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Merkel in Brüssel: Merkels Credo zur EU-Ratspräsidentschaft: Gestärkt aus der Corona-Krise

Merkel in Brüssel

Merkels Credo zur EU-Ratspräsidentschaft: Gestärkt aus der Corona-Krise

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    Mutmachen in Zeiten der Corona-Krise: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Plenum des Europäischen Parlaments zum Auftakt der deutschen Ratspräsidentschaft.
    Mutmachen in Zeiten der Corona-Krise: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Plenum des Europäischen Parlaments zum Auftakt der deutschen Ratspräsidentschaft. Foto: Yves Herman, dpa

    Die Erwartungen an die Bundeskanzlerin sind hoch. „Von Deutschland hängt heute die Zukunft Europas ab“, drückte es die Spanierin Iratxe Pérez am Mittwoch aus, die Chefin der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Angela Merkel absolvierte vor der wegen Covid-19 immer noch löchrig besetzten Abgeordnetenkammer in Brüssel ihren Antrittsbesuch als Chefin der deutschen Ratspräsidentschaft.

    Was üblicherweise eher ein Pflichttermin gewesen wäre, bekam eine besondere Bedeutung: Schließlich stehen in den nächsten Tagen die vielleicht wichtigsten Entscheidungen der EU innerhalb der nächsten sieben Jahre an. Ende kommender Woche sollen, wenn alles gut läuft, beim Gipfeltreffen in Brüssel der siebenjährige Mammut-Haushaltsrahmen vereinbart und das gigantische Wiederaufbau-Paket verabschiedet werden. Es wäre die Munition gegen die Krise. Und Merkel soll es richten.

    Die Kanzlerin liefert in Brüssel Mutmacher-Botschaften

    Die Kanzlerin lieferte denn auch, was erwartet wurde: Mutmacher-Botschaften. „Ich bin überzeugt: Europa wird stärker werden als vor der Krise, wenn wir zusammenhalten.“ Man dürfe die Union „jetzt nicht nur kurzfristig stabilisieren, sondern wir brauchen einen Aufbruch für Europa“. Es werde noch viel Kompromissfähigkeit nötig sein, auch von Ihnen, schrieb sie den Abgeordneten ins Gedächtnis. Und sie teilte gegen die Populisten im EU-Parlament und unter ihren Amtskollegen aus: „Dem Fakten leugnenden Populismus in der Krise werden gerade seine Grenzen aufgezeigt. Wir halten mit Wahrheiten und Transparenz dagegen.“

    Dass die deutsche Regierungschefin sogar noch ein Bonbon für das in Sachen Klimaneutralität so engagierte Europäische Parlament mitgebracht hatte, ging fast unter: „Ich will die Klimaneutralität 2050 festschreiben. Deshalb begrüße ich das Ziel, die Emissionen bis 2030 um 50 oder 55 Prozent zu senken.“ Das hatte bisher nicht einmal die eigene christdemokratische Fraktion in der EU-Abgeordnetenkammer zu fordern gewagt.

    Am Donnerstag solle es um Haushaltsplan und Wiederaufbau-Fonds gehen

    Doch Merkel weiß, dass sie ihr erstes Meisterstück im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft erst noch ablegen muss. Am Dienstagabend traf sie sich mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Parlamentspräsident David Sassoli und EU-Ratspräsident Charles Michel. Der Belgier will am Donnerstagabend einen Kompromissvorschlag für die mittelfristige Haushaltsplanung sowie zum Wiederaufbau-Fonds vorlegen.

    Der Widerstand von zumindest vier Ländern – genannt die „sparsamen Vier“ – gegen die Vergabe von nicht rückzahlbaren Zuschüssen in Höhe von insgesamt 500 Milliarden Euro ist ungebrochen und könnte schon den ersten Schritt hin zum Aufbruch stoppen.

    Ein Scheitern des Gipfeltreffens Ende nächster Woche, des ersten persönlichen Aufeinandertreffens der 27 EU-Staats- und Regierungschefs seit dem Ausbruch der Pandemie, würde Merkel angehängt. Die gab gestern das Ziel aus: Noch im Laufe dieses Monats brauche man eine Einigung in diesen Fragen, um dann mit den konkreten Wiederaufbau-Hilfen zu beginnen. Denn der August fällt wegen der Sommerpause de facto aus. Und im September dauert es üblicherweise mehrere Wochen, ehe das parlamentarische Räderwerk der EU wieder in Gang kommt. Das ist auch deswegen wichtig, weil jede Einigung in Sachen Geld immer auch die Zustimmung des EU-Parlamentes braucht.

    Merkel konnte die Parlamentarier auch emotional berühren

    Der christdemokratischen Bundeskanzlerin schlug am Mittwoch viel Wohlwollen, ja sogar offene Unterstützung von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen entgegen. Das lag nicht zuletzt daran, dass Merkel die Volksvertreter wohl auch emotional berührte – mit ihrem klaren Bekenntnis zu den Grundrechten, bei dem sie auf ihre eigene 35-jährige Lebensgeschichte „in einem System der Unfreiheit“ verwies. Und die Bürgerrechte als „das kostbarste Gut“ bezeichnete: „Eine Pandemie darf nie ein Vorwand sein, um Freiheiten einzuschränken.“ Und sie bewegte mit ihrer persönlichen Aussage, ihr als Musikliebhaberin gehe die 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven nahe. Denn die Botschaft der Europa-Hymne liege in der Betonung von „Brüderlichkeit und Einigkeit“. Merkel: „Das ist genau das, was Europa in dieser Situation braucht.“

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