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Nobelpreis 2016: Friedensnobelpreis für Kolumbiens Präsident Santos

Nobelpreis 2016

Friedensnobelpreis für Kolumbiens Präsident Santos

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    Handschlag: Präsident Juan Manuel Santos (l.) und der Farc-Führer Rodrigo Londono Echeverri alias "Timochenko" beim Friedensschluss vor knapp zwei Wochen.
    Handschlag: Präsident Juan Manuel Santos (l.) und der Farc-Führer Rodrigo Londono Echeverri alias "Timochenko" beim Friedensschluss vor knapp zwei Wochen. Foto: Mauricio Duenas Castaneda (dpa)

    Für das jahrelange Ringen um ein Ende des blutigen Konfliktes in Kolumbien erhält Präsident Juan Manuel Santos den diesjährigen Friedensnobelpreis. Er bekommt die Auszeichnung "für seine entschlossenen Anstrengungen, den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg in dem Land zu beenden", wie das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekanntgab. Der Konflikt zwischen linken Guerillagruppen, Militär und rechten Kampftruppen begann 1964 und hat über 220 000 Tote gefordert. Allerdings war der Friedensvertrag mit der Farc Anfang Oktober vom Volk abgelehnt worden - daher gilt der Preis auch als Ermutigung, den Friedensprozess noch zu retten. 

    Der Anruf erreichte Santos wegen der Zeitverschiebung mitten in der Nacht. "Die Botschaft ist, dass wir durchhalten müssen, um ein Ende dieses Krieges zu erreichen", sagte Santos am Freitag in einer ersten Reaktion im Interview mit einem Mitarbeiter der Nobelpreis-Website. "Wie sind sehr nah dran. Wir müssen nur ein bisschen weitermachen, und das hier ist ein großartiger Ansporn, um das Ende zu erreichen und mit dem Aufbau von Frieden in Kolumbien zu beginnen." Er nehme den Preis im Namen aller seiner Landsleute entgegen, sagte Santos.

    Am 26. September hatten Santos und der Chef der linken Farc-Guerilla, Rodrigo Londoño ("Timochenko"), Geschichte geschrieben, als sie im Beisein von Staats- und Regierungschefs sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Friedensvertrag unterzeichneten. 

    Alle Umfragen sahen bei der Volksabstimmung eine Woche später das Lager der Befürworter vorn. Die Wahlbeteiligung lag bei enttäuschenden 37,4 Prozent: Nur 13,1 Millionen der 34,9 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab - das "No-Lager" hatte besser mobilisiert. Vor allem die geplante politische Betätigung von bisherigen Guerilleros und die Sonderjustiz ist umstritten. Auch für schwerste Verbrechen soll es nur maximal acht Jahre Haft geben. 

    "Die Tatsache, dass eine Mehrheit der Wähler "Nein" zu dem Friedensabkommen gesagt hat, heißt nicht zwingend, dass der Friedensprozess gestorben ist", heißt es in der Preisbegründung. "Das Referendum war keine Abstimmung für oder gegen Frieden." Der Präsident habe klargestellt, "dass er bis zu seinem letzten Tag im Amt weiter auf Frieden hin arbeiten will", sagte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Kaci Kullmann Five.

    Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte Santos. Er habe der ganzen Region dringend benötigte Hoffnung auf ein Ende des Blutvergießens verliehen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Nobelpreis sei "eine Ermutigung, den Weg weiter zu beschreiten". Der Konflikt habe Kolumbien viel zu lange gelähmt. 

    Als Verteidigungsminister hatte Santos zunächst versucht, die Farc die zuletzt noch 5800 Kämpfer hatte, militärisch zu besiegen. 2010 übernahm er das Präsidentenamt, überwarf sich mit seinem Vorgänger Álvaro Uribe und leitete 2012 auf Kuba die Verhandlungen mit der Farc ein, die unter anderem von den Regierungen Norwegens, Kubas und Venezuelas unterstützt wurden. Sie gelten als Blaupause für die Beilegung von großen Konflikten. Vereinbart war schon, dass die Waffen unter Beteiligung von 450 UN-Beobachtern eingesammelt und eingeschmolzen werden und das Material für Friedensmahnmale verwendet wird. Santos will mit der Farc aber auch mit dem einflussreichen Lagers seines einstigen Förderers Uribe nun den Vertrag neu verhandeln. Vorerst gilt weiterhin der beidseitige Waffenstillstand. 

    Dass die Jury Farc-Chef Londoño nicht ebenfalls mit der Auszeichnung bedacht hat, wollte Kullmann Five nicht kommentieren. Der Preis solle auch als Anerkennung für alle am Friedensprozess beteiligten Parteien und das kolumbianische Volk gesehen werden, "das die Hoffnung auf Frieden trotz großem Elend und großen Missständen nicht aufgegeben hat", teilte das Komitee mit. Er solle auch die Vertreter der "unzähligen Opfer des Bürgerkriegs" ehren und als Ansporn für alle dienen, die den Frieden in Kolumbien vorantreiben wollen. 

    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte: "Gerade in Zeiten, in denen es scheint, als ob die Welt von einer Krise in die nächste stürzt (...), hat Präsident Santos mit großer Entschlossenheit (...) die Hoffnung und den Boden für die Möglichkeit eines dauerhaften Friedens geschaffen." EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bezeichnete die Auszeichnung als hochverdient. EU-Ratspräsident Donald Tusk nannte den Preis eine Ermutigung, weiter für den "historischen Deal" mit der Farc zu kämpfen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schrieb mit Blick auf Santos: "Glückwünsche (...) vom Kontinent des Friedens in ein Land, in dem der Frieden anbricht."

    Die Osloer Jury hatte sich unter einer Rekordzahl von Anwärtern entscheiden müssen. Insgesamt waren 376 Kandidaten für den Preis vorgeschlagen. Im vergangenen Jahr hatte das fünf Mitglieder starke Nobelkomitee das tunesische Quartett für den nationalen Dialog ausgezeichnet. Wie die anderen Nobelpreise wird der mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 850 000 Euro) dotierte Friedensnobelpreis am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel, verliehen. dpa

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