Eine Besonderheit der Nahostpolitik von Donald Trump besteht darin, dass es dem US-Präsidenten nur in zweiter Linie um die Region geht: Seine Jerusalem-Entscheidung ist ein Beispiel dafür, wie sehr sich der 71-Jährige von innenpolitischen und persönlichen Überlegungen leiten lässt. Der Präsident weiß genau, wer für ihn politisch wichtig ist. Beim Jerusalem-Plan zeigt sich der Einfluss von proisraelischen Geldgebern und christlich-fundamentalistischen Gruppen.
"Ein Triumph der Innenpolitik und des persönlichen Egos" über die außenpolitische Vernunft sei Trumps formelle Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel, sagte Aaron David Miller, ein Nahost-Experte und Berater früherer Präsidenten. Trump selbst sprach stolz von einem erfüllten Wahlkampfversprechen. Persönliche religiöse Überzeugungen spielen bei Trumps Nähe zu proisraelischen Positionen wohl keine Rolle. Der Präsident ist Presbyterianer, aber offenbar nicht sehr fromm: Der in dritter Ehe verheiratete Immobilienmakler bezeichnete das Sakrament der heiligen Kommunion einmal als Imbiss aus "ein wenig Wein und einem kleinen Cracker".
Trumps Tochter Ivanka hat den jüdischen Glauben angenommen
Familie und Innenpolitik sind die entscheidenden Stichwörter, wenn es bei Trump um Israel geht. Sein Schwiegersohn und Nahost-Berater Jared Kushner ist frommer Jude, seine Tochter Ivanka trat vor ihrer Heirat mit Kushner zum jüdischen Glauben über. Der jüdische und stark proisraelische Casino-Milliardär Sheldon Adelson gehörte im vergangenen Jahr zu den großzügigsten Wahlkampfspendern. Er soll sehr verärgert gewesen sein, als der Präsident im Sommer eine erste Gelegenheit, Jerusalem zur israelischen Hauptstadt zu erklären, ungenutzt verstreichen ließ.
Trump musste um die Unterstützung von Adelson und anderen kämpfen. Bei der jüdischen Lobby in den USA geht es für ihn vor allem um Spenden und politische Unterstützung, weniger um das Wählerpotenzial: Juden machen weniger als drei Prozent der amerikanischen Wählerschaft aus und stimmen traditionell meist für die Demokraten. Vor allem angesichts des Drucks durch die Russland-Affäre wolle Trump wichtige Unterstützer bei der Stange halten, meint der Nahost-Experte Selim Sazak, der in Washington für die Denkfabrik Delma-Institut aus Abu Dhabi arbeitet. Mit einer Nahost-Strategie habe all das wenig zu tun, sagte er unserer Redaktion: "Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Strategie gibt."
Trump wollte sein Image bei den Evangelikalen aufbessern
Doch Trump dachte nicht nur an proisraelische Geldgeber, sondern auch an Wählerstimmen, besonders an die der frommen Evangelikalen, die mehr als ein Viertel der US-Bevölkerung ausmachen. 80 Prozent seiner Stimmen erhielt er von weißen Evangelikalen. Doch deren Zuneigung bröckelt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet hatte Trump allen Grund, etwas zur Aufbesserung seines Images zu tun. Viele Evangelikale empfinden eine besondere Verbindung zu Israel. Gott habe Jerusalem und den Rest des Heiligen Landes dem jüdischen Volk gegeben, sagt der Geistliche Robert Jeffress, Mitglied in einem informellen evangelikalen Beratergremium Trumps.
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