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Menschenrechte: China lässt Friedensnobelpreisträger zum Sterben frei

Menschenrechte

China lässt Friedensnobelpreisträger zum Sterben frei

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    Preisverleihung in Abwesenheit: Liu Xiaobo bekam 2010 den Friedensnobelpreis zugesprochen. Doch das Regime gewährte keine Haftverschonung.
    Preisverleihung in Abwesenheit: Liu Xiaobo bekam 2010 den Friedensnobelpreis zugesprochen. Doch das Regime gewährte keine Haftverschonung. Foto: Junge, dpa

    Joachim Gauck hatte sich als Bundespräsident für Liu Xiaobos Entlassung starkgemacht. Jetzt erfolgt sie unter traurigen Vorzeichen. Der Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger kommt in China aus der Haft frei, weil er an unheilbarem Leberkrebs erkrankt ist. Liu ist unter vielen in

    Nach dem ersten Jahr in Gefangenschaft hat Liu Xiaobo 2010 den Friedensnobelpreis für sein Engagement erhalten. Damit war Liu siebzig Jahre nach Carl von Ossietzky der zweite Regimekritiker, der den Nobelpreis in Haft zugesprochen bekam. Die chinesische Regierung war außer sich vor Wut, brach die diplomatischen Beziehungen zu Norwegen ab und ließ durchblicken, dass an eine Begnadigung nun nicht mehr zu denken sei. Genauso hatten es auch die Nazis seinerzeit gemacht.

    Als junger Akademiker hatte Liu 1989 am Tor des Himmlischen Friedens für Demokratie demonstriert. Das brachte ihm eine erste, noch kurze Gefängnisstrafe ein. Die blutige Niederschlagung der friedlichen Proteste blieb ein prägendes Erlebnis für ihn. Die Szenen hatten ihn traumatisiert, waren später aber auch Antrieb für weiteres Engagement. Die gesamten 90er-Jahre über setzte er sich trotz aller Drohungen für Systemreformen ein.

    Das Regime steckte ihn ins Arbeitslager. Immerhin erhielt er einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Universität Peking. Im Pekinger Olympiajahr 2008 entwarf und unterschrieb er die „Charta 08“, in der er und viele weitere Intellektuelle die Vision eines anderen Chinas entwarfen: als Land, in dem die Jugend politisch aktiv ist, in dem die Gesetze über der Partei stehen und nicht umgekehrt – und in dem verfassungsgemäß mehrere Parteien konkurrieren.

    Dieses Dokument hatte eine unerwartet große Durchschlagskraft. Es verbreitete sich rasch im Netz und löste Begeisterung aus. Verschiedene Widerstandsgruppen identifizierten sich mit den Thesen und fingen an, sich zu vernetzen.

    Der Staat wurde nervös. Zensur und Geheimdienst stürzten sich mit besonderem Zorn auf die Unterzeichner. Trotz des liberaleren Klimas der Jahre zuvor: Niemand durfte das Machtmonopol der Kommunisten infrage stellen. Liu wurde wegen Untergrabung der Autorität des Staates zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Amnesty International sprach von einem Schauprozess.

    Carl von Ossietzky verlegten die Nazis im Berliner Olympiajahr 1936 aus medizinischen Gründen vom Lager ins Krankenhaus. Er hatte sich, stark geschwächt, in der Haft mit Tuberkulose angesteckt. Die Parallele mit Liu ist verblüffend.

    Während das Schicksal des chinesischen Dissidenten international erhebliche Aufmerksamkeit erhält, kennt in China kaum jemand seinen Namen. Die Medien des Landes berichteten nicht über die Verlegung vom Gefängnis ins Krankenhaus. Erst als sein Anwalt darüber informierte, wurde die Entscheidung bekannt. „Sein Name ist heute in China unbekannt und verunglimpft, doch eines Tages wird er als Held anerkannt werden“, hofft seine Frau Liu Xia.

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