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Nazi-Verbrechen: Tod im Pflegeheim

Nazi-Verbrechen

Tod im Pflegeheim

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    Dieser Dienstausweis, den er als „Wachmann“ 1942 bekommen haben soll, galt als Hauptbeweis gegen Iwan (John) Demjanjuk.
    Dieser Dienstausweis, den er als „Wachmann“ 1942 bekommen haben soll, galt als Hauptbeweis gegen Iwan (John) Demjanjuk. Foto: dpa

    Bad Feilnbach Der als NS-Verbrecher verurteilte John Demjanjuk ist am Samstag in einem Altenheim im oberbayerischen Ferienort

    Seine Schuld wird nun nie mehr abschließend juristisch geklärt werden: Anwälte und Staatsanwaltschaft hatten das Urteil angefochten, im nächsten Schritt hätte der Bundesgerichtshof entscheiden müssen. In einem zähen Indizienprozess hatte das Münchner Landgericht eineinhalb Jahre um Wahrheit und Gerechtigkeit gerungen. Wegen Demjanjuks angeschlagener Gesundheit durfte nur zweimal 90 Minuten pro Tag verhandelt werden, einige Prozesstage platzten, weil es dem Angeklagten zu schlecht ging. Im

    Am Ende aber war für die Richter erwiesen: Demjanjuk war 1943 Wachmann im Vernichtungslager Sobibor und hatte sich dort der Beihilfe an der Ermordung von mindestens 28060 Juden schuldig gemacht. Das Lager sei nur zur Vernichtung von Menschen errichtet worden. Wer dort Dienst tat, sei automatisch Teil der Tötungsmaschinerie gewesen. Demjanjuk hätte die Möglichkeit zur Flucht gehabt. Gut 30 Angehörige von Opfern waren Nebenkläger in dem Prozess, sie hatten vehement eine Verurteilung verlangt. Es gehe nicht um Strafe, sondern um Gerechtigkeit. Demjanjuks Anwälte hatten hingegen stets argumentiert, es sei nicht einmal erwiesen, dass der Angeklagte je in Sobibor war. Und selbst wenn: Ihm sei keine einzige konkrete Tat nachzuweisen. Auch an der Situation der nichtdeutschen Wachmänner blieben viele Zweifel.

    Arbeitete er freiwillig mit den Nazis zusammen?

    Historiker sind skeptisch, ob diese Männer, die als Kriegsgefangene der Nazis auf das Angebot zur Kollaboration eingingen, wirklich ohne Gefahr für ihr Leben hätten fliehen können. Es ist nicht wahrscheinlich, dass der junge Ukrainer, der damals den Vornamen Iwan trug, gerne in den Krieg gezogen war: Auf einer Kolchose hat er einen guten Job als Traktorfahrer, als er 1940 als 20-Jähriger zur Roten Armee musste. 1942 geriet er in deutsche Gefangenschaft, in der Millionen sowjetische Gefangene starben. Offenbar entschied er sich zur Zusammenarbeit mit den Deutschen, ließ sich im SS-Lager Trawniki ausbilden und wurde in Sobibor eingesetzt. Als Hauptbeweis dafür gilt ein SS-Dienstausweis mit der Nummer 1393. „Abkommandiert am 27.3.43 Sobibor“ steht darauf.

    Nach dem Krieg meldete sich Demjanjuk als sogenannte „Displaced Person“ und damit praktisch als Nazi-Opfer. 1952 konnte er mit seiner gerade gegründeten Familie in die USA ausreisen. Seine mögliche NS-Vergangenheit wurde nicht bekannt, obwohl er in den Ausreisepapieren als früheren Aufenthaltsort unter anderem Sobibor angab. In den USA nahm er den Vornamen John an und arbeitete als Automechaniker. Jahrzehnte später kam der Verdacht auf, Demjanjuk könnte „Iwan der Schreckliche“ von Treblinka gewesen sein. 1986 wurde er an Israel ausgeliefert und 1988 wegen der Beihilfe zum Mord an mehr als 800000 Juden zum Tode verurteilt. Fünf Jahre saß er in der Todeszelle – 1993 hob das Oberste Gericht Israels das Urteil auf. Die Richter zweifelten, ob er wirklich „Iwan der Schreckliche“ war.

    Er kehrte zu seiner Familie in Seven Hills im US-Bundesstaat Ohio zurück. Doch unerwartet nahm die Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg den Fall wieder auf. Im Mai 2009 wurde Demjanjuk, dem die USA erneut die Staatsbürgerschaft aberkannt haben, nach Deutschland abgeschoben. Bilder der Abschiebung, die ihn teils im Rollstuhl, teils im Krankenwagen zeigen, gingen um die Welt. Nach dem Urteil suchten die Behörden händeringend eine Bleibe für den alten, kranken Mann. Trotz Aufhebung des Haftbefehls durfte er als Staatenloser nicht zurück zu seiner Familie. Schließlich nahm in das Altenheim in Bad Feilnbach als „schwerst pflegebedürftig“ auf. Demjanjuk wird auch in

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