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Nobelpreis: Im Namen des Friedens

Nobelpreis

Im Namen des Friedens

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    Brüssel Eine Auszeichnung für 500 Millionen Menschen – das ist selbst in der Geschichte des Nobelpreises einzigartig. „Als ich heute früh aufwachte, rechnete ich nicht damit, dass dies ein so guter Tag werden würde“, lässt Kommissionspräsident José Manuel Barroso seinen Emotionen freien Lauf. „Wir sind Nobelpreis“, triumphiert der FDP-Europa-Politiker Alexander Graf Lambsdorff. Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht von einer „wunderbaren Entscheidung“.

    Mitten in ihrer schwersten Krise wird die EU von dieser Auszeichnung überrascht. „Sechs Jahrzehnte Frieden“ sind für das Preiskomitee Grund genug, die Auszeichnung aus dem Nicht-

    Im Zeichen des Hungers nach dem Krieg entstand aber schnell die nächste Idee: Auch die Landwirtschaft sollte europäisch werden, um alle Menschen versorgen zu können. 1957 schufen die Römischen Verträge die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die 1992 mit der Einführung des Binnenmarktes zur Europäischen Union wurde.

    Offene Grenzen und gemeinsamer Handel wurden bis heute zur Triebfeder der modernen EU. Dabei blieb sie immer ein Friedensprojekt. „Wer an Europa zweifelt, sollte öfter Soldatenfriedhöfe besuchen“, lautet ein berühmter Satz des luxemburgischen Premierministers und Euro-Gruppen-Chefs, Jean-Claude Juncker. Der langjährige deutsche Außenminister und Ehrenvorsitzende der FDP, Hans-Dietrich Genscher, sagt, die Preisverleihung sei ein deutliches Signal an diejenigen in Europa, die um ihrer eigenen Interessen willen das europäische Einigungswerk gefährdeten. Und Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) teilt schriftlich mit: „Als Europäer haben wir heute allen Grund stolz zu sein. Ich bin es.“ Für den Altkanzler selbst dürfte es nun kaum noch eine Chance auf die Auszeichnung geben. Denn es waren dessen Verdienste um die deutsche Einheit und eben um das geeinte Europa, wegen derer er immer wieder als Kandidat gehandelt worden war.

    Die Europäische Union hat sich längst auch auf der Weltbühne als gewichtige Größe einen Namen gemacht. Im Nahost-Quartett sitzen die Europäer gemeinsam mit Russland und den Vereinigten Staaten neben den Vertretern der UN. Im Atomkonflikt mit dem Iran hat Brüssel nicht nur mit Teheran gerungen, sondern auch mit jenen Scharfmachern, die auf eine bewaffnete Intervention drängten.

    Europa als Friedensmodell für die Welt hat außerhalb der Grenzen durchaus Konjunktur. Während im Inneren über den Euro und seine Stabilität gestritten wird, leihen sich immer mehr Regionen von der Kommission deren Experten für eine Gemeinschaftswährung aus, um eine Art Asia-Euro zu installieren. Die Afrikanische Union gilt unter Beobachtern als Kopie der EU auf dem Schwarzen Kontinent. In der Umweltpolitik darf sich Europa als weltweiter Vorreiter fühlen.

    Dass die hohen Vertreter des norwegischen Preiskomitees im Lichte der EU-Ehrung selbst ins Nachdenken über die bisherige Rolle außerhalb der Gemeinschaft kamen, liegt da fast schon auf der Hand. „Man kann sehr wohl die norwegische EU-Nichtmitgliedschaft infrage stellen“, sagte der 61-jährige Osloer Sozialdemokrat Thorbjörn Jagland nach der Verkündung der Entscheidung zugunsten der EU.

    Am 10. Dezember hätte Regierungschef Jens Stoltenberg Gelegenheit, entsprechende Gespräche zu führen. Dann kommen hochrangige Vertreter der EU zur Nobelpreisverleihung nach Oslo. Was mit dem umgerechnet 930000 Euro Preisgeld geschehen soll und wer die Auszeichnung für die Staatengemeinschaft entgegennimmt, stand am Freitag noch nicht fest. Einer der Kandidaten ist der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD). Er sagt gestern: „Die EU ist ein einzigartiges Projekt, das Krieg mit Frieden, Hass mit Solidarität ersetzt hat.“ (mit dpa, afp)

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