Er wollte die Redaktion von Charlie Hebdo treffen. Es habe ihn „wütend“ gemacht, dass das Satiremagazin erneut Karikaturen des Propheten Mohammed veröffentlichte, gab er später zu. Doch dass die Zeitung seit dem Terroranschlag im Januar 2015 an einen geheimen Ort umgezogen ist, war dem Mann entgangen, der am Freitag vor dem früheren Gebäude von Charlie Hebdo im Osten von Paris auf zwei Menschen losgegangen ist.
Unvermittelt war der gebürtige Pakistaner mit einem Schlachtermesser auf eine 28-jährige Frau und einen 32-jährigen Mann losgegangen, die auf dem Bürgersteig vor dem Haus eine Zigarette rauchten. Mit mehreren Hieben verletzte er sie im Gesicht und am Kopf; in Lebensgefahr schwebten sie nicht. Beide arbeiteten als Journalisten für eine Fernsehproduktionsfirma – und hatten mit Charlie Hebdo nichts zu tun. Der mutmaßliche Täter, in dessen Rucksack Testbenzin gefunden wurde, sagte später aus, er hatte das Gebäude anzünden wollen.
Kurz nach der Tat ließ er sich festnehmen, ohne Widerstand zu leisten
Kurz nach der Tat ließ er sich widerstandslos festnehmen. Da er sich sofort als Verantwortlicher zu erkennen gab, auch wenn seine Französischkenntnisse begrenzt sind, sprach der Staatsanwalt der Antiterror-Abteilung rasch von ihm als dem „Haupttäter“. Inzwischen ist mehr über den Mann bekannt, der im März 2017 mit seinem jüngeren Bruder Pakistan verlassen hatte und im Sommer 2018 nach Frankreich eingereist war. Beide erhielten als unbegleitete Minderjährige Schutz, trotz Zweifel der Behörden am Geburtsjahr des Älteren. Tatsächlich fanden die Ermittler auf dem Handy nun das Foto eines Personalausweises, dem zufolge er heute bereits 25 Jahre alt ist. Dennoch erhielt er bis zu seinem angeblichen 18. Geburtstag im August eine Unterkunft, medizinische Versorgung und Sprachkurse. Den zuständigen Stellen galt er als motiviert. Demnächst sollte er eine Malerlehre beginnen.
In Paris läuft derzeit der Prozess gegen die Charlie-Hebdo-Terroristen
Als radikalisiert war er nicht aufgefallen, doch als polizeibekannt galt er, seit er am Pariser Nordbahnhof ein Fleischermesser bei sich trug. In seinem Handy wurde ein Video gefunden, in dem er in religiöser Kleidung die Mohammed-Karikaturen in Charlie Hebdoverurteilte. Derzeit läuft in Paris der Prozess um die Terroranschläge gegen das Satiremagazin, eine Polizistin und einen jüdischen Supermarkt. Zu diesem Anlass hatte das Blatt erstmals wieder Karikaturen des Propheten veröffentlicht. „Wir werden niemals kuschen“, rechtfertigte Redaktionsleiter Riss die Entscheidung. Auf die Zeichnungen folgten in mehreren muslimischen Ländern, darunter Pakistan, Proteste. Die Terrororganisation Al-Kaida rief zu Vergeltungsmaßnahmen auf. Nun wurde Kritik daran laut, dass es keinerlei Polizeischutz für das frühere Gebäude von Charlie Hebdo gegeben hatte.
Innenminister Gérald Darmanin sprach von einem „islamistischen Terrorakt“. Doch ob der Täter im Kontakt zu einer Terrororganisation stand, gilt weiter als unklar.
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