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Nach Türkei-Referendum: Razzia bei oppositionellem Online-Medium in Türkei

Nach Türkei-Referendum

Razzia bei oppositionellem Online-Medium in Türkei

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    Am Wahltag waren zahlreiche Manipulationsvorwürfe erhoben worden.
    Am Wahltag waren zahlreiche Manipulationsvorwürfe erhoben worden. Foto: Petros Karadjias, dpa (Symbolfoto)

    Nach dem umstrittenen Referendum in der Türkei hat die Polizei das Büro eines oppositionellen Online-Mediums durchsucht und dessen Chefredakteur festgenommen.

    Ali Ergin Demirhan werde unter anderem vorgeworfen, das Ergebnis des Referendums über ein Präsidialsystem nicht anzuerkennen, teilte das von linken Aktivisten betriebene Medium sendika.org am Donnerstag mit. Weitere Vorwürfe seien Volksverhetzung sowie der Aufruf über Soziale Medien zum Protest. Bei der Durchsuchung des Büros in Istanbul habe die Polizei Demirhans Computer und Mobiltelefon beschlagnahmt.

    Die wichtigsten Punkte der Verfassungsänderung in der Türkei

    Präsident wird Regierungschef: Der Präsident, der bisher laut Verfassung eine vorwiegend repräsentative Funktion hatte, wird zum Chef der Exekutive, das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft. Künftig soll der Präsident selbst das Kabinett leiten und die Minister auswählen, ohne dabei der Zustimmung des Parlaments zu bedürfen.

    Parlament verliert Befugnisse: Das Parlament soll das Recht verlieren, Minister ihres Amtes zu entheben, stattdessen kann es sie künftig nur noch schriftlich befragen – nicht aber den Präsidenten. Im Fall von kriminellen Verfehlungen kann es den Präsidenten absetzen, doch die Hürden für ein Amtsenthebungsverfahren sind hoch.

    Präsidentenamt wird politisiert: Der Präsident, der bisher zu politischer Neutralität verpflichtet war, darf künftig seine Parteizugehörigkeit behalten. Kritiker befürchten, dass dies dazu führen wird, dass der Präsident zugleich Vorsitzender der größten Partei ist – und damit als Mehrheitsführer das Parlament kontrolliert.

    Zwei Amtszeiten: Der Präsident darf nur für zwei je fünfjährige Amtszeiten gewählt werden. Diese Zählung würde aber nach Inkrafttreten der Reform 2019 neu beginnen, sodass Erdogan noch zwei Mal antreten könnte. Gibt es in der zweiten Amtszeit vorgezogene Neuwahlen, darf der Präsident außerdem ein drittes Mal kandidieren.

    Mehr Kontrolle über die Justiz: Der Präsident soll mehr Kontrolle über die Justiz erhalten. Er würde künftig sechs der 13 Mitglieder des Rats der Richter und Staatsanwälte ernennen, der über die Besetzung wichtiger Justizämter entscheidet. Die anderen wählt demnach das Parlament aus – wo der Präsident aber Mehrheitsführer ist.

    Umsetzung: Die Verfassungsänderung soll bei den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2019 in Kraft treten. Die beiden Artikel zur Reform des Justizgremiums und zur Parteimitgliedschaft des Präsidenten sollen sofort in Kraft treten. (afp)

    Die Website war am Donnerstag von der Türkei aus nicht mehr erreichbar. Beim Abruf der Seite erschien die Information, dass diese per Gerichtsentscheidung als "Schutzmaßnahme" geschlossen wurde. Nach Angaben eines freien Mitarbeiters von sendika.org sperren die Behörden die Seite immer wieder, die dann in der Regel unter einer neuen Adresse erneut online geht.

    Nach vorläufigen Wahlergebnissen stimmten am Sonntag 51,4 Prozent der Türken für die Einführung eines Präsidialsystems, das Erdogan mehr Macht verleihen würde. Das Ergebnis ist umstritten - die Opposition wirft dem "Ja"-Lager Wahlbetrug vor. dpa

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