In die Offensive gehen wollte Andrea Nahles – doch damit erregte sie in der Fraktion Irritationen, zum Teil auch Unwillen. Nach den EU-Wahl-Desastern für die SPD will sich Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in der Fraktion vorzeitig zur Neuwahl stellen. Sie schlage den Gremien ihrer Fraktion eine vorgezogene Abstimmung in der kommenden Woche vor, sagte Nahles am Montagabend im ZDF. Ursprünglich war die Neuwahl in der Fraktion für September vorgesehen.
Bereits vor der Europawahl hatten sich Spekulationen gehalten, Nahles solle dann aus dem Amt gedrängt werden. In Partei und Fraktion wurde zuletzt verstärkt von Unzufriedenheit mit Nahles berichtet. So seien ihre öffentlichen Auftritte nicht immer gelungen. Doch vor allem trägt sie als Parteichefin die Verantwortung für die krachende Niederlage bei der Europawahl. Mit 15,8 Prozent schnitten die Sozialdemokraten historisch schlecht ab und landeten auf Platz drei hinter den Grünen. In der ARD sprach Nahles „von Gerüchten, von Spekulationen, von Zeitungsartikeln, die es jetzt in den letzten Wochen ja zuhauf gegeben“ habe. Sie halte es für besser, zügig für Klarheit zu sorgen.
Der SPD-Abgeordnete und ehemalige Kanzlerkandidat Martin Schulz hat die Ankündigung, sich vorzeitig einer Neuwahl zu stellen, am Dienstag kritisiert. „Diese Wahl ist für September angesetzt“, sagte Schulz der Wochenzeitung Die Zeit. „Der Fraktion sollte die Zeit gegeben werden, die letzten Entwicklungen zu analysieren.“ Die Frage, ob er selbst gegen Nahles antrete, „stellt sich zurzeit nicht“, sagte Schulz, der verdächtigt worden ist, die Parteikollegin von der Parteispitze verdrängen zu wollen. „Wir sollten Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit treffen.“ (dpa)