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Nordkorea: Atomkriegs-Drohung: Wie gefährlich ist Kim Jong Un wirklich?

Nordkorea

Atomkriegs-Drohung: Wie gefährlich ist Kim Jong Un wirklich?

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     Wie gefährlich ist Kim Jong Un wirklich? 60 lange Jahre haben die USA kein Rezept gefunden, den Konflikt mit Nordkorea zu lösen.
    Wie gefährlich ist Kim Jong Un wirklich? 60 lange Jahre haben die USA kein Rezept gefunden, den Konflikt mit Nordkorea zu lösen. Foto: Kns, afp

    Kim Jong Un hat US-Präsident Barack Obama auf dem falschen Fuß erwischt. Wie bereits beim Arabischen Frühling - auch die jüngste Krise mit dem Dauerfeind Nordkorea hat in Washington so niemand kommen sehen.

    Fast täglich schaukeln sich die Spannungen hoch. Noch reagieren die USA mit einer Doppelstrategie: Verbal signalisiert die Weltmacht, dass sie das Säbelrasseln aus Pjöngjang nicht übermäßig beunruhigt, dass man noch keine nordkoreanischen Soldaten im Anmarsch sieht. Doch zugleich bringt das Pentagon Kriegsschiffe und Tarnkappenflugzeuge in Stellung. Im Grunde herrscht Ratlosigkeit: Wie gefährlich ist die Lage in Nordkorea wirklich?

    USA in Sachen Nordkorea: Ball flach halten

    Die Parole im politischen Washington ist klar definiert: Ball flach halten! Den Konflikt herunterspielen, bloß nichts rhetorisch anheizen!

    Täglich melden sich die Sprecher im Weißen Haus und im State Department zu Wort, um zu konstatieren, dass es noch keine Truppenbewegungen in Nordkorea gebe. Noch handele es sich lediglich um "kriegerische Rhetorik", die nicht durch Taten gestützt sei. "Es gibt hier ein Schema, und wir sind vertraut mit diesem Schema", versucht Regierungssprecher Jay Carney zu deeskalieren - wirklich beruhigen kann das nicht.

    Doch der neue Verteidigungsminister Chuck Hagel schlägt am Mittwoch auch andere Töne an. "Wir nehmen diese Bedrohung ernst", warnt er. Zugleich versucht die Supermacht, nicht den Funken eines Zweifels daran aufkommen zu lassen, dass sie notfalls zu den Waffen greifen würde. "Damit es ganz klar ist", betont der neue Außenminister John Kerry mit eisiger Miene, "die Vereinigten Staaten werden sich selbst und unseren Verbündeten Südkorea verteidigen und beschützen."

    Amerika schickt Zerstörer

    Nordkoreas Waffenarsenal

    Nordkorea ist ein hochgerüstetes Land mit einer der größten Armeen der Welt.

    Die nordkoreanische Volksarmee verfügt Schätzungen zufolge über rund 1,2 Millionen aktive Soldaten. Nur China, Indien, die USA und Russland haben ähnlich große Armeen.

    Neben seinen aktiven Soldaten kann Nordkorea über 4,7 Millionen Reservisten mobilmachen

    Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl sind etwa 4,5 Prozent der Nordkoreaner Soldaten.

    Die Armee verfügt über rund 4.700 Panzerhaubitzen und Selbstfahrlafetten. Dazu kommen knapp 20.000 Geschütze.

    Nordkoreas Luftwaffe besteht aus etwa 650 Kampfflugzeugen. Die meisten Maschinen stammen aber aus den sechziger und siebziger Jahren.

    Weitgehend veraltet sind auch die rund 6500 Panzer und Kampffahrzeuge des kommunistischen Landes.

    Nordkoreas Marine besteht nach Schätzungen aus etwa 420 Schiffen. Dazu kommt eine U-Boot-Flotte.

    Viel investiert haben die nordkoreanischen Diktatoren in die Raketen-Technologie. Neben ballistischen Raketen und selbstentwickelten Boden-Luft-Raketen wird wohl auch an Interkontinental-Raketen gebaut.

    Die größte Sorge bereitet der Welt das nordkoreanische Atomprogramm. Bereits im Oktober 2006 testete das Regime in Pjöngjang eine Atombombe, weitere Tests folgten.

    Dass Nordkorea in der Lage ist, Raketen im Atomwaffen zu bestücken, gilt aktuell als eher unwahrscheinlich. Das Land dürfte aber daran arbeiten.

    Und gleichsam im selben Atemzug schickt das Verteidigungsministerium raketenbestückte Zerstörer in den West-Pazifik. Auch Tarnkappenjets überfliegen die Region, auf der Pazifik-Insel Guam wird ein Raketenabwehr-System installiert - klares Zeichen dafür, wie ernst Washington den Konflikt in Nordkorea nimmt. "Man braucht nur einmal falsch liegen, und ich möchte nicht der Verteidigungsminister sein, der falsch liegt", sagt Pentagon-Chef Hagel.

    Nach wie vor haben die USA über 28 000 Soldaten in Südkorea stationiert. Als "volatil" und "gefährlich" bezeichnet ihr Kommandeur, General James Thurman, die Lage. Seine größte Angst: "miscalculation" - "Fehlkalkulationen".

    "Miscalculation" ist zum Schlüsselwort in Washington geworden, wenn es um die Korea-Krise geht. Die Krux: Es gibt so gut wie keine direkten Kontakte mit Pjöngjang, der nach wie vor eher unerfahrene Machthaber Kim Jong Un gilt als Buch mit sieben Siegeln, als Sicherheitsrisiko. Nicht ausgeschlossen, dass er sich beim Machtpoker verzockt.

    Kritiker wie der Korea-Experte Mike Chinoy monieren, dass auch Obama bisher keine echten Bemühungen unternommen hat, unter der Hand Kontakte zu knüpfen. "Die US-Politik gegenüber Nordkorea funktioniert nicht", meint er. "Bislang war das Bellen Nordkoreas schlimmer als der Biss", räumt zwar auch er ein. Doch nur direkte Gespräche mit Kim Jong Un könnten die Lage deblockieren.

    Kim Jong Un: Resistent gegen Einfluss von außen

    Andere Experten sehen das anders. Der neue starke Mann in Pjöngjang sei resistent gegen jeden Einfluss von außen, meint Asien-Expertin Kongdan Oh vom Washingtoner Brookings-Institut - es sei denn, die Ratschläge kommen aus Peking. "Es scheint so, als könnte Kim Jong Un nur durch die Wut seines eigenen Volkes oder durch scharfen Druck der Chinesen zu beeinflussen sein. Niemand sonst hat Einfluss auf ihn."

    Auch der Korea-Experte Scott Snyder vom Council on Foreign Relations, einem Thinktank in Washington, sieht die größte Kriegsgefahr derzeit darin, dass eine Seite die andere schlichtweg falsch einschätzt. Zwar macht auch er aktuell keine nennenswerten Truppenbewegungen im Norden aus. Doch seine Furcht geht in eine ganz andere Richtung: gezielte "Provokationen im Guerilla-Stil" - und zwar gerade dann, wenn der Gegner sie nicht erwartet.

    "Nordkorea setzt normalerweise auf den Überraschungseffekt", meint Snyder. "Ich mache mir mehr Sorgen um Nordkorea, wenn es nicht mit dem Säbel rasselt."

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