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Mehrheit gegen Comeback: Ein Jahr danach: Die Stille um zu Guttenberg

Mehrheit gegen Comeback

Ein Jahr danach: Die Stille um zu Guttenberg

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    Karl-Theodor zu Guttenberg - die Mehrheit der Deutschen ist gegen seine Rückkehr in die Politik. Das hat eine Umfrage ergeben.
    Karl-Theodor zu Guttenberg - die Mehrheit der Deutschen ist gegen seine Rückkehr in die Politik. Das hat eine Umfrage ergeben.

    Ein Jahr ist es her, dass Karl-Theodor zu Guttenberg vom Amt des Verteidigungsministers zurückgetreten ist. Guttenberg hatte eine Zeit der Reue und Buße angekündigt, probte aber bereits nach einem halben Jahr schon vorsichtig ein Comeback in die Politik. Es misslang. Und die Begeisterung der Deutschen über eine mögliche Rückkehr zu Guttenbergs in die Politik ist eher verhalten. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die dpa sprachen sich 51 Prozent der Befragten dagegen aus. Nur 34 Prozent waren eher dafür.

    Um Karl-Theodor zu Guttenberg ist es inzwischen still geworden. Guttenberg machte als letztes Schlagzeilen mit einer Schwarzwälder Kirschtorte. Spaßguerilleros der "Hedonistischen Internationale"hatten den Freiherrn bei einem Treffen mit einem Internetaktivisten in Berlin-Friedrichshain aufgespürt und zu Guttenberg die Torte ins Gesicht gedrückt. Guttenberg reagierte gelassen. "Da muss ich halt durch", soll er gesagt haben.

    Guttenberg: Zeit der Reue und Buße

    Chronologie der Affäre Guttenberg

    15. Februar 2011: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet vorab über mögliche Plagiate in der Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Arbeit wurde 2006 an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eingereicht. Guttenberg hatte dafür die Bestnote summa cum laude erhalten.

    16. Februar: In der "Süddeutschen Zeitung" stehen erste Plagiatsbeispiele, die der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano festgestellt hat. Guttenberg weist die Vorwürfe noch als "abstrus" zurück.

    Kurz darauf berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe, dass die Einleitung der Doktorarbeit aus einem Artikel in dem Blatt abgeschrieben sein soll. Der einleitende Absatz der Arbeit decke sich fast wortwörtlich mit einem 1997 erschienenen Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig.

    17. Februar: Während Guttenberg die deutschen Truppen in Nordafghanistan besucht, werden in Deutschland fast stündlich neue Plagiatsvorwürfe laut. Erstmals werden Rufe nach einem Rücktritt laut. Im Internet wird eine Webseite für die Schummel-Recherche eröffnet. Unter "Guttenplag-Wiki" sollen die Vorwürfe gegen den CSU-Politiker gesammelt und bewertet werden.

    18. Februar: Erstmals gehen Strafanzeigen gegen Guttenberg wegen der Plagiatsvorwürfe ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt ihrem Minister Unterstützung für den Fall zu, dass er sich zu den Vorwürfen erkläre.

    In einem eilig einberufenen Pressestatement entschuldigt sich Guttenberg am Mittag für "Fehler" und erklärt, er werde seinen Doktortitel bis zur Aufklärung durch die Uni Bayreuth nicht führen. Zugleich versichert er erneut: "Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat."

    21. Februar: Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen wollen die Plagiatsvorwürfe zum Thema im Bundestag machen. "Guttenplag-Wiki" legt einen Zwischenbericht vor: Danach stehen 271 Seiten der Dissertation oder knapp 70 Prozent unter Plagiatsverdacht.

    22. Februar: Der Wissenschaftsverlag Duncker und Humblot will Guttenbergs Doktorarbeit künftig weder ausliefern noch neu auflegen.

    23. Februar: Die Universität Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel.

    28. Februar: Wissenschaftler übergeben einen von 23.000 Doktoranden unterzeichneten offenen Brief an Merkel, in dem sie der CDU-Politikerin in der Plagiatsaffäre eine "Verhöhnung" aller wissenschaftlichen Hilfskräfte vorwerfen.

