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Milde Töne aus Brüssel im Umgang mit Türkei

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Milde Töne aus Brüssel im Umgang mit Türkei

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    Milde Töne aus Brüssel im Umgang mit Türkei
    Milde Töne aus Brüssel im Umgang mit Türkei Foto: DPA

    Zugleich lobte Rehn aber ausdrücklich die außen- und energiepolitische Rolle Ankaras. Die Normalisierung der Beziehungen zu Armenien sei ein "historischer Schritt".

    "Die Türkei spielt in Nahost oder dem Südkaukasus, bei der Energiesicherheit und dem Dialog der Zivilisationen eine Schlüsselrolle", betonte Rehn. Ausdrücklich lobte sein Bericht die Unterzeichnung des Abkommens zum Bau der Gaspipeline Nabucco in Ankara, mit der Europa unabhängiger von russischem Gas werden will.

    Dennoch forderte Rehn ein höheres Reformtempo, etwa mit Blick auf die "Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen" wie Folter, sowie Frauen- und Arbeitnehmerrechten. "Häusliche Gewalt, Ehrenmorde und frühe oder Zwangsehen bleiben ernsthafte Probleme", hieß es.

    Auch Kroatien und Mazedonien hätten noch Arbeit vor sich, etwa bei der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen.

    Im Konflikt um Zypern empfahl Rehn den EU-Staaten, keine neuen Sanktionen gegen Ankara zu verhängen. Die Zollunion müsse "diskriminierungsfrei" auf alle Schiffe aus der Republik

    Die türkische Regierung begrüßte den Bericht. "Das ist der bis jetzt objektivste Bericht", sagte der türkische Verhandlungsführer und Europaminister Egemen Bagis in Ankara. Die türkische Regierung sei sich der Probleme bewusst und ernsthaft bemüht, diese zu lösen.

    Im EU-Parlament stieß der Bericht auf ein geteiltes Echo. Der Chef der CDU/CSU-Gruppe, Werner Langen, forderte die "privilegierte Partnerschaft" anstelle einer Vollmitgliedschaft der Türkei. "Es ist im gegenseitigen Interesse, dass die EU und die

    Sein SPD-Kollege Ismail Ertug kritisierte derartige "Querschüsse". "Die EU muss ihr Versprechen einhalten, sonst gefährdet sie ihre Glaubwürdigkeit", sagte er. Der Bericht hebe anders als in vorherigen Berichten Fortschritte in zentralen Bereichen besonders positiv hervor. "Just in diesem Moment das Land derart vor den Kopf zu stoßen, sendet ein völlig falsches Signal an die Menschen."

    Rehn appellierte an die Verhandlungsführer Nord- und Süd-Zyperns sowie an die Türkei und Griechenland, alles für einen Erfolg zu tun. "Wir haben eine echte Chance, lasst uns alle dazu beitragen." Er fügte hinzu: "Es ist ein Anachronismus, dass wir immer noch eine Berliner Mauer" haben, die Zypern teilt. Wenn ich Nikosia besuche, habe ich das Gefühl, am Checkpoint Charlie zu sein, so etwas sollte es in einem EU-Staat nicht geben."

    Ungeachtet des Namensstreits mit Griechenland empfahl Rehn, konkrete Beitrittsverhandlungen mit Skopje aufzunehmen. Athen dringt darauf, dass ausschließlich eine gleichnamige griechische Provinz den Namen Mazedonien tragen dürfe. Die Lösung des Streits unter UN-Vermittlung sei "existenziell", mahnte Rehn. Der mazedonische Regierungschef Nikola Gruevski sprach von einem "historischen Tag". Sein Land werde alle notwendigen Reformen fortsetzen, um das Ziel einer EU-Mitgliedschaft möglichst rasch zu erreichen.

    Eine Rüge erhielten Slowenien und Kroatien, deren Grenzstreit um die Bucht von Piran den Beitritt Kroatiens verzögert hat. Die Behörde forderte, derartige Probleme bilateral zu lösen. Zagreb hatte gehofft, schon dieses Jahr seinen Beitrittsprozess vollenden zu können. Rehn machte klar, dass vor einem Beitritt der Zugang zu Dokumenten für den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien garantiert werden muss.

    Die "Fortschrittsberichte" über die Beitrittskandidaten (Kroatien, Türkei, Mazedonien) sowie die potenziellen Kandidaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Serbien) werden jährlich von Rehn vorgelegt.

    Scharf kritisierte Rehn Steuerstrafen des türkischen Staates gegen die "Dogan"-Mediengruppe. "Wenn eine Steuerstrafe so hoch ist wie der Jahresumsatz, dann ist das eine ziemlich harte Strafe", sagte er. "Es ist vielleicht gar keine Steuerstrafe, es fühlt sich an wie eine politische Sanktion." Dogan hatte sich mit der Regierung und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan angelegt. Eine jüngste Steuerstrafe lautet auf mehr als 1,7 Milliarden Euro.

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