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Menschenrechte: Bundesverfassungsgericht urteilt heute über Sicherheitsverwahrung

Menschenrechte

Bundesverfassungsgericht urteilt heute über Sicherheitsverwahrung

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    Hinter Gittern.
    Hinter Gittern.

    Was tun mit Straftätern, die ihre Strafe abgesessen haben, aber noch als gefährlich gelten? Weiter einsperren und damit unter Umständen Menschenrechte verletzten oder freilassen und damit eventuell die Bevölkerung gefährden?

    Eine Antwort auf die Frage der Sicherungsverwahrung wird heute das Bundesverfassungsgericht geben. An diesem Mittwoch gegen 10 Uhr wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwartet.

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte die Sicherungsverwahrung in einigen Fällen für menschenrechtswidrig erklärt. Nun herrscht in Politik und Justiz Unsicherheit.

    Vier Männer aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hatten in Karlsruhe geklagt. Zwei von ihnen sitzen seit mehr als zehn Jahren in Verwahrung, obwohl bei ihrer Verurteilung eine Höchstgrenze von zehn Jahren galt. Der EGMR hat in mehreren Fällen entschieden, dass diese "rückwirkende Verlängerung" der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt.

    Im Urteil keine Rede von der Verwahrung

    Gegen die beiden anderen Männer wurde erst im Nachhinein - nachdem sie ihre Strafhaft schon ganz oder fast vollständig verbüßt hatten - die Sicherungsverwahrung angeordnet, obwohl im Urteil davon noch keine Rede war. Auch diese Fallgruppe ist äußerst umstritten. Der Bundesgerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall im vergangenen Jahr die sofortige Freilassung angeordnet.

    Die einzelnen Strafsenate des Bundesgerichtshofs sind sich jedoch untereinander auch nicht einig: Während der 4. Strafsenat - wie auch einige Oberlandesgerichte - die sofortige Freilassung anordnete, betont der 5. Senat, es dürfe keine "automatische" Entlassung von Sicherungsverwahrten geben, selbst wenn die Verwahrung gegen die EMRK verstößt.

    Mittlerweile hat die Politik reagiert: Mit dem sogenannten "Therapieunterbringungsgesetz" sollte eine Grundlage geschaffen werden, um auch solche Gewalttäter weiterhin einzusperren, die nach den Entscheidungen des EGMR eigentlich freigelassen werden müssten - nur, dass das Einsperren dann "Therapieunterbringung" heißt und nicht mehr in Gefängnissen, sondern in gesonderten "geschlossenen Einrichtungen" stattfinden soll.

    Ob diese Lösung den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zufriedenstellen wird, ist noch nicht klar - aber dass es auch so nicht einfach wird, zeigt ein Streit aus Baden-Württemberg: Dort will die Stadt Freiburg einen ehemaligen Sicherungsverwahrten in die neue "Therapieunterbringung" einweisen lassen. Das Landgericht lehnt eine Unterbringung jedoch ab, weil es keine geeignete Einrichtung dafür gebe. Dafür wiederum wäre die Landesregierung zuständig - doch die tut sich schwer damit, einen geeigneten Standort zu finden. Nun will das Sozialministerium ein Gebäude herrichten, das aber auf dem Gelände der JVA Heilbronn steht - innerhalb der Gefängnismauern. Das aber scheint Experten zweifelhaft, weil die neue Unterbringung gerade nichts mit dem Strafvollzug zu tun haben soll.

    Wie die Sicherheitsverwahrung konkret realisiert ist, könnte von Bedeutung sein. Das war jedenfalls ein zentrales Thema in der mündlichen Verhandlung im Februar vor dem Bundesverfassungsgericht. Erforderlich sei ein Gesamtkonzept, das sich ausreichend vom Strafvollzug unterscheide, sagte Verfassungsrichter Herbert Landau. "Das Abstandsgebot meint sicherlich nicht, dass Sicherungsverwahrte 1,2 Quadratmeter mehr Haftfläche haben." dpa

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