    1. März: Guttenberg gibt seine politischen Ämter auf, wie er in einem kurzfristig anberaumten Statement erklärt. "Das ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens", sagt er.

    3. März: Guttenberg legt auch sein Bundestagsmandat nieder.

    7. März: Die Staatsanwaltschaft Hof nimmt Ermittlungen gegen Guttenberg auf.

    8. April: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Universität offenbar davon ausgeht, dass Guttenberg absichtlich getäuscht hat.

    15. April: Guttenberg hat kein politisches Mandat mehr. Der Kreistag des oberfränkischen Landkreises Kulmbach stimmt einstimmig Guttenbergs Antrag auf Niederlegung seines Amtes zu.

    6. Mai: Jetzt ist es amtlich: Die Universität Bayreuth geht in ihrem Abschlussbericht davon aus, dass Guttenberg absichtlich getäuscht habe. "Nach eingehender Würdigung der gegen seine Dissertationsschrift erhobenen Vorwürfe stellt die Kommission fest, dass Herr Freiherr zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat".

    11. Mai: Die Universität stellt den über 80 Seiten langen Abschlussbericht inklusive einer Übersicht einiger der Zitierverstöße Guttenbergs in Bayreuth vor. "Evidente Plagiate" hätten sich über die ganze Arbeit verteilt gefunden.

    23. November: Die Staatsanwaltschaft Hof gibt bekannt, dass die Ermittlungen gegen Guttenberg gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro eingestellt wurden.

    Der Kommentar passt auf das gesamte erste Jahr nach seinem Rücktritt. Am 1. März 2011 räumte Guttenberg seinen Posten an der Spitze des Verteidigungsministeriums, weil aufgeflogen war, dass zahlreiche Passagen in seiner Doktorarbeit nicht aus seiner Feder stammen. Es stehe nun eine "Zeit der Reue, wahrscheinlich auch der Buße" bevor, sagte der CSU-Politiker beim Großen Zapfenstreich zu seinem Abschied.

    Zunächst sah es so aus, als ob sich der Oberfranke daran halten würde. Mit seiner Frau Stephanie und seinen beiden Kindern tauchte Guttenberg ab. Er suchte sich ein neues Zuhause an der Ostküste der USA, heuerte bei der renommierten Washingtoner Denkfabrik CSIS als "herausragender Staatsmann" an und wartete ab, bis die Ermittlungen gegen ihn eingestellt wurden.

    Guttenberg und seine Doktorarbeit

    Das ist Karl-Theodor zu Guttenberg

    Karl-Theodor zu Guttenberg hat eine steile Karriere hinter sich. Dann brachte ihn die eigene Eitelkeit zu Fall - vorläufig

    Sein voller Name lautet Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Er wurde am 5. Dezember 1971 in München geboren.

    Nachdem er den Grundwehrdienst bei den Gebirgsjägern in Mittenwald absolviert hatte, diente er freiwillig für weitere drei Monate. Guttenberg verließ die Bundeswehr als Stabsunteroffizier auf Reserve.

    Von 1992 - 1999 studierte er Jura an der Universität Bayreuth. Das erste Staatsexamen bestand er mit 6,8 Punkten (befriedigend). Sein zweites Staatsexamen steht bis heute aus. Parallel dazu studierte er Politikwissenschaft in München

    Guttenberg promovierte bei dem Juristen Dr. Peter Häberle. Das Thema seiner Doktorarbeit lautete: "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU." Als sich die Plagiatsvorwürfe bestätigten, wurde ihm der Doktortitel am 23. Februar 2011 wieder aberkannt.

    2002 heiratete er Gräfin Stefanie von Bismarck-Schönhausen. Sie ist eine Ururenkelin von Reichskanzler Otto von Bismarck. Die Guttenbergs haben zwei Töchter.

