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Nervengift-Anschlag: Theresa May erhöht den Druck auf Moskau

Nervengift-Anschlag

Theresa May erhöht den Druck auf Moskau

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    Theresa May erhöht den Druck auf Moskau
    Theresa May erhöht den Druck auf Moskau

    „Der Beruf des Verräters ist einer der gefährlichsten, die es gibt.“ Der einstige Doppelagent Sergej Skripal und dessen Tochter Julia sind am 4. März nach einem Giftanschlag im südenglischen Salisbury gerade ins Krankenhaus eingeliefert worden und es ist schnell von einer Spur nach Russland die Rede, da sagt der Moderator der Abendnachrichten des russischen Staatssenders Erster Kanal diesen Satz. Verräter hätten kein besseres Schicksal verdient, verbreiten russische Medien noch Tage später.

    Mittlerweile hat sich daraus eine ernsthafte Krise zwischen London und Moskau entwickelt. 23 russische Diplomaten weist

    Bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York wirft Russland Großbritannien am Mittwochabend Hysterie vor. Premierministerin Theresa May sorge für eine „hysterische Atmosphäre“, sagt der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja. „Russland ist nicht schuldig“, wiederholt auch der russische Außenminister Sergej Lawrow ein ums andere Mal und fordert den kompletten Zugang zu den Ermittlungsunterlagen und den verdächtigen Proben des Nervengifts Nowitschok, das bei dem Anschlag verwendet worden sein soll. Russland wolle eine eigene Analyse der verdächtigen Substanz vornehmen.

    Lawrow vergleicht die britische Regierung mit einem Staatsanwalt unter Stalin. Dem für die kommunistische Säuberungskampagne der 1930er Jahre zuständigen Andrej Wyschinski wird der Satz zugerechnet: „Das Geständnis ist die Königin des Beweises.“ So gehe es nicht, sagt Lawrow. Moskau sei immer noch nicht offiziell über die vermutete verbotene Substanz unterrichtet.

    Ein Ultimatum Mays hat der Kreml in der Nacht zum Mittwoch genüsslich verstreichen lassen. „Wem geben sie denn diese 24 Stunden? Angst einjagen muss uns niemand“, sagt die Sprecherin des russischen Außenministeriums und erinnert später daran, welch effektive Atomwaffen-Systeme Russlands Präsident kürzlich präsentiert habe. Auch Putins Sprecher Dmitri Peskow weist die „Sprache der Ultimaten“ zurück. Man müsse erst der Sache auf den Grund gehen, dann werde man weiter diskutieren.

    Der Anschlag auf Skripal ist derweil auch ein Fall für die Vereinten Nationen. London beantragt eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Das Außenministerium twittert, man wolle die „Ratsmitglieder auf den neuesten Stand der Untersuchung des Nervengift-Angriffs in Salisbury“ bringen. In einem weiteren Tweet veröffentlicht es ein Video, in dem es eine Reihe von nach britischer Auffassung russischen Angriffen auf andere Länder aufzählt. Das Video endet mit der Aussage: „Der Kreml will das regelbasierte System internationalen Rechts abbauen.“

    Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert Moskau zu Transparenz auf. Die Befunde der britischen Regierung seien ernst zu nehmen, sagt sie am Mittwochabend in der ARD. Dennoch, so schränkt sie ein, könnten nicht alle Kontakte abgebrochen werden, „denn man muss ja auch mit den russischen Verantwortlichen immer wieder sprechen, trotz aller Meinungsverschiedenheiten“.

    Unterstützung bekommt London auch von der Nato. Nach einer Sitzung des Nordatlantikrats heißt es in einer Stellungnahme, die Alliierten hätten ihre tiefe Besorgnis und Solidarität zum Ausdruck gebracht. Alle Unterlagen zum Nowitschok-Programm müssten an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen übergeben werden.

    Die Verdächtigungen kommen dem Kreml nicht ungelegen. Am Sonntag wählt Russland seinen Präsidenten. Auch in den kommenden sechs Jahren dürfte dieser Wladimir Putin heißen. Seit er an der Macht ist, hat er den Russen das Bild vermittelt, ihre Heimat sei von Feinden im Inneren wie auch von solchen aus dem Ausland umzingelt. Und nur einer könne der Welt, die sich gegen Russland verschworen habe, die Stirn bieten: er, Putin. „Da, seht her, wieder hat die Welt sich etwas gegen uns ausgedacht“, schreiben manche Medien – und viele Russen springen darauf an. (mit dpa)

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