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Mikrofon-Pannen von Politikern: „Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung“

Mikrofon-Pannen von Politikern

„Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung“

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    Ronald Reagan
    Ronald Reagan

    Augsburg Heimlich lauschen – erfahren, was nicht für die eigenen Ohren bestimmt ist. Seit es Menschen gibt, wohnt dem versteckten Mithören ein kaum bezähmbarer Reiz inne. Und zwar nicht nur für Spitzel und Spione. Moderne Übertragungstechnik hat die Chancen, etwas Unerhörtes aufzuschnappen, noch erhöht. Leidtragende sind immer wieder Politiker oder hochrangige Beamte. Ihnen werden nicht verkabelte Mikrofone, die unbeirrt weitersenden, wenn sie nicht ausgestellt werden, zum Verhängnis.

    Unvergessen die Szene in dem Streifen „Die nackte Kanone“, in der der tollpatschige Lieutenant Frank Drebin während einer Pressekonferenz die Toilette aufsucht, dabei aber vergisst, sein Funkmikro am Revers auszuschalten. So wird die eindeutige Geräuschkulisse live in den Saal übertragen...

    Aber das ist Kino. Im Gegensatz zum jüngsten Lapsus von US-Präsident Barack Obama am Rande des Nukleargipfels in Seoul. Vertraulich beugte sich Obama zum russischen Staatschef Dmitri Medwedew hinüber. Es ging um den verfahrenen Streit zwischen den Nuklearmächten über einen Raketen-Abwehrschild der Nato: „Das ist meine letzte Wahl. Nach meiner Wahl werde ich flexibler sein.“ – „Ich verstehe, ich werde diese Information an Wladimir (Putin) weitergeben“, antwortete Medwedew. Nicht nötig, denn die beiden Staatsmänner hatten übersehen, dass ein Mikrofon offen war. Ein gefundenes Fressen für die Republikaner. Sie beschuldigen den Präsidenten nun, insgeheim längst zu durchgreifenden Zugeständnissen gegenüber den Russen bereit zu sein.

    Obama hätte es wissen können. Bereits im November 2011 setzte er sich, angestiftet durch den französischen Amtskollegen Nicolas Sarkozy, beim Gipfel in Cannes in die Nesseln. Die beiden waren – ohne es zu wissen – schon auf Sendung, als sie vertraulich über den israelischen Regierungschef „Bibi“ Benjamin Netanjahu „plauderten“. „Ich kann ihn nicht mehr sehen, das ist ein Lügner“, lästerte der französische Präsident. Obamas Antwort dürfte „Bibi“ ebenso wenig gefallen haben: „Du magst genug von ihm haben, aber ich muss jeden Tag mit ihm umgehen.“

    All das ist sicher peinlich. Doch US-Präsident Ronald Reagen setzte 1984 ganz andere Maßstäbe. Der gelernte Schauspieler brachte sich vor einer Radioansprache mit einem kleinen Witz in Stimmung: Er habe die Sowjetunion soeben für „vogelfrei“ erklären lassen – „wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung.“ Der launige Scherz wurde mitgeschnitten. In Moskau landete Reagan damit keine Lacher.

    Auch schon vor dem September 2000 ahnten die Journalisten, dass nicht wenige Politiker echte Probleme mit ihrem Berufsstand haben könnten. Dann lieferte der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner, George W. Bush, ein weiteres fulminantes Indiz für diese These: Als er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Illinois den Reporter Adam Clymer von der New York Times erspähte, kommentierte er in Richtung des späteren Vizepräsidenten Dick Cheney trocken: „Das ist

    Dennoch, Obama muss sich wohl wegen seines letzten Fauxpas keine großen Sorgen machen. Denn weder Reagan noch Bush oder Sarkozy mussten für ihre Scherze oder Beleidigungen einen politisch nennenswerten Preis zahlen. Vielleicht, weil sie in diesen speziellen Momenten einfach entwaffnend authentisch wirkten. Schließlich lästert jeder mal ganz gerne.

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