Kim Jong Un bezeichnete seinen hingerichteten Onkel Jang Song Thaek als "Abschaum", gegen den die Partei "entschlossen" vorgegangen sei. Sein Onkel habe sich eine eigene Machtbasis innerhalb der Partei aufbauen wollen, sagte Kim in seiner Ansprache an die nordkoreanische Nation, die im Staatsfernsehen übertragen wurde. Er äußerte sich erstmals öffentlich zur Hinrichtung des Familienmitglieds. Die "rechtzeitige, richtige Entscheidung", antirevolutionäre "Elemente" zu beseitigen habe sehr dabei geholfen, die Einheit und Solidarität innerhalb der Partei zu festigen, sagte Kim.
Sein einst mächtiger Onkel Jang war Anfang Dezember nach einem kurzen Prozess vor einem militärischen Sondertribunal wegen angeblicher Umsturzpläne hingerichtet worden. Jang wurde als "Verräter" gebrandmarkt, die amtliche Nachrichtenagentur KCNA bezeichnete ihn als "verabscheuungswürdigen menschlichen Abschaum", der die oberste Macht habe an sich reißen wollen. Zudem habe er auf Staatskosten einen "kapitalistischen" Lebensstil gepflegt.
In machtvollen Worten rief Kim das nordkoreanische Volk nun dazu auf, den kleinsten Anschein von Widerstand gegen die Einheit auszumerzen. Die "revolutionäre Disziplin und Ordnung" müsse überall etabliert werden, sagte Kim und warnte vor der Abkehr von der Ideologie und vor einer dekadenten Lebensweise, wie sie auch seinem Onkel nachgesagt worden war. Jang galt nach dem Tod von Kims Vater Kim Jong Il Ende 2011 als starker Mann im Staatsapparat und war maßgeblich daran beteiligt, den unerfahrenen Kim aufzubauen.
Kim Jong Un für "günstiges Klima" mit Südkorea
Die Kim-Dynastie in Nordkorea
Seit fast 70 Jahren herrscht die Familie Kim über das international weitgehend isolierte Nordkorea.
KIM IL SUNG: Der zum «Großen Führer» aufgestiegene Bauernsohn wurde 1912 geboren. Nach der Besetzung des Nordens von Korea durch sowjetische Truppen 1945 wurde Kim dort Stalins Mann. Als 1948 die Demokratische Volksrepublik Korea ausgerufen wurde, ließ er sich zum Regierungschef ernennen. Er herrschte über den abgeschotteten Staat mit eiserner Hand bis zu seinem Tod 1994. Der bis heute gottgleich verehrte Kim Il Sung trägt den ihm vorbehaltenen Titel «Ewiger Präsident».
KIM JONG IL: Sein Sohn wurde 1942 (oder 1941) in einem Ausbildungslager in der Sowjetunion geboren. Die Propaganda verlegte die Geburt in ein Widerstandscamp am mythischen Berg Paektu in Korea während der japanischen Besatzung. Der «Geliebte Führer» setzte den despotischen Kurs seines Vaters fort. In seine Herrschaftszeit fällt der vollständige Zusammenbruch der Wirtschaft mit Hungersnöten. 2008 erlitt er vermutlich einen Schlaganfall und war bis zu seinem Tod am 17. Dezember 2011 gesundheitlich angeschlagen.
KIM JONG UN: Der jüngste seiner drei bekannten Söhne kam Anfang der 1980er Jahre zur Welt, das exakte Geburtsjahr ist umstritten. Er soll eine Schule in der Schweiz besucht haben. Kim Jong Il erhob ihn 2010 zum General. Ende 2011 wurde Kim Jong Un Oberbefehlshaber der Streitkräfte, im April 2012 auch Erster Vorsitzender der Zentralen Verteidigungskommission und damit laut Verfassung «Oberster Führer» des Landes.
An die Adresse des Erzfeindes Südkorea gerichtet sprach sich Kim für ein "günstiges Klima" aus. Es sei "höchste Zeit" für beide Länder, alles zu unterlassen, was die nationale Einheit und die Versöhnung gefährde. Pjöngjang werde jedem die Hand reichen, der sich wahrhaftig für die Wiedervereinigung einsetze, sagte Kim. Sollte allerdings erneut ein Krieg ausbrechen, wären auch die USA nicht sicher. "Wir sind mit einer gefährlichen Situation konfrontiert, in der ein kleiner, zufälliger militärischer Konflikt zu einem umfassenden Krieg führen kann."
Südkorea und Nordkorea praktisch im Kriegszustand
Südkorea sieht in Kims Auftreten einen Versuch, seine Herrschaft weiter zu zementieren und den Staats- und Parteiapparat hinter sich zu vereinen. Es bleibe nun abzuwarten, ob Nordkorea tatsächlich "seine Haltung ändern" werde, während es gleichzeitig den Süden weiter kritisiere, erklärte das südkoreanische Vereinigungsministerium am Mittwoch mit Bezug auf die Versöhnungsgeste.
Südkorea und Nordkorea befinden sich faktisch noch im Kriegszustand. Wiederholt provozierte der Norden seinen südlichen Nachbarn sowie die internationale Gemeinschaft mit Atomtests und Kriegsdrohungen.