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Mobilität: Die Renaissance des Rads: Wie soll die Zukunft für Fahrradfahrer aussehen?

Mobilität

Die Renaissance des Rads: Wie soll die Zukunft für Fahrradfahrer aussehen?

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    In Städten bekommen Autos den meisten Platz. Doch jetzt fordern auch Fahrradfahrer ihren Anteil.
    In Städten bekommen Autos den meisten Platz. Doch jetzt fordern auch Fahrradfahrer ihren Anteil. Foto: Silvio Wyszengrad

    Das Fahrrad erlebt durch die Corona-Pandemie eine Hochphase. Weil ein Teil der Bevölkerung auf Bus und Bahn verzichtet oder zu Hause arbeitet, radeln in vielen Städten mehr Menschen als je zuvor. Auch die Nachfrage nach Rädern ist gestiegen. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes, kurz ZVI, war der Mai ein Rekordmonat. Manche Städte wie München reagierten schnell auf dieses gestiegene Interesse: In der bayerischen Landeshauptstadt wurden sogenannte Pop-up-Radwege eingeführt: Die Stadt verkleinerte die meist deutlich leereren Autospuren, um Radfahrern mehr Platz zu geben.

    Mehr Platz für Fahrräder, weniger Raum für Autos – ist das ein Modell für die Zukunft? Haben Fahrräder – im übertragenen Sinne – bald Vorfahrt in den Innenstädten? Die Deutschen sind gespaltener Meinung, ob sie diese Vision für richtig oder falsch halten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion. Während 42 Prozent der Befragten den Vorschlag für richtig halten, sind 44,1 Prozent dagegem. Der Rest (13,9 Prozent) ist in der Frage unentschieden.

    Auffällig ist, dass die Idee in Städten deutlich mehr Zustimmung findet, als in ländlichen Regionen. Je höher die Bevölkerungsdichte, desto eher befürworten die Umfrageteilnehmer den Vorschlag, in Innenstädten mehr Platz für Radfahrer zu schaffen. In Regionen mit sehr niedriger beziehungsweise niedriger Bevölkerungsdichte findet jeweils nur rund jeder Dritte die Idee richtig, rund die Hälfte lehnt den Vorschlag ab. In Gegenden, in denen die Populationsdichte sehr hoch ist, ist dieses Verhältnis nahezu umgekehrt.

    Die Zahlen zeigen schon: Das Land ist gespalten.

    Städteplanung konzentriert sich auf Autos

    Etwa in den 50er Jahren gab es in der Stadtplanung ein Umdenken: Die Lebensbereiche Arbeit, Wohnen und Freizeit wurden voneinander getrennt. Um von einem Bereich in den anderen zu gelangen, entstanden große Schneisen, „die bequem mit dem Auto zu durchqueren waren“, sagt Tanja Terruli. Sie leitet für den ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) das Projekt „Straßen für Menschen“, das sich etwa damit befasst, wie gerecht der Platz in der Stadt zwischen Fußgängern, Autofahrern und Radlern verteilt ist. Seit den 50er Jahren werden Städte so entworfen, dass Autos möglichst schnell hindurchkommen. Die Folge: Autos nehmen den meisten Platz ein.

    Terruli macht das am Beispiel Berlins deutlich: Etwa ein Drittel der Wege werden dort mit dem Auto zurückgelegt. Doch Straßen und Parkplätze nehmen 58 Prozent der Fläche ein. Zum Vergleich: „13 Prozent der Wege werden in Berlin mit dem Fahrrad zurückgelegt. Jedoch hat das Fahrrad nur drei Prozent Anteil an den Verkehrsflächen“, sagt sie.

    ADAC: Verkehrsteilnehmer beklagen fehlende Rücksicht

    Das führt zu einem Wettstreit um die verfügbare Fläche, den auch der ADAC festgestellt hat. In einer Umfrage, die der Automobilclub im Frühjahr veröffentlicht hat, gaben 80 Prozent der Teilnehmer an, dass im Verkehr nicht auf andere Rücksicht genommen werde. Das Interessante: Jeder sieht die Schuld beim anderen. Fahrradfahrer schimpfen über Fußgänger und Autofahrer, diese regen sich über Radler auf.

    Was also tun? „Damit sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen, braucht es mehr, breitere und komfortablere Verkehrswege für Fußgänger und Radfahrer. Dafür muss der motorisierte Individualverkehr weichen“, sagt Terruli. Und ihre Chefin Carolin Ritter, Bundesgeschäftsführerin des VCD, fügt an: „Die Menschen dürfen aber nicht das Gefühl haben, dass man ihnen etwas wegnimmt. Stattdessen muss man ihnen klar machen, was sie gewinnen.“ Sie meint: Wenn auf den Straßen weniger Autos unterwegs sind und parken, ist mehr Platz für anderen Dinge, etwa zum Spielen oder zum draußen Sitzen.

    Doch das umzusetzen ist gar nicht so leicht, denn auch das Verkehrsrecht – auf dem die Stadtplanung fußt – bevorzuge Autos, sagt Ritter. „Das wird noch ein paar Jahre dauern. Aber gerade merken wir, dass die richtige Stimmung dafür da ist.“

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    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

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