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Neonazi-Morde: Zwickauer Zelle: Panne in Bayern?

Neonazi-Morde

Zwickauer Zelle: Panne in Bayern?

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    Die drei sächsischen Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen für die sogenannten „Döner-Morde“, den Tod einer jungen Polizistin sowie eine Reihe von weiteren rechtsextremistischen Anschlägen und Banküberfällen verantwortlich sein.
    Die drei sächsischen Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen für die sogenannten „Döner-Morde“, den Tod einer jungen Polizistin sowie eine Reihe von weiteren rechtsextremistischen Anschlägen und Banküberfällen verantwortlich sein. Foto: Foto: dpa

    Überraschende neue Informationen im Fall der Neonazi-Morde: Die Münchner Sonderkommission „Bosporus“ wäre den mutmaßlichen Tätern Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos aus Zwickau möglicherweise schon vor fünf Jahren auf die Spur gekommen. Doch ihre Ermittlungen verliefen 2006 im Sande. Die Frage, warum, muss jetzt vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz noch beantwortet werden.

    Der inzwischen pensionierte Hauptkommissar Klaus Mähler hatte offenbar schon 2006 den richtigen Riecher, dass die Morde einen rechtsradikalen Hintergrund haben könnten. Ein von ihm beauftragter Profiler war zu diesem Ergebnis gekommen. Mähler, der drei Jahre lang Vizechef des Ermittlerteams war, sagte dem Tagesspiegel, er hätte den brisanten Fall bereits damals lösen können, wenn nicht eine Anfrage beim bayerischen Verfassungsschutz erfolglos geblieben wäre.

    Drei Neonazis der Zwickauer Zelle

    Heute fragt er sich, warum die Polizei die verfügbaren Informationen nicht bekommen hat. Zum Beispiel, dass die drei Neonazis der Zwickauer Terrorzelle längst untergetaucht waren. Dass sie Waffen besaßen und Überfälle planten. Mähler zufolge hätte das perfekt ins Fahndungsraster gepasst. „Ich kann nicht glauben, dass irgendjemand diese Informationen bewusst verschwiegen hat“, sagt er noch immer entsetzt.

    Der Ermittler hatte sich in die Aufklärung richtiggehend verbissen. Sein erster Ansatz war in Richtung Organisierte Kriminalität gerichtet. Denn Mähler suchte nach Motiven, die auf alle Morde zutreffen könnten. Doch er wurde zunächst nicht fündig. Mit mafiösen Strukturen hätten die Morde nichts zu tun gehabt, stellten die Beamten der Soko relativ schnell fest.

    Die Zwickauer Terrorzelle - Chronologie der Ereignisse

    Freitag, 4. November: Am Vormittag überfallen zwei Männer eine Bank im thüringischen Eisenach und fliehen. Während der Fahndung stoßen Polizisten auf zwei Leichen in einem Wohnmobil. Beamte hatten Hinweise erhalten, dass ein Caravan bei dem Überfall eine Rolle gespielt haben könnte.

    Samstag, 5. November: Ermittler untersuchen die Schusswaffen, die in dem Wohnmobil gefunden wurden.

    Montag, 7. November: Unter den Pistolen im Wohnwagen sind die Dienstwaffen der im April 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michele Kiesewetter und ihres schwer verletzten Kollegen. Die später identifizierten Männer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen entdeckt wurden, sollen den Banküberfall begangen haben. Sie sollen zusammen mit einer Frau in einer Wohnung in Zwickau gelebt haben, die wenige Stunden nach dem Banküberfall explodiert war. Nach der Frau, Beate Zschäpe, wird gefahndet.

    Dienstag, 8. November: Die bundesweit gesuchte Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Spekulationen kommen auf, dass die mutmaßlichen Bankräuber eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben könnten. Sie und die verdächtige Frau sollen in Thüringen als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein.

    Mittwoch, 9. November: Zschäpe sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Aussage von Thüringens Innenminister Jörg Geibert hatten die Männer bis 1998 Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz - danach jedoch nicht mehr. Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen machen die Frau zunächst nur für die Explosion des Wohnhauses in Zwickau verantwortlich.

