Millionen Deutsche werden sich in den vergangenen Monaten dabei ertappt haben, wie sie während einer Videokonferenz gedanklich etwas abgeschweift sind. Was ist das eigentlich für eine Gitarre, die beim Kollegen an der Wand hängt? Wieso baumelt beim anderen immer noch eine nackte Glühbirne von der Decke, der ist doch schon vor Monaten umgezogen? Und hat der Chef die Bücher im Hintergrund tatsächlich alle gelesen? Irgendwann kommt man unweigerlich an den Punkt, an dem man beginnt, fieberhaft zu überprüfen, was die eigene Kamera so verrät: Hoffentlich merkt keiner, dass da hinten noch die Bierflasche von gestern Abend rumsteht; und das Fenster müsste auch dringend mal wieder geputzt werden...
Passwort getwittert: Es fehlte nur eine Zahl, der Rest war leicht
Ank Bijleveld scheint sich weniger Gedanken um solch profane Dinge zu machen. Sie hat ja auch Wichtigeres zu tun. Schließlich ist sie Verteidigungsministerin der Niederlande. Damit ihre Landsleute sehen, dass sie sich auch im Homeoffice mit kriegsentscheidenden Dingen befasst, twittert sie kurz vor einer Videokonferenz mit den EU-Kollegen ein Foto – und wird damit selbst zum Sicherheitsrisiko.
Denn auf dem Bild sind die ersten fünf Zahlen des sechsstelligen Passwortes für das virtuelle Meeting zu erkennen. Ein niederländischer Fernsehjournalist reimt sich den Rest zusammen, verschafft sich Zugang zu dem Geheimtreffen und winkt fröhlich in die Kamera. Allerdings bleibt es beim Kurzauftritt. „Sie loggen sich besser schnell aus, bevor die Polizei bei Ihnen ankommt“, droht der EU-Sicherheitsbeauftragte Josep Borrell – und stoppt das Meeting. Nachspiel nicht ausgeschlossen. Das ominöse Foto auf Twitter ist inzwischen jedenfalls verschwunden.