Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Norbert Röttgen: Merkel entlässt ihren Musterschüler

Norbert Röttgen

Merkel entlässt ihren Musterschüler

    • |
    Kanzlerin Angela Merkel hat Umweltminister Norbert Röttgen aus seinem Amt entlassen
    Kanzlerin Angela Merkel hat Umweltminister Norbert Röttgen aus seinem Amt entlassen Foto: dpa

    In einer knappen Erklärung teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwochnachmittag bei einem kurzfristig anberaumten Pressetermin im Kanzleramt mit, sie habe Bundespräsident Joachim Gauck gebeten, Röttgen von seinem Amt zu entbinden. Sein Nachfolger soll der bisherige Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier, werden. Er gilt als wichtiger Unterstützer Merkels und kluger Kopf der CDU - hatte bis auf einen Posten als Staatssekretär im Innenministerium bislang jedoch noch kein Regierungsamt inne.

    Mit dem Riesenthema Energiewende, der Suche nach einem Endlager oder hoch komplizierten Verfahren um Stromtrassen und Solar-Gesetze muss Altmaier nun ein zentrales Themenfeld der Union vor der Bundestagswahl 2013 beackern.

    Altmaier sagte noch am Mittwoch, er übernehme das Amt "in dem Bewusstsein der großen Verantwortung, die gerade jetzt mit dieser Tätigkeit verbunden ist". Gerade die Energiewende sei eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

    Um Kanzlerin Angela Merkel wird es indes einsam: Nach dem ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, CSU-Hoffnung Karl-Theodor zu Guttenberg und Bundespräsident Christian Wullf ist Röttgen der Nächste aus dem einstigen Kreis der Merkel-Vertrauten, der ausscheidet. Der Wechsel an der Spitze des Bundesumweltministeriums ist zudem bereits die vierte Kabinettsumbildung ihrer schwarz-gelben Bundesregierung.

    "Muttis Klügster" geht

    Merkels Worte ließen klar erkennen, dass Röttgen nicht um seinen Rücktritt ersucht hatte - sondern, dass er aus dem Amt genommen wurde. Wie Medien am Mittwochabend mit Verweis auf Regierungskreise berichteten, soll sich Röttgen auch geweigert haben, freiwillig seinen Hut zu nehmen. Angela Merkel habe sich daraufhin dazu entschieden, ihn aus dem Kabinett zu entfernen.

    Röttgen, der lange Zeit als Kronprinz Merkels und hoffnungsvoller CDU-Shootingstar ("Muttis Klügster") galt, musste zuletzt mehrere Rückschläge hinnehmen. Seine Aus kommt dennoch überraschend.

    Röttgen hatte im NRW-Wahlkampf keine gute Figur abgegeben. Vor allem sein Taktieren bei der Frage, ob er auch als Oppositionsführer in Düsseldorf bleiben werde, hatte ihn viele Sympathiepunke gekostet. Nach der anschließenden herben Wahlschlappe der CDU, die er als Landeschef in die Landtagswahl geführt hatte, war er auch in den eigenen Unions-Kreisen massiv kritisiert worden. Der 46-Jährige selbst hatte zuletzt dann auch persönliche und taktische Fehler im Wahlkampf eingeräumt und war am Sonntagabend als CDU-Landeschef in NRW zurückgetreten.

    Scharfe Kritik von Seehofer

    Auch auf Bundesebene war es für Röttgen zuletzt nicht rund gelaufen. Seinen Plänen zur Kürzung der Solarförderung erteilte der Bundesrat eine klare Absage. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hatte Röttgen im NRW-Wahlkampf mehrfach scharf kritisiert und nach dem Debakel der Schwesterpartei in Düsseldorf sogar ganz offen dessen Eignung als Bundesumweltminister in Frage gestellt. Zudem hatte er ihm vorgeworfen, die Energiewende nicht entschlossen genug anzugehen. 

