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Meinung: Der Bonn-Berlin-Unsinn

Meinung

Der Bonn-Berlin-Unsinn

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    Die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin steht mehr denn je auf dem Prüfstand. Experten fordern, alle Ministerien nach Berlin zu verlegen.
    Die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin steht mehr denn je auf dem Prüfstand. Experten fordern, alle Ministerien nach Berlin zu verlegen. Foto: Rainer Jensen/dpa

    Im ehemaligen Bundeskanzleramt sitzt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In den „Langen Eugen“, das einstige Abgeordneten-Hochhaus am Rheinufer, sind mittlerweile 19 Sekretariate der Vereinten Nationen eingezogen. Der Plenarsaal des Bundestags ist Teil des „World Conference Center“ und steht für Kongresse zur Verfügung. Und mit der Telekom und der Post sind zwei Dax-Schwergewichte mit zehntausenden Arbeitsplätzen ansässig.

    Bonn – das bestreiten nicht einmal die Verantwortlichen im schmucken Rathaus – boomt. Der Umzug von Bundestag und Bundesregierung von

    "Bonn-Berlin-Gesetz" auf dem Prüfstand

    Insofern ist es alles andere als ein Sakrileg, 26 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands das sogenannte Bonn-Berlin-Gesetz auf den Prüfstand zu stellen und zu fragen, ob die 1994 beschlossene Arbeitsteilung zwischen dem früheren Regierungssitz am Rhein und der neuen Hauptstadt an der Spree überhaupt noch sinnvoll ist.

    Dass jetzt mit Bauministerin Barbara Hendricks ausgerechnet eine Nordrhein-Westfälin zu dem Ergebnis kommt, dass die Doppelstrukturen die Arbeit der Regierung lähmen und zu unzähligen Dienstreisen führen, die viel wertvolle Arbeitszeit und noch mehr Geld kosten, belegt, dass selbst die überparteiliche NRW-Lobby am Bröckeln ist, die bislang jede Veränderung am Bonn-Berlin-Gesetz zu verhindern wusste. Auch wenn sich Hendricks einer politischen Bewertung ihres Berichts entzieht, ist die Botschaft doch unmissverständlich. Die Zeit für einen Komplettumzug ist reif.

    Kein Argument spricht für die Arbeitsteilung

    In der Tat gibt es kein Argument, das für die Arbeitsteilung spricht, wonach sechs Ministerien unverändert ihren Hauptsitz in Bonn haben, obwohl alle Ministerinnen und Minister mit ihren wichtigsten Mitarbeitern seit 1999 in Berlin ihrer Arbeit nachgehen. Berlin ist das Zentrum der Macht, auch die Diplomaten, Verbände und Lobbyisten sind längst an die Spree gezogen. Selbst im Zeitalter von Smartphone und Internet, von Skype und WhatsApp, geht im politischen Geschäft nichts über den direkten Kontakt und das persönliche Gespräch. Doppelstrukturen sind teuer und aufwendig, sorgen für lange Dienstwege und Komplikationen. Und die Jungen wollen ohnehin nach Berlin.

    Bonn muss nicht fürchten, in ein tiefes, dunkles Loch zu fallen. Durch eine geschickte Umstrukturierung der Ministerien und ihre Teilumwandlung in oberste Bundesbehörden ließe sich der Verlust der Arbeitsplätze teilweise kompensieren, nicht alle Betroffenen müssten umziehen. So schlug eine vom Verteidigungsministerium eingesetzte Kommission schon vor Jahren vor, das Haus nach Berlin zu verlegen – und im Gegenzug auf der Bonner Hardthöhe Teile der aus dem Ministerium ausgegliederten Führungsebene anzusiedeln.

    Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Allerdings hatte schon der erste Umzug im Jahre 1999 keine Reform der Ministerialbürokratie und keinen Umbau der Verwaltungsstrukturen zur Folge. Unverändert gilt das Gesetz, das der Brite Cyril N. Parkinson schon vor mehr als 60 Jahren niedergeschrieben hat: Die Bürokratie kennt nur eine Entwicklung – sie bläht sich immer weiter auf, denn sie benötigt immer mehr Personal, um sich selbst zu verwalten. Das Bonn-Berlin-Gesetz bestätigt dies eindrucksvoll.

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