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Medien: Wie Großbritannien Deutschland als großes Vorbild entdeckt

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Wie Großbritannien Deutschland als großes Vorbild entdeckt

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    Großbritannien hat Deutschland offenbar als großes Vorbild entdeckt. Der New Statesman stellt in seiner aktuellen Ausgabe die Frage: „Why can’t we be more like Germany?“
    Großbritannien hat Deutschland offenbar als großes Vorbild entdeckt. Der New Statesman stellt in seiner aktuellen Ausgabe die Frage: „Why can’t we be more like Germany?“ Foto: New Statesman, Screenshot: AZ

    Liebe Briten, was ist denn mit euch los? Bewundert ihr uns etwa? War es womöglich eine seltsam-verdrehte Art, uns eure Zuneigung zu zeigen, indem ihr uns Deutsche als „krauts“ oder „huns“ beschimpft habt? All die langen Jahre!

    Und nun diese Titelgeschichte im aktuellen New Statesman: „Why can’t we be more like Germany?“ Haben wir uns da verlesen? „Warum“, fragen sich Autoren des eher linken Polit-Magazins, „können wir nicht mehr wie Deutschland sein?“ Großbritannien komme im Vergleich zu Deutschland schlecht weg – ob in der Politik oder im Fußball – und könne von Deutschland lernen. Auf der Titelseite sehen wir Bundeskanzlerin Angela Merkel und Fußballstar Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern München.

    Britische Medien loben Deutschlands Krisenmanagement

    Ja, das hat euch getroffen: Kein englischer Fußballverein hat das Viertelfinale der Champions League erreicht. Dafür stehen Borussia Dortmund und Bayern München im Finale, im Londoner Wembley-Stadion. Ausgerechnet. Die konservative Tageszeitung The Daily Telegraph schrieb voller Bewunderung von einem „Statement der deutschen Macht“. Der New Statesman erklärt die Fußball-Übermacht damit, dass Deutschland die richtigen Schlüsse aus den Krisen der vergangenen Jahre gezogen habe – in der Politik wie im Fußball. So habe man eigene Talente gefördert, statt auf teure ausländische Profis zu setzen. Gut erkannt, schließlich sind englische Vereine zum Spielball von Milliardären aus aller Welt geworden.

    Hinzu kommen in der britischen Presse Lob und Preis für die „Agenda 2010“-Reformen des früheren Kanzlers Gerhard Schröder. Brian Groom von der Financial Times stellte bereits Mitte April fest, dass sich führende britische Politiker zunehmend von Deutschland inspirieren lassen: „Sie alle wollen jetzt deutsch sein.“ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Sparkassen, das Fraunhofer-Institut, überhaupt: der Mittelstand – die Briten haben Deutschland als Vorbild entdeckt.

    Merkel als Terminator: Großbritannien ändert seine Meinung

    Noch vor kurzem stellten britische Medien unsere Bundeskanzlerin als Terminator dar. Sie sei "der gefährlichste deutsche Führer seit Hitler" meinte ein Journalist - jetzt kommen auf einmal ganz andere Töne von der Insel.
    Noch vor kurzem stellten britische Medien unsere Bundeskanzlerin als Terminator dar. Sie sei "der gefährlichste deutsche Führer seit Hitler" meinte ein Journalist - jetzt kommen auf einmal ganz andere Töne von der Insel. Foto: dpa

    Bis der New Statesman das erkannte, hat es allerdings gedauert. Erst im Juni 2012 hatte das Magazin Angela Merkel zu „Europas gefährlichster Führungsfigur“ gekürt – und sie als „Terminator“ gezeigt, als menschenähnlichen Roboter. Eine Tötungsmaschine. Merkel sei „der gefährlichste deutsche Führer seit Hitler“, schrieb Autor Mehdi Hasan. Sie müsse gestoppt werden. Warum? Weil sie die größte Bedrohung für die globale Ordnung sei, gefährlicher als Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Warum also? Weil Merkels Weg aus der Finanzkrise

    Im Mai 2013 stimmen die Autoren Philip Oltermann, Jonathan Wilson und Maurice Glasman im New Statesman dann ein dreifaches Hoch auf die Soziale Marktwirtschaft an. Gleichwohl stichelt Oltermann: „Germany the football nation? Hard to imagine without the Fußball-Mutterland.“ Die Fußball-Nation Deutschland sei schwer vorstellbar ohne England, das Mutterland des Fußballs. Ach, ihr Briten, ihr könnt es nicht lassen!

    Schottische Medien finden verbreitete Deutschland Klischees "nicht mehr witzig"

    Wenn ihr mal wieder über uns herzieht, erinnern wir uns einfach an Alan Hall. Der fragte 2003 in der schottischen Zeitung The Scotsman: „Warum lachen wir immer noch über Deutschland?“ Seine Antwort: „Ich habe keinen blassen Schimmer.“ Die verbreiteten Klischees über Deutschland, Hitler-Witze und -gruß seien nicht mehr witzig. Niemand trage schwerer an der Last der Schuld für die Verbrechen des Dritten Reiches als die Deutschen.

    Inzwischen hat selbst The Sun, im Januar 2013, zehn Gründe gefunden, „warum wir Deutschland lieben“ – Rudi Völler, einst Torjäger der Fußballnationalmannschaft, ist einer. Nach der Wahl Joseph Ratzingers zu Papst Benedikt XVI. titelte das Boulevardblatt vor acht Jahren noch gehässig: „From Hitler Youth to Papa Ratzi“ (etwa: „Von der Hitlerjugend zum Papa Ratzi“).

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