Nun also doch. Deutschland fährt herunter. Mehrere Wochen haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten zugesehen, wie ihnen die Corona-Pandemie entgleitet. Eigentlich war schon bei ihrer stundenlangen Sitzung Anfang Dezember klar, dass der sogenannte Lockdown light nicht reichen würde, um die Infektionszahlen zu senken. Fast flehentlich hatten Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer deshalb appelliert, die geplanten Lockerungen zwischen Weihnachten und Neujahr bloß nicht auszunutzen, die sie selbst gewährt hatten.
Das steht im Beschlussentwurf für den Corona-Gipfel
Der Einzelhandel wird vom 16. Dezember bis zum 10. Januar geschlossen, Ausnahmen gelten für Geschäfte, die den täglichen Bedarf decken.
Dazu zählen: Lebensmittelläden, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkauf, Tierbedarf, Futtermittelmärkte, Weihnachtsbaumverkauf und Großhandel.
Schulen sollen grundsätzlich geschlossen werden, oder die Präsenzpflicht wird ausgesetzt. Es wird eine Notfallbetreuung sichergestellt und Distanzlernen angeboten. Für Abschlussklassen können gesonderte Regelungen gelten.
In Kindertagesstätten wird analog verfahren. Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen.
Arbeitgeber werden dringend gebeten zu prüfen, ob Unternehmen entweder durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen geschlossen werden können.
Das Trinken alkoholischer Getränke im öffentlichen Raum wird vom 16. Dezember bis 10. Januar untersagt. Verstöße werden mit einem Bußgeld belegt.
Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird generell verboten. Am Silvestertag und Neujahrstag gelten bundesweit ein An- und Versammlungsverbot sowie ein Feuerwerksverbot auf vielbesuchten Plätzen, die von den Kommunen festgelegt werden.
Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen.
Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo- und Logotherapien sowie Podologie/Fußpflege bleiben weiter möglich.
Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind nur zulässig, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern gewahrt werden kann. Es gilt Maskenpflicht auch am Platz, der Gemeindegesang ist untersagt. Wenn volle Besetzung erwartet wird, sollen sich die Besucher anmelden.
Für Alten- und Pflegeheime sowie mobile Pflegedienste sollen besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden. Der Bund unterstützt diese mit medizinischen Schutzmasken und durch die Übernahme der Kosten für Antigen-Schnelltests.
Die Länder werden eine verpflichtende Testung mehrmals pro Woche für das Personal in den Alten- und Pflegeeinrichtungen anordnen. In Regionen mit erhöhter Inzidenz soll der Nachweis eines aktuellen negativen Coronatests für die Besucher verbindlich werden.
Eigentlich war ihnen seinerzeit auch schon bewusst, dass Kindergärten, Schulen und der Handel nicht offen bleiben können. Die Ansteckungszahlen sendeten eine klare Botschaft, denn sie blieben konstant hoch. Die Corona-Landkarte färbte sich überall in Deutschland dunkelrot. Und eigentlich wussten sie auch schon vor gut zwei Wochen, dass die verschiedenen Ausnahmen hier und dort an Akzeptanz kosten.
Corona-Pandemie: Im Alltag suchten zu viele das Schlupfloch
Zwar erklärt die große Mehrheit der Deutschen in Umfragen regelmäßig, dass sie die Zumutungen in der Pandemiebekämpfung mitträgt, doch im Alltag suchten zu viele eben doch das Schlupfloch oder ließen die Disziplin schleifen. Glühwein zum Mitnehmen ersetzte den Bummel über den Weihnachtsmarkt. Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach.
Nun muss Deutschland das Virus einfangen, das ihm davongeeilt ist. Gut zwei Wochen haben Bund- und Landesregierungen dabei verloren. Es war richtig, es im November zunächst mit leichteren Einschränkungen zu versuchen, um die zweite Welle zu brechen. Vor vier Wochen entschieden Bund und Länder, die Zügel etwas anzuziehen. Auch der Autor dieser Zeilen hatte geglaubt, dass das reichen würde. Doch weil eine eindeutige Botschaft fehlte, weil die Ansprache zwischen „eigentlich ungut, aber doch erlaubt“ schwankte, war der Ansatz schließlich zum Scheitern verurteilt.
Die Politik hat zu lange an den mündigen Bürger geglaubt
Jetzt wird Härte verordnet, weil es nicht mehr anders geht. Vorwerfen kann man den Mächtigen des Landes, dass sie zu lange an den mündigen Bürger geglaubt haben. Dass nun die Freiheit eines Jeden rigide beschnitten wird, müssen sich hierzulande Millionen selbst vorwerfen.
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