    Donnerstag, 10. November: In den Trümmern des abgebrannten Hauses in Zwickau werden weitere Schusswaffen gefunden.

    Freitag, 11. November: Es ist die spektakuläre Wende in dem Fall: Unter den Waffen ist die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 neun Kleinunternehmer erschossen wurden - Türken, ein Grieche und Deutsche mit Migrationshintergrund. Außerdem entdecken Fahnder rechtsextreme Propaganda-Videos. Diese beziehen sich auf eine Gruppierung mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und enthalten Bezüge zur Mordserie. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen.

    Sonntag, 13. November: Die Bundesanwaltschaft geht erstmals ausdrücklich von Rechtsterrorismus aus. Der Bundesgerichtshof erlässt  Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des dringenden Tatverdachts «der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung». In Lauenau bei Hannover wird ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Holger G. soll dem Neonazi-Trio 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben. Die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Fall ist unklar. Politiker fragen, warum die Rechtsextremen, die unter Beobachtung standen und schon 1998 in Jena als Bombenbauer auffielen, so lange unbehelligt blieben.

    Montag, 14. November: Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger sagt, die Strukturen des Verfassungsschutzes sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Ihre Frage: «Was mich wirklich umtreibt, ist: Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland als bisher angenommen wurde?».

    Donnerstag, 17. November: Der hessische Verfassungsschutz dementiert einen Bericht, ein 2006 suspendierter Mitarbeiter habe einen V-Mann beim rechtsextremen Thüringer Heimatschutz geführt. Der Verfassungsschützer war 2006 in einem Internetcafé in Kassel gewesen, kurz bevor dort die tödlichen Schüsse auf den türkischstämmigen Betreiber fielen.

    Freitag, 18. November: Die Terrorzelle ist möglicherweise größer als bisher bekannt. Ermittler haben zwei weitere Personen im Visier. Sie sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Nach mehreren Ermittlungspannen in der Vergangenheit wollen Bund und Länder mit besseren Strukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren.

    Dienstag, 29. November: Fahnder nehmen den früheren NPD-Funktionär Ralf W. fest. Er soll ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung «Nationalistischer Untergrund» (NSU) sein.

    Schon im zweiten Schritt untersuchten die Beamten dann die These näher, ob die Täter nicht aus der rechten Szene stammen könnten. Der Hintergrund: Ein Profiler hatte ein Dossier über den schwedischen Mörder John Ausonius zusammengestellt, der zwischen August 1991 und Januar 1992 elf Migranten anschoss. Einer von ihnen starb dabei. Hass auf Ausländer war sein Motiv.

    Neonazi-Morde: Vorwürfe gegen Ermittlungsbehörden

    Mit diesem Wissen wandte sich der Münchner Kriminalist an den bayerischen Verfassungsschutz. „Da wurde gezielt danach gefragt, ob Erkenntnisse oder Hinweise auf solche Personen vorhanden sind, und das Landesamt wurde beauftragt, diese Frage auch an die anderen Verfassungsschutzbehörden in anderen Bundesländern zu richten und Erkenntnisse und Ergebnisse an uns zurückzumelden“, so Mähler wörtlich in der jüngsten Ausgabe des ZDF-Magazins „Frontal 21“.

    Der Personalratschef des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, Andreas Vollmer, sagte dazu in derselben Sendung: Er habe die entsprechenden Akten gesichtet und sich mit den Mitarbeitern unterhalten. Dabei habe er erfahren, dass sich der Auftrag nur auf den bayerischen Raum beschränkt habe. Vollmer: „Wir sind davon ausgegangen, dass die Abfragen in den anderen Bundesländern über die üblichen Meldewege dann von der Polizei direkt veranlasst werden.“

    Reicht diese Auskunft? Grünen-Politikerin Susanna Tausendfreund meint: „Für mich ist es unbegreiflich, dass die Ermittlungsbehörden darüber keine Kenntnisse oder Hinweise bekommen haben.“ Die Vorwürfe müssten geklärt werden.

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