"Die Kanzlerin trägt eine große Verantwortung und muss Führungskraft zeigen", sagte Oppermann der Deutschen Presse-Agentur. "Dazu gehört es auch, deutlich zu sagen, dass mit einer Million Flüchtlinge in diesem Jahr unsere Möglichkeiten bei der Aufnahme nahezu erschöpft sind."
Bislang hatte es die SPD-Spitze vermieden, Merkel ("Wir schaffen das!") angesichts der unverändert hohen Zahl an Migranten in die Pflicht zu nehmen. "Wir brauchen mehr Herz bei der Integration und mehr Verstand bei der Zuwanderung. Dazu gehört auch, dass es Grenzen der Aufnahmekapazität gibt", sagte Oppermann. So vertritt die SPD - wie die CSU - die Position, die Flüchtlingszahlen und die Geschwindigkeit des Zuzugs zu verringern. "Wir müssen die unmissverständliche Botschaft senden, dass Deutschland allein nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann."
Der SPD-Fraktionschef zeigte sich gesprächsbereit beim Gesetzesvorschlag von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Transitzonen an den Landesgrenzen einzurichten, um Menschen ohne Aussicht auf Asyl sofort abweisen zu können: "Ich bin sehr für beschleunigte Verfahren und meine, dass wir alle Optionen vorurteilsfrei prüfen müssen."
Die Sicherung der EU-Außengrenze bedeute "keine strikte Abschottung". Deutschland werde auch künftig viele Flüchtlinge aufnehmen, aber nicht mehr unbegrenzt. "Zum Beispiel könnten wir mit der Aufnahme fester Kontingente zugleich den Schleusern das Handwerk legen." De Maizière sei für die SPD ein "offener und verlässlicher Gesprächspartner", meinte Oppermann.
Änderungen am Asylrecht will die SPD nicht zulassen. Für eine Reduzierung der Zahlen "brauchen wir keine Grundgesetzänderung", stellte Oppermann klar. Nur zwei Prozent der Flüchtlinge würden als Asylberechtigte anerkannt, die allermeisten wie aus Syrien dagegen als Kriegsflüchtlinge.
Die Lage in den Bundesländern sei dramatisch: "Viele Kommunen stehen kurz vor einem Unterbringungs-Notstand." Er wolle sich nicht vorstellen, dass Tausende Flüchtlinge obdachlos auf der Straße leben müssten, weil angemessene Unterkünfte fehlten. "Das hätte verheerende Konsequenzen und wäre eine Gefahr für die Innere Sicherheit."
Der Wohnungsmarkt sei das Hauptnadelöhr. Erste Schlägereien in Notunterkünften hätten weniger mit religiösen Konflikten, als mit den schlechten Verhältnissen zu tun: "Wenn wir keine Alternativen zu den Notunterkünften schaffen, wird sich das als sozialer Sprengstoff erweisen." (dpa)