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Neonazi-Terror: Generalbundesanwalt legt Fahndungsplakat vor

Neonazi-Terror

Generalbundesanwalt legt Fahndungsplakat vor

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    Fahndungsbilder von Beate Zschaepe (v.l.), Uwe Boehnhardt und Uwe Mundlos. Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt informierten heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz über den Stand der Ermittlungen gegen Mitglieder und Unterstuetzer der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) informieren.
    Fahndungsbilder von Beate Zschaepe (v.l.), Uwe Boehnhardt und Uwe Mundlos. Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt informierten heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz über den Stand der Ermittlungen gegen Mitglieder und Unterstuetzer der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) informieren. Foto: Frank Doebert, dapd

    Bei der Aufklärung der Mordserie und der Durchleuchtung des rechten Netzwerkes setzten die Ermittler verstärkt auf die Unterstützung der Bevölkerung, sagte Generalbundesanwalt Harald Range am Donnerstag in Karlsruhe. Es sei durchaus denkbar, dass der Gruppe noch weitere Straftaten zuzurechnen seien.

    Die Ermittler versuchten zurzeit, die Wege der Terroristen nachzuvollziehen, erklärte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Zierke. "Noch gibt es zahlreiche Lücken." Gesucht werden Zeugen, die die Verdächtigen auf Park- oder Campingplätzen gesehen haben oder Angaben über ihren Wohnort machen können. "Bislang kennen wir nur drei Wohnungen im Raum Zwickau", sagte Zierke. Das Bundeskriminalamt habe sich für die öffentliche Fahndung entschieden, weil bislang nur knapp 250 Hinweise eingegangen seien.

    Die entscheidenden Hinweise ergäben sich bislang aus der Auswertung von rund 2500 Beweisstücken, die vor allem in der ausgebrannten Wohnung der Terrorzelle gefunden worden seien. Bislang arbeiteten rund 420 Beamte bei der Fahndung, 50 weitere sollten hinzukommen. In der Bundesanwaltschaft sind etwa 10 Staatsanwälte mit der Terrorzelle befasst.

    Am Dienstag war mit dem früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung "Nationalistischer Untergrund" (NSU) in Untersuchungshaft genommen worden. Der Gruppe werden unter anderem neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern, ein Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn sowie mehrere Sprengstoffanschläge zur Last gelegt.

    Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu kommt heute nach Deutschland, um Angehörige der Mordopfer zu treffen. Dabei will er nach Angaben türkischer Medien auch über Entschädigungszahlungen des deutschen Staates sprechen. Davutoglu startet seine Rundreise in Hamburg. Danach sind bis Sonntag Stationen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Berlin geplant, ehe der Minister an der Afghanistan-Konferenz in Bonn teilnimmt.

    Die Zwickauer Terrorzelle - Chronologie der Ereignisse

    Freitag, 4. November: Am Vormittag überfallen zwei Männer eine Bank im thüringischen Eisenach und fliehen. Während der Fahndung stoßen Polizisten auf zwei Leichen in einem Wohnmobil. Beamte hatten Hinweise erhalten, dass ein Caravan bei dem Überfall eine Rolle gespielt haben könnte.

    Samstag, 5. November: Ermittler untersuchen die Schusswaffen, die in dem Wohnmobil gefunden wurden.

    Montag, 7. November: Unter den Pistolen im Wohnwagen sind die Dienstwaffen der im April 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michele Kiesewetter und ihres schwer verletzten Kollegen. Die später identifizierten Männer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen entdeckt wurden, sollen den Banküberfall begangen haben. Sie sollen zusammen mit einer Frau in einer Wohnung in Zwickau gelebt haben, die wenige Stunden nach dem Banküberfall explodiert war. Nach der Frau, Beate Zschäpe, wird gefahndet.

    Dienstag, 8. November: Die bundesweit gesuchte Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Spekulationen kommen auf, dass die mutmaßlichen Bankräuber eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben könnten. Sie und die verdächtige Frau sollen in Thüringen als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein.

    Mittwoch, 9. November: Zschäpe sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Aussage von Thüringens Innenminister Jörg Geibert hatten die Männer bis 1998 Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz - danach jedoch nicht mehr. Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen machen die Frau zunächst nur für die Explosion des Wohnhauses in Zwickau verantwortlich.

    Donnerstag, 10. November: In den Trümmern des abgebrannten Hauses in Zwickau werden weitere Schusswaffen gefunden.

    Freitag, 11. November: Es ist die spektakuläre Wende in dem Fall: Unter den Waffen ist die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 neun Kleinunternehmer erschossen wurden - Türken, ein Grieche und Deutsche mit Migrationshintergrund. Außerdem entdecken Fahnder rechtsextreme Propaganda-Videos. Diese beziehen sich auf eine Gruppierung mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und enthalten Bezüge zur Mordserie. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen.

    Sonntag, 13. November: Die Bundesanwaltschaft geht erstmals ausdrücklich von Rechtsterrorismus aus. Der Bundesgerichtshof erlässt  Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des dringenden Tatverdachts «der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung». In Lauenau bei Hannover wird ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Holger G. soll dem Neonazi-Trio 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben. Die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Fall ist unklar. Politiker fragen, warum die Rechtsextremen, die unter Beobachtung standen und schon 1998 in Jena als Bombenbauer auffielen, so lange unbehelligt blieben.

    Montag, 14. November: Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger sagt, die Strukturen des Verfassungsschutzes sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Ihre Frage: «Was mich wirklich umtreibt, ist: Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland als bisher angenommen wurde?».

    Donnerstag, 17. November: Der hessische Verfassungsschutz dementiert einen Bericht, ein 2006 suspendierter Mitarbeiter habe einen V-Mann beim rechtsextremen Thüringer Heimatschutz geführt. Der Verfassungsschützer war 2006 in einem Internetcafé in Kassel gewesen, kurz bevor dort die tödlichen Schüsse auf den türkischstämmigen Betreiber fielen.

    Freitag, 18. November: Die Terrorzelle ist möglicherweise größer als bisher bekannt. Ermittler haben zwei weitere Personen im Visier. Sie sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Nach mehreren Ermittlungspannen in der Vergangenheit wollen Bund und Länder mit besseren Strukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren.

    Dienstag, 29. November: Fahnder nehmen den früheren NPD-Funktionär Ralf W. fest. Er soll ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung «Nationalistischer Untergrund» (NSU) sein.

    Derzeit sitzen drei mutmaßliche Helfer der Neonazi-Terrorzelle in Untersuchungshaft, außerdem die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe. Die zwei weiteren mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich am 4. November das Leben genommen.

    Die Politik sieht nach der Festnahme des Ex-NPD-Funktionärs Wohlleben als Terrorhelfer neue Chancen für ein Verbot der rechtsextremen NPD. Sollten Kontakte der NPD zur Neonazi-Zelle nachweisbar sein, könnte dies im Falle eines Verbotsverfahrens ein wichtiges Argument sein, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Mittwoch gesagt. AZ, dpa

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