Ja, Norbert Röttgen will Hannelore Kraft herausfordern. Ja, er will sich den Menschen in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidat der CDU zur Wahl stellen. Aber der Bundesumweltminister und Neuwahl in NRW Hannelore Kraft (SPD) im Ministerpräsidentenamt abzulösen, sind sehr gering.
NRW: In allen Umfragen liegt Rot-Grün vorne
In allen Umfragen liegt Rot-Grün derzeit weit vorne. Zuletzt ergab eine Befragung des WDR vor zweieinhalb Wochen außerdem, dass 51 Prozent der Menschen in Nordrhein-Westfalen bei einer Direktwahl Kraft wählen würden - für Röttgen sind demnach nur 29 Prozent. Nach der Auflösung des Landtags bleiben ihm nun 60 Tage, diese Stimmung zu drehen.
Röttgen hatte sich rasch auf die Pleite der rot-grünen Minderheitsregierung bei der Haushaltsdebatte im Landtag eingestellt, er befand sich bereits in Düsseldorf. Selbstbewusst ließ er sich nach der Abstimmungsniederlage der Minderheitsregierung von Hannelore Kraft dort vor einem Plakat fotografieren, in dem die CDU Rot-Grün eine Verschuldungspolitik vorwirft. Er sei auf Neuwahlen vorbereitet, sagte Röttgen mit Blick auf das Plakat. "Ich habe von der Regierung nicht den Eindruck, dass sie darauf vorbereitet ist." Er führe die CDU in die Wahl, "um stärkste Partei und um Ministerpräsident zu werden".
Röttgen: Der Kronprinzen von Angela Merkel
Röttgen hatte nach der Pleite der CDU mit Jürgen Rüttgers bei der Landtagswahl 2010 ganz gezielt nach der Macht im größten CDU-Landesverband gegriffen. Obwohl er vor allem als Bundespolitiker gilt, suchte er die Auseinandersetzung mit den etablierten Landespolitikern und setzte sich in einer Mitgliederbefragung gegen den früheren Integrationsminister Armin Laschet durch. 54,8 Prozent der CDU-Mitglieder stimmten 2010 für Röttgen, der nicht nur Landesvorsitzender wurde, sondern inzwischen auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU ist. Damit rückte Röttgen in der Reihe der Kronprinzen von Angela Merkel weit nach vorne.
Norbert Röttgen hat gute Kontakte zu den Grünen
Für den am 2. Juli 1965 geborenen Juristen aus Meckenheim zahlte sich damit das Risiko aus, dass er mit seiner Kampfkandidatur gegen Laschet eingegangen war. Eine Rückkehr in die Landespolitik war bei ihm eigentlich nicht unbedingt zu erwarten gewesen: Nach seinem CDU-Beitritt 1982 stand er in den 1990er Jahren an der Spitze der Jungen Union NRW, machte dann aber nicht in Düsseldorf, sondern in der Bundespolitik Karriere.
Bereits seit 1994 sitzt Röttgen im Bundestag, als Mitglied der "Pizza Connection" hat er als einer der ersten CDU-Politiker Kontakte zu den Grünen geknüpft. Diese könnten womöglich nach der Landtagswahl noch wichtig werden: Denn in den Umfragen liegt die CDU zwar ungefähr auf Augenhöhe mit der SPD. Mit Abstand drittstärkste Kraft sind aber die Grünen, während die FDP um ihren Wiedereinzug in den Landtag bangen muss. Bevor Röttgen 2009 Bundesumweltminister wurde, war er von 2002 bis 2005 rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion und von 2005 bis 2009 deren Parlamentarischer Geschäftsführer. Der verheiratete Vater von zwei Söhnen und einer Tochter ist inzwischen eines der wichtigsten Kabinettsmitglieder Merkels. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima bekam er den Auftrag, die Energiewende in Deutschland weg von der Kernenergie zu managen.
Womöglich muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für diesen Job nun einen anderen suchen. Es sei denn, die Menschen in Nordrhein-Westfalen wählen Rot-Grün - diesmal nicht mehr als Minderheitsregierung, sondern mit absoluter Mehrheit. AZ, afp, dpa