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Migration in den USA: Bidens Flüchtlingspolitik: Als ob Trump am Rio Grande Regie führt

Migration in den USA

Bidens Flüchtlingspolitik: Als ob Trump am Rio Grande Regie führt

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    Mehrere tausend Flüchtlinge harren nahe der texanischen Stadt Del Rio unter der Brücke des Grenzflusses Rio Grande aus.
    Mehrere tausend Flüchtlinge harren nahe der texanischen Stadt Del Rio unter der Brücke des Grenzflusses Rio Grande aus. Foto: Julio Cortez, dpa

    Es sollte die Woche der außenpolitischen Botschaften werden: ein Bekenntnis zur multilateralen Weltordnung vor den Vereinten Nationen am Montag, ein Treffen mit den Partnern des neuen Indopazifik-Pakts im Weißen Haus am Freitag. Am Mittwoch verkündete US-Präsident Joe Biden die Verdoppelung der Impfspenden für ärmere Länder. Doch als seine Sprecherin Jen Psaki vor die Presse trat, interessierte sich dafür niemand. Im Fokus der Nachfragen stand ein heikles innenpolitisches Thema: die Lage an der Grenze zu Mexiko.

    Dort spielen sich im texanischen Del Rio Szenen ab, die nach Einschätzung der New York Times„direkt aus dem (Anti-)Einwanderungs-Drehbuch von Donald Trump stammen könnten“. Unter einer Autobahnbrücke campieren tausende Migranten aus Haiti, die den Rio Grande durchquert haben und bei Temperaturen über 30 Grad Celsius mit wenig Hab und Gut auf ein besseres Leben in den USA hoffen. Ihre genaue Zahl ist unbekannt, am Wochenende sollen es zeitweise 16.000 gewesen sein. Und Tausende weitere seien auf dem Weg dorthin. „Unsere Grenzen sind nicht offen“, hat US-Heimatschutzminister Alejando Mayorkas unmissverständlich erklärt. Tatsächlich hat die Biden-Regierung stillschweigend eine Verordnung aus Trump-Zeiten verlängert, die mit der Corona-Pandemie verhängt worden war: Mit der offiziellen Begründung, eine Einschleppung von Covid-Infektionen verhindern zu wollen, werden Migranten mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen abgewiesen.

    Die Migrationspolitik bringt den US-Präsidenten Joe Biden immer stärker in Bedrängnis.
    Die Migrationspolitik bringt den US-Präsidenten Joe Biden immer stärker in Bedrängnis. Foto: Evan Vucci, AP, dpa

    Diese Praxis wird von Menschenrechtsaktivisten seit langem kritisiert, war in der amerikanischen Öffentlichkeit aber bislang kein großes Thema. Das hat sich geändert, seit verstörende Bilder von berittenen Grenzpolizisten auftauchten, die rund um die Grenzstadt Migranten zusammentrieben. Auf einigen Aufnahmen wirkt es, als setzten die Beamten gar Peitschen gegen wehrlose Menschen ein. Das wird von der Grenzschutzpolizei CBP entschieden bestritten. Vielmehr sollen die Polizisten mit Lederzügeln versucht haben, in der chaotischen Lage ihre Pferde unter Kontrolle zu bringen.

    Linksliberale können die Bilder von der Grenze kaum ertragen

    Die Empörung im linksliberalen Teil Amerikas mildert das nicht. „Menschen sollten so nie behandelt werden“, erklärte Vizepräsidentin Kamala Harris. Bidens Sprecherin Psaki nannte die Bilder „schrecklich“ und versicherte: „Wir werden diese unmenschliche Behandlung nicht dulden.“ Doch die Distanzierung von den schockierenden Auswüchsen ändert nichts an der grundsätzlichen Haltung der Biden-Regierung, die an Abschiebungen in das von politischem Chaos, Gewalt und Hunger erschütterte Haiti festhält. Aus Protest dagegen trat der US-Sonderbeauftragte für den Inselstaat, Daniel Foote, zurück.

    Der Präsident befindet sich in einem Dilemma. Im Februar hatte Biden versprochen, „die nationale und moralische Schande der vorhergehenden Regierung“ in der Einwanderungspolitik zu beenden. Doch viele seiner administrativen Veränderungen werden von Gerichten und Bürokratie ausgebremst, seine große Reform des Einwanderungsrechts blockieren die Republikaner im Kongress. Gleichzeitig ist der Andrang illegaler Migranten an der Grenze in einem Maße hochgeschnellt, das die Regierung nicht erwartet hatte und die Republikaner für scharfe Polemik nutzen.

    Was die Welt derzeit erlebt, sind die Folgen der Politik der offenen Grenzen der Biden-Regierung“, wettert Texas’ republikanischer Gouverneur Greg Abbott: „Sie zieht Menschen aus der ganzen Welt an. Das schafft ein totales Chaos.“ TV-wirksam ließ der Verbündete von Ex-Präsident Trump am Ufer des Rio Grande mit Behörden-Fahrzeugen eine „Barriere aus Stahl“ errichten, die angeblich Menschen hindern soll, die Grenze zu überqueren.

    Hunderte Migranten werden per Flugzeug zurück nach Haiti gebracht

    So einfach kann sich die Biden-Regierung die Sache nicht machen. Sie hat begonnen, hunderte Migranten in Del Rio in Flugzeuge zu setzen und nach Haiti abzuschieben. Das stößt auf Protest von Menschenrechtlern und auch führenden Demokraten. „Wir dürfen nicht diese hasserfüllte und fremdenfeindliche Trump-Politik fortsetzen, die unsere Flüchtlingsgesetze missachtet“, kritisierte Chuck Schumer, Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, offen. Die Abschiebungen sind heikel, weil die meisten Migranten ihre ursprüngliche Heimat Haiti schon vor Jahren verlassen haben und zuletzt anderswo in Südamerika lebten. Nachdem sich ihre Situation durch die Corona-Pandemie dort verschlechterte, haben sie sich auf die gefährliche Reise gen Norden begeben – offenbar auch dazu verleitet durch Falschinformationen in Online-Netzwerken.

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