    Hohn und Spott von der Opposition

    Die gescheiterten Kronprinzen der Union

    Christian Wulff: Aufstieg und Fall lagen selten dichter beieinander als bei dem früheren Bundespräsidenten. Bis zu seiner Wahl zum Präsidenten im Juni 2010 galt Wulff als aussichtsreicher Kronprinz der Union. Als langjähriger niedersächsischer Ministerpräsident wurde er immer wieder für höhere Ämter gehandelt. Nur 20 Monate nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten folgte im Februar der tiefe Sturz, als Wulff nach wochenlangen Debatten um mögliche Vorteilsnahme zurücktrat.

    Karl-Theodor zu Guttenberg: Der CSU-Shootingstar war Deutschlands beliebtester Politiker und wurde als größter Hoffnungsträger der Union gehandelt. Doch dann stürzte Guttenberg über die Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit. Ende Februar 2011 erkannte die Universität Bayreuth Guttenberg den Doktortitel ab, kurz darauf trat der CSU-Politiker als Verteidigungsminister zurück.

    Roland Koch: Im Mai 2010 kündigte Hessens Ministerpräsident überraschend seinen Rückzug von allen politischen Ämtern an. Koch war zeitweilig sogar als möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt worden. Nach dem Ende seiner politischen Karriere zog es ihn in die Wirtschaft: Koch ist mittlerweile des Chef des Baukonzerns Bilfinger Berger.

    Peter Müller: Der langjährige Saar-Ministerpräsident wurde Ende 2011 zum Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt. Müller war es nach herben Stimmenverlusten nach der saarländischen Landtagswahl im Jahr 2009 noch gelungen, eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen zu bilden. Doch seine Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte das Bündnis Anfang des Jahres auf und steht nach vorgezogenen Neuwahlen nun an der Spitze einer großen Koalition aus CDU und SPD.

    Jürgen Rüttgers: Wie Ex-Bundesumweltminister Norbert Röttgen musste der frühere NRW-Ministerpräsident Rüttgers eine schwere Wahlniederlage einstecken. Als sich nach der Wahl 2010 in Düsseldorf eine rot-grüne Minderheitsregierung gebildet hatte, zog sich Rüttgers aus der ersten Reihe der Politik zurück. Nachfolger als CDU-Landeschef wurde Röttgen, der dieses Amt nun auch wieder abgibt. Rüttgers arbeitet mittlerweile unter anderem für eine Anwaltskanzlei.

    Ole von Beust: Im Juli 2010 verkündete der damalige Hamburger Bürgermeister seinen Rückzug vom Regierungsamt - und leitete damit indirekt das Ende des schwarz-grünen Bündnisses in der Hansestadt ein. Drei Monate nach seinem Rückzug aus der Politik kündigten die Hamburger Grünen ihr Bündnis mit der CDU auf. Bei der Wahl im Februar 2011 holte die SPD die absolute Mehrheit.

    Friedrich Merz: Der frühere Fraktionschef galt einst als großer Hoffnungsträger der Union. Doch nachdem er im Jahr 2000 den Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag übernommen hatte, verlor er das Amt schon zwei Jahre später wieder. Nach der damaligen Bundestagswahl sicherte sich Parteichefin Merkel das Amt. Nach der Bundestagswahl im Jahr 2009 zog sich Merz aus der Politik zurück. Er arbeitet heute als Anwalt

    Die Opposition reagierte am Mittwoch mit Hohn und Spott auf die Entlassung Röttgens. "Diese Regierung kann es nicht", erklärten die beiden Bundestagsfraktionschefs der Grünen, Renate Künast und Jürgen Trittin. Schwarz-Gelb sei in zentralen Feldern der Politik handlungsunfähig - von der Energiewende bis zu Bildung und Haushalt. Ausgerechnet Röttgens Nachfolger Peter Altmaier als einen Neuanfang zu verkaufen, sei ein "schlechter Scherz".

    SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, die Entlassung Röttgens sei ein weiterer Beleg für den "maroden Zustand" der Regierung Merkel. "Wie Röttgen nun von den eigenen Leuten weggemobbt wurde, beweist, welches Klima in der sogenannten bürgerlichen Koalition mittlerweile herrscht."

    Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bedauerte hingegen Röttgens ausscheiden, ebenso Bundestagspräsident Norbert Lammert.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden