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NATO: Einsatz für beendet erklärt: Tod von Gaddafi: Wie starb der libysche Diktator?

NATO: Einsatz für beendet erklärt

Tod von Gaddafi: Wie starb der libysche Diktator?

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    Gaddafi führte sein Land von der Monarchie in eine Art Volksrepublik. Dann sorgte er dafür, dass Libyen international als einer der Hauptsponsoren des Terrorismus gebrandmarkt wurde.
    Gaddafi führte sein Land von der Monarchie in eine Art Volksrepublik. Dann sorgte er dafür, dass Libyen international als einer der Hauptsponsoren des Terrorismus gebrandmarkt wurde. Foto: dpa

    Nach dem Tod des ehemaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi herrscht weiter Unklarheit darüber, wie er starb. Libyens Ministerpräsident Mahmud Dschibril erklärte in der Nacht, Gaddafi sei zunächst gefangen genommen worden. Dann sei der Pritschenwagen, mit dem der gefangene Gaddafi von Sirte in die Küstenstadt Misrata gebracht werden sollte, unter Beschuss durch Anhänger des langjährigen Machthabers geraten. Dabei wurde Gaddafi nach Angaben Dschibrils schwer verletzt. Er sei kurz vor der Ankunft im Krankenhaus von

    Gaddafi: Lebend in die Hände der Aufständischen gefallen

    Die "New York Times" schrieb am Freitag, die offizielle Version der Regierung scheine durch die kursierenden Fotos und Videos nicht gedeckt zu werden. In einem am Donnerstag aufgetauchten verwackelten Video ist offenbar zu sehen, dass Gaddafi in seiner Geburtsstadt Sirte noch lebend in die Hand der Aufständischen fiel. In dem von Al-Arabija ausgestrahlten Video ist ein offenbar verwundeter Gaddafi zu sehen. Er wird von der Kühlerhaube eines Fahrzeugs gezogen und von Milizionären umringt, die ihn wegzerren.

    Blutgetränktes Hemd

    Gaddafi scheint dabei noch auf eigenen Beinen zu stehen und zu wanken. Sein Hemd ist blutgetränkt. Er scheint zu sprechen und seine rechte Hand zu bewegen. Auf späteren Bildern ist Gaddafi tot mit einer Schusswunde im Kopf zu sehen. Die britische BBC berichtete, Milizionäre des Übergangsrates hätten in ersten Berichten erklärt, Gaddafi sei erschossen worden, als er zu fliehen versucht habe.

    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine Untersuchung der Todesumstände. Die neue Regierung müsse mit der "Kultur des Missbrauchs" unter Gaddafi vollständig brechen und Menschenrechtsreformen durchsetzen, die das Land bitter nötig habe, hieß es.

    Trophäen der Festnahme

    Chronologie: Aufstieg und Fall von Gaddafi

    Libyens Muammar al-Gaddafi wurde als Terrorhelfer international geächtet und als Handelspartner hofiert. Im Westen galt der selbst ernannte Revolutionsführer mit bizarr anmutenden Gewohnheiten vielen als unberechenbar.

    1942: Im September nahe der Stadt Sirte in Libyen geboren.

    1963: Jura- und Geschichtsstudium für Offizierslaufbahn abgebrochen.

    1969: Ein «Bund der freien Offiziere» putscht Gaddafi an die Macht.

    1970: Ausländische Öl-Firmen in Libyen werden verstaatlicht.

    1973: Gaddafi veröffentlicht seine «Dritte Universaltheorie» als Mittelweg zwischen Kommunismus und Kapitalismus.

    1977: Der «Revolutionsführer» ruft die «Sozialistische Libysch- Arabische Volks-Dschamahirija (Herrschaft der Massen)» aus.

    1985: Wegen Libyens Verstrickung in den internationalen Terrorismus verhängen die USA einen Wirtschaftsboykott.

    1986: Die USA machen Gaddafi für einen Anschlag auf die Berliner Diskothek «La Belle» verantwortlich und bombardieren Tripolis.

    1988: 270 Tote bei Explosion eines US-Jumbos über Lockerbie.

    1991: Der UN-Sicherheitsrat verhängt Sanktionen gegen Libyen.

    2003: Libyen sagt für den Anschlag von Lockerbie die Zahlung von Entschädigungen zu; die UN heben die Sanktionen auf.

    2003: Gaddafi kündigt Einstellung des libyschen Atomprogramms und die Zerstörung seiner Massenvernichtungswaffen an.

    2004: Die USA heben ihre Handelsbeschränkungen auf. 2007: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vereinbart mit Gaddafi eine militärische und atomtechnische Kooperation. Anvisiert wird die Lieferung von Kampfjets und eines Atomkraftwerks.

    2008: Die USA schließen mit Libyen ein Öl-Handelsabkommen. 2009: Gaddafi wird für ein Jahr Ratsvorsitzender der Afrikanischen Union und fordert die «Vereinigten Staaten von Afrika».

    2009: Freundschaftsabkommen und erster Staatsbesuch Gaddafis in Rom.

    2010: Nach Festnahme seines Sohns Hannibal in Genf wegen Misshandlung von Angestellten ruft Gaddafi zum Dschihad gegen die Schweiz.

    2010: Um den Zustrom afrikanischer Flüchtlinge über Libyen einzudämmen, zahlt die EU Gaddafi 50 Millionen Euro.

    2011: Am 15. Februar demonstrieren Tausende gegen Gaddafi. Seine Gefolgsleute richten später ein Blutbad unter Zivilisten an. Der folgende Bürgerkrieg läutet den Sturz des «Führers» ein. (dpa)

    Nach einem Bericht der "New York Times" wurde Gaddafis Leichnam in Misrata von Hunderten Menschen angeschaut. Feiernde Soldaten der Übergangsregierung gaben unterdessen die Trophäen der Festnahme von Hand zu Hand weiter - Gaddafis goldene Pistole, sein Satellitentelefon, seinen braunen Schal und einen schwarzen Stiefel.

    Außer Gaddafi wurden auch seine Söhne Saif al-Islam und Mutassim getötet, wie das staatliche Fernsehen berichtete.  Gaddafi werde in Kürze an einem unbekannten Ort nach islamischem Ritus begraben, sagte Dschibril. Was mit seinem Körper geschehe, sei "ziemlich egal, Hauptsache, er verschwindet". Offenkundig will der Übergangsrat damit verhindern, dass das Grab zu einem Wallfahrtsort für Gaddafi-Anhänger wird.

    NATO: Militäreinsatz beendet

    Der NATO-Einsatz in Libyen kann nach Ansicht von Frankreichs Außenminister Alain Juppé  angesichts des Todes von Muammar el Gaddafi als beendet betrachtet werden. "Ich glaube, wir können sagen, dass  der Militäreinsatz beendet ist und dass sich das gesamte libysche  Staatsgebiet unter der Kontrolle des Nationalen Übergangsrats  befindet", sagte Juppé am Freitag dem französischen Sender Europe 1. Der NATO-Einsatz sei zu einem Abschluss gekommen.

    Clinton: "Beginn einer neuen Ära"

    US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, der Tod des  jahrzehntelangen libyschen Machthabers markiere den "Beginn einer  neuen Ära für das libysche Volk". Ein "sehr unglückliches Kapitel"  sei geschlossen worden, sagte sie bei einem Besuch in Islamabad.  Sie sagte dem land die Unterstützung der USA beim Aufbau einer demokratischen Zukunft zu. Gaddafi war am Donnerstag bei Kämpfen um  seine Geburtsstadt Sirte getötet worden. Die genauen Umstände  seines Todes sind weiter unklar.

    Übergangsrat will Libyen für befreit erklären

    Nach dem Tod Gaddafis will der libysche Nationalrat an diesem Samstag Libyen für "befreit" erklären. Dies soll in feierlichem Rahmen erfolgen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira in der Nacht zum Freitag. Innerhalb von 30 Tagen soll eine provisorische Regierung gebildet werden. Deren Aufgabe wird es sein, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen und freie, demokratische Wahlen vorzubereiten.

    Der Nationalrat werde außerdem sein Hauptquartier von Bengasi, wo vor acht Monaten der Volksaufstand gegen Gaddafi begann, in die Hauptstadt Tripolis verlegen. Gaddafi war am Donnerstag in seiner Heimatstadt Sirte unter noch nicht ganz geklärten Umständen getötet worden. Stunden zuvor war in Sirte der letzte Widerstand bewaffneter Gaddafi-Anhänger zusammengebrochen.

    Der Nationalrat hatte die restlose Niederringung der letzten Überreste der Gaddafi-Streitkräfte zur Voraussetzung dafür gemacht, das Land für "befreit" zu erklären und den demokratischen Neuanfang einzuleiten.

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