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Nachruf auf Václav Havel: Abschied von einem Helden

Nachruf auf Václav Havel

Abschied von einem Helden

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    Václav Havel im März 2011: Das frühere tschechische Staatsoberhaupt litt seit Jahren an schweren Atemproblemen.
    Václav Havel im März 2011: Das frühere tschechische Staatsoberhaupt litt seit Jahren an schweren Atemproblemen.

    Prag Václav Havel sagte einmal über sich: „Ich war ein Träumer und zugleich viel realistischer als die meisten Mitbürger.“ So war Havel – bescheiden und kämpferisch zugleich. Der Held der „Samtenen Revolution“ von 1989 kämpfte für Demokratie und die Befreiung der Tschechoslowakei von der kommunistischen Herrschaft. Die Massen auf dem

    Havel überraschte als außergewöhnlicher Präsident

    Nach den bleiernen Jahrzehnten unter kommunistischer Führung überraschte Havel als außergewöhnlicher Präsident immer wieder seine Landsleute. 1990 lud er die Rolling Stones ein, in Prag ein Konzert zu geben. Es wurde von mehr als 100000 Fans besucht. Den Rockmusiker Frank Zappa, der zur Zeit des Kommunismus nur im tschechischen Untergrund bekannt war, ernannte Havel im gleichen Jahr zum Sonderbotschafter der Tschechoslowakei.

    Nach der friedlichen Trennung von der Slowakei war Havel von 1993 bis 2003 Präsident der Tschechischen Republik. Obgleich das Präsidentenamt als Repräsentativposten galt, füllte Havel es als moralische Instanz aus. Er begleitete seine Landsleute durch den mitunter auch schmerzhaften Transformationsprozess der 90er Jahre, führte sein Land in EU und Nato und suchte früh eine Aussöhnung mit den deutschen Nachkriegsvertriebenen.

    Havel musste sich Kritik stellen

    Bis zuletzt musste sich Havel allerdings der Kritik stellen, das Auseinanderbrechen der Tschechoslowakei nicht entschieden genug verhindert zu haben. Überdies wurde ihm vorgehalten, er habe die negativen Auswirkungen der Privatisierung wie die Korruption zu sehr geduldet. Außenpolitisch unterstützte er die Waffengänge gegen Jugoslawien sowie gegen den Irak und stellte sich damit gegen die Mehrheitsmeinung seines Volkes.

    Als Mitbegründer und Sprecher der Charta 77, die mehr Bürgerrechte einforderte, saß er insgesamt knapp fünf Jahre im Gefängnis. Bis zuletzt kämpfte Havel gegen die Unterdrückung der Menschenrechte. Erst am 12. April dieses Jahres unterzeichnete er einen offenen Brief an den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao, in dem er die Freilassung des Dissidenten Ai Weiwei und anderer Regimegegner forderte. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in schlechter Verfassung. Im März hatte er wegen einer Atemwegsinfektion im Krankenhaus behandelt werden müssen und sich danach zur Erholung auf sein Landhaus im Riesengebirge zurückgezogen. Mitte der 90er Jahre war Havel an Lungenkrebs erkrankt, 1996 wurden ihm ein Tumor und Teile des rechten Lungenflügels entfernt. Zwei Jahre nach der Operation überlebte er einen Herzinfarkt. Als eine der Ursachen für seine Gesundheitsprobleme galt eine während seiner Zeit im Gefängnis verschleppte Lungenentzündung.

    Václav Havel starb am Sonntag im Alter von 75 Jahren – „friedlich im Schlaf“, wie seine Sprecherin sagte. Seine zweite Frau Dagmar sei bei ihm gewesen. Das Begräbnis wird voraussichtlich am kommenden Freitag sein.

    Seine Landsleute reagierten bestürzt. Auf dem zentralen Wenzelsplatz in Prag fanden spontane Mahnwachen statt, für den Abend war eine größere Trauerzeremonie geplant. Havels Nachfolger Václav Klaus würdigte ihn als „Symbol des modernen tschechischen Staates“. Er verdiene Anerkennung für seinen „mutigen Kampf mit dem kommunistischen Regime“, sagte Klaus in einer Fernsehansprache. Durch Havel sei Tschechien zu einem „Teil der Gemeinschaft freier und demokratischer Länder“ geworden. Der tschechische Regierungschef Petr Necas ehrte Havel als „Symbol für die Rückkehr unseres Landes zur Demokratie“.

    US-Präsident Barack Obama nannte die Verdienste Havels „historisch“. „Sein friedlicher Widerstand erschütterte die Grundfesten eines Imperiums, entblößte die Leere einer Ideologie der Unterdrückung und bewies, dass moralische Führungskraft mächtiger ist als jede Waffe.“ Wie Millionen rund um die Welt sei er von Havels Worten und seiner Führungskraft inspiriert worden, sagte Obama.

    Bundespräsident Christian Wulff sagte: „Wir Deutsche verneigen uns vor Václav Havel, der sich immer für Vertrauen und gute Nachbarschaft in den deutsch-tschechischen Beziehungen eingesetzt hat.“ Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher schrieb in der Bild, Europa sei durch Havels Tod „ärmer geworden“. Und der polnische

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