenen Diktators das bitterarme Nordkorea. Foto: epa/KCNA dpa
    Eine Statue des «ewigen Präsidenten» Kim Il Sung. Nun regiert der Enkel Kim Jong Un des 1994 gestorbenen Diktators das bitterarme Nordkorea. Foto: epa/KCNA dpa

    Kampfjets, Raketen und Stalin-Orgeln: Nordkorea feiert sich selbst und seinen neuen Führer Kim Jong Un anlässlich des 100. Geburtstags von Kim Il Sung. Der neue Machthaber hielt dabei die erste öffentliche Rede. Getrübt wurde die Stimmung vom gescheiterten Raketentest des kommnistischen Landes, der weltweit auf Kritik gestoßen war.

    Bei den gigantischen Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il Sung hat der neue Machthaber von Nordkorea, Kim Jong Un, die Nordkoreaner auf den Kampf für den Sozialismus eingeschworen. "Wir müssen unser Militär auf jede denkbare Weise stärken", erklärte Kim Jong Un am Sonntag in einer 20-minütigen Rede vor zehntausenden jubelnden Menschen in Pjöngjang. Es folgte eine

    Nordkoreas: Kim Jong Un hält erste öffentliche Rede

    Die Nordkoreaner müssten das Ziel verfolgen, "einen mächtigen und wohlhabenden sozialistischen Staat zu errichten", so Kim Jong Un, der in den letzten Tagen mit weiteren Ämtern zum dritten Staatsführer aus der Kim-Familie aufgebaut wurde. Während sein Vater, der im Dezember 2011 gestorbene Kim Jong Il, Reden in der Öffentlichkeit gemieden hatte, trug Kim Jong Un einen umfangreichen, vorbereiteten Redetext vor. Nordkoreas Armee, mit 1,2 Millionen Mann die viertgrößte der Welt, könne "jeden Feind schlagen", sagte er.

    Militärparade mit Kampfjets, Raketen und Stalin-Orgeln

    Zu den Feiern waren ungewöhnlich viele Akkreditierungen für ausländische Presseberichter ausgestellt worden. Zwei Monate lang wurde Pjöngjang von tausenden Arbeitern herausgeputzt. Bei der zweistündigen Militärparade wurden unter anderem Styx-, SA2-, SA3-, SA5-, Hwasong-, Nodong- und Musudan-Raketen aufgefahren. Militärexperten bemerkten, dass anders als bei der letzten großen Parade im Oktober 2010 auch eine Rakete der Taepodong-Klasse mit 20 Metern Länge vorgeführt wurde.

    Militärparade zum 100. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung

    Die Feiern fanden bei bestem Wetter statt, Tausende Soldaten mit roten Fahnen marschierten in perfektem Gleichschritt. Die Zivilisten winkten mit Papierblumen in den Farben rot, gelb und weiß oder auch mit den nordkoreanischen Blumenzüchtungen Kimjongilia in rot oder Kimilsungia in pink. "Ich erweise den Kameraden Kim Il Sung und Kim Jong Il die höchste Achtung und größte Ehre", sagte Kim Jong Un, dessen Alter nicht offiziell genannt wird, der aber wohl 29 oder 30 Jahre alt ist, in seiner ersten Rede.

    Die Feierlichkeiten  dauerten mehrere Tage, unter anderem wurden am Freitag in Pjöngjang große Statuen von Kim Il Sung und Kim Jong Il enthüllt. Zu den Feierlichkeiten sollte eigentlich auch der Start einer Langstreckenrakete vom Typ Unha-3 zählen - sie zerbrach jedoch in der Nacht zum Freitag nach wenigen Minuten und stürzte ins Meer.

    Gescheiterter Raketenstart überschattet Feierlichkeiten in Nordkorea

    Kim Jong Il ist tot - Porträt des exzentrischen Machthabers von Nordkorea

    Mit seinen toupierten Haaren, den Plateauschuhen und seinen aus der Mode gekommenen Blouson-Anzügen wurde Kim Jong Il gern belächelt. Doch Nordkoreas Staatschef war ein ebenso geschickter wie rücksichtloser politischer Machtmensch, der trotz Hungersnöten in seinem Land im Luxus lebte und ein Atomprogramm entwickeln ließ. Am Samstag starb Kim Jong Il an einem Herzinfarkt. Erst zwei Tage später wurde die Nachricht vom Tod des «Großen Führers» über die Staatsmedien verbreitet.

    Seit mehreren Jahren bereits war es mit Kims Gesundheit bergab gegangen. Im Jahr 2008 erlitt er einen Schlaganfall, in dessen Folge seine linke Körperhälfte beeinträchtigt war. Außerdem hatte er berichten zufolge Nierenprobleme, Diabetes und Bluthochdruck. Genaues wusste kaum jemand: Kims Gesundheitszustand wurde wie ein Staatsgeheimnis behandelt.