    2002 ging Karl-Theodor zu Guttenberg auch in die Politik. Er war Vorsitzender im CSU-Verband der Gemeinde Guttenberg, später auch im CSU-Bezirksverband Oberfranken. Ab 2002 war er gewähltes Bundestagsmitglied.

    Am 9. Februar 2009 übernahm er in Merkels Kabinett das Amt des Ministers für Wirtschaft und Technologie. Mit 37 war er damit der jüngste Wirtschaftsminister, den Deutschland jemals hatte.

    Im Oktober 2009 wurde er deutscher Verteidigungsminister. Wieder stellte er einen Rekord auf. Vor ihm hatte es nie einen jüngeren Amtsinhaber gegeben. Ein Luftangriff bei Kunduz, bei dem auch Zivilisten getötet wurden, brachte ihn gleich zu Beginn seiner Amtszeit in eine schwierige Lage.

    Die Plagiatsaffäre kostete zu Guttenberg 2010 das Vertrauen vieler Anhänger. Es wird bekannt, dass weite Teile seiner Doktorarbeit Plagiate, also ohne klare Quellenangaben abgeschrieben waren. Wenig später legte er alle seine Ämter nieder. Die Ermittlungen in der Affäre wurden später gegen Geldauflage eingestellt.

    Im Juli 2011 kündigten die Guttenbergs an, Anfang September für einige Zeit nach Connecticut (USA) zu ziehen, um dort eine Auszeit zu nehmen.

    Vier Monate später, im November 2011, ist zu Guttenberg plötzlich wieder da - mit einem ausführlichen Interview in der "Zeit" und einem Buch namens "Vorläufig gescheitert". Darin greift der Ex-Minister seine Partei CSU an und bestreitet weiter, vorsätzlich bei seiner Doktorarbeit betrogen zu haben.

    Dezember 2011: Der Ex-Verteidigungsminister soll für die EU-Kommission als Berater in Sachen Internetsicherheit tätig werden. Er soll dabei helfen, Internetnutzer, Blogger und Cyber-Aktivisten in autoritären Regimen kontinuierlich zu unterstützen.

    Was dann folgte war ein Paukenschlag auf 208 Seiten: Nur wenige Tage nach der Entscheidung der Staatsanwälte startete Guttenberg mit dem Buch "Vorerst gescheitert" den Versuch, sich zurück in die politische Öffentlichkeit zu katapultieren. Neue Erklärungen für die abgekupferten Stellen in seiner Doktorarbeit enthielt das Interview mit "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo nicht. Dafür griff der Freiherr die Universität Bayreuth, politische Weggefährten und die CSU als Ganzes an und kokettierte mit der Gründung einer neuen Partei. Vor allem mit großen Teilen der eigenen Partei verscherzte er es sich damit.

    Trotzdem machte CSU-Chef Horst Seehofer ihm Anfang Januar das Angebot, relativ schnell auf die politische Bühne zurückzukehren. Zwei Wochen später sagte Guttenberg ab. "Zuweilen werde ich mich zu außenpolitischen Themen äußern. Allerdings nicht als Politiker, sondern als politisch denkender Mensch", schrieb er in einem Brief an seine Parteifreunde. Er werde aber "auf lange Sicht" keine öffentlichen Auftritte in Deutschland mehr wahrnehmen.

    In dem Brief schrieb Guttenberg von "neuen Aufgaben", die er wahrnehmen wolle. Für die US-Denkfabrik CSIS hat er bisher keine öffentliche Termine absolviert und wird nicht einmal auf der Expertenliste des Instituts im Internet geführt. Neben seinem Engagement in den USA war Guttenberg im Dezember von EU-Kommissarin Neelie Kroes als Berater für die Freiheit im Internet präsentiert worden. Als solcher ist er bisher öffentlich aber auch nur wegen der Torten-Attacke in Berlin wahrgenommen worden.

    Für einen zweiten Versuch eines politischen Comebacks ist Guttenberg noch jung genug. dpa/AZ

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