    Beobachtern fiel jedoch auf, dass Kims Entscheidungen immer irrationaler erschienen, etwa der Angriff auf ein südkoreanisches Marineschiff im März 2010 im Grenzgebiet zu Südkorea, bei dem 46 Soldaten starben. Nordkorea wies jegliche Verantwortung von sich. Laut CIA-Chef Leon Panetta wollte Kim Jong Il mit solchen riskanten Aktionen die Glaubwürdigkeit seines Sohnes Kim Jong Un in militärischen Belangen unter Beweis stellen. Denn Kim baute seinen jungen Sohn, der 1983 oder 1984 geboren wurde, als Nachfolger auf.

    Kim selbst hatte einst seinen Vater an der Staatsspitze abgelöst. Als der Gründer Nordkoreas Kim Il Sung 1994 starb und der Sohn drei Jahre später offiziell seine Nachfolge antrat, wurde der Führerkult auf ihn übertragen. Um die «Große Sonne der Nation» ranken sich seitdem zahlreiche Mythen. So sollen nach offizieller Darstellung nach seiner Geburt am 16. Februar 1942 in einem anti-japanischen Camp auf dem Heiligen Berg Paekdu in Korea ein Stern und ein doppelter Regenbogen am Himmel erschienen sein. Nach Ansicht westlicher Experten wurde er dagegen in einem Ausbildungslager der sowjetischen Armee bei Chabarowsk in Sibirien geboren, von wo aus sein Vater den Kampf gegen die japanischen Besatzer Koreas führte.

    Unter Kim sollen Schätzungen zufolge zwischen 1996 und 1999 rund eine Millionen Nordkoreaner verhungert sein. Dennoch fand der Machthaber stets ausreichend Ressourcen, um das Atomprogramm seines Landes voranzutreiben und die Welt 2006 sogar mit Berichten über den ersten Atomwaffentest des Landes zu erschrecken. Notwendige wirtschaftliche Reformen lehnte Kim hingegen stets ab, um die Kontrolle über das Land nicht zu verlieren. Mit Propaganda, Personenkult und gefürchteten Arbeitslagern festigte er seine Macht.

    Auch Besucher des weitgehend abgeschotteten Landes und Flüchtlinge zeichneten ein weniger schmeichelhaftes Bild des Staatschefs: Er galt als Playboy mit Vorliebe für Schauspielerinnen und Tänzerinnen, französischen Cognac und westliche Filme - er soll eine Sammlung von 20.000 Hollywood-Filmen besessen haben. Der Öffentlichkeit war Kim weitgehend unbekannt. Am liebsten zeigte er sich bei Militärparaden und Besuchen in Schulen, Fabriken und Militärstützpunkten.

    Kim, der seine Mutter im Alter von neun Jahren verlor, wurde in der DDR zunächst als «Wirtschaftsexperte» ausgebildet, bevor er 1964 ins Zentralkomitee der Kommunistischen Partei in Pjöngjang aufgenommen wurde. Später wurde er Leiter der Propagandaabteilung. 1980 machte ihn sein Vater zur «Nummer Zwei» in der Partei.

    Zu Lebzeiten seines Vaters soll Kim Jong Il für diverse Anschläge verantwortlich gewesen sein. So soll er das Bombenattentat auf Südkoreaner 1983 im birmanischen Rangun geplant haben, bei dem 17 südkoreanische Regierungsmitglieder getötet wurden. Auch für den Anschlag auf ein südkoreanisches Verkehrsflugzeug 1987, bei dem 115 Menschen starben, wurde er verantwortlich gemacht.

    In welche Richtung sich Nordkorea nach Kims Tod bewegt, ist offen - zu unbekannt ist der junge Nachfolger Kim Jong Un. Der Verstorbene hinterlässt seinem Sohn vor allem eins: den ungelösten Streit um das Atomprogramm. afp

    Kritiker aus Südkorea des stalinistischen Sozialismus im Norden ließen an der Grenze Ballons mit 200.000 Flugblättern aufsteigen. Darauf kritisierten sie den kostspieligen Raketenstart, während zugleich ein Großteil der Bevölkerung Nordkoreas Hunger leide. Die drei Machthaber aus der Kim-Familie wurden als "die drei führenden Verräter" des Landes bezeichnet.

    Am Freitag war Kim Jong Un zum "ersten Vorsitzenden" des Verteidigungsausschusses ernannt worden. Mit dem neuen Amt wurde der Prozess der Machtübergabe nach dem Tod Kim Jong Ils abgeschlossen. Kim Jong Un ist damit nicht nur Vorsitzender des höchsten beschlussfassenden Gremiums des kommunistischen Staates, sondern auch oberster Befehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Am Samstag ernannte er 70 Offiziere zu Generälen. Laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap soll mit den Beförderungen die Führungsspitze der Armee verjüngt werden.

    Während sich die Führung Nordkoreas selbst feiert und Luxus genießt, kämpft die vom Hunger geplagte Bevölkerung um das nackte Überleben.

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