Wenn Pressekonferenzen kurzfristig anberaumt werden, deutet das auf eine gewisse Brisanz hin. Brisant ist die Lage der CSU, die im Zentrum der Maskenaffäre steht und in Umfragen zuletzt massiv abgestürzt ist, ohne Zweifel. "Für die CSU steht eine Menge auf dem Spiel", sagt Parteichef Markus Söder am Sonntag während seines spontanen Auftritts vor Journalisten. Was er nicht sagt: Auch für ihn selbst steht viel auf dem Spiel. Er muss beweisen, dass er ernsthafte Konsequenzen aus dem Skandal um dubiose Geschäfte seiner Parteifreunde ziehen will. CSU-Generalsekretär Markus Blume lässt an diesem Vorsatz zumindest rhetorisch keine Zweifel: "Heute ist der Tag des Aufklärens und Aufräumens."
Aufräumen muss die CSU in ihren eigenen Reihen: Die Partei setzt künftig auf härtere Transparenzregeln, schreibt ihren Parlamentariern also genauer vor, was sie neben ihrem Mandat dürfen und was nicht. Söder betonte, dass es um eine grundlegende Reform gehe, gar um eine neue CSU mit neuen Regeln und einem neuen Geist.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter
Konkret dürfen Politiker, die eine Führungsaufgabe für die CSU in Parlamenten übernehmen, künftig keine gewerbsmäßigen Nebentätigkeiten mehr ausüben. Bezahlte Interessensvertretung, also Lobbyarbeit, soll komplett verboten werden. Jeder, der für die CSU für ein Mandat kandidieren will, muss außerdem eine "Integritätserklärung" unterschreiben und sich zum Verhaltenskodex der Partei bekennen, der zudem verschärft werden soll. Nach schweren Verstößen gegen den Kodex sollen Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen werden können.
Die CSU-Spitze will so verhindern, dass sich Fälle wie die der Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter wiederholen. Zuletzt war bekannt geworden, dass die beiden hohe Provisionen dafür kassiert hatten, dass sie Maskenherstellern staatliche Aufträge zugeschanzt haben sollen. Söder sprach vor diesem Hintergrund in der Pressekonferenz von einem künftigen "absoluten Tätigkeitsverbot für bezahlte Interessensvertretung". Auch andere Nebeneinkünfte müssen detailliert offengelegt werden.
Gegen Georg Nüßlein wird in der Maskenaffäre ermittelt
Nüßlein, gegen den wegen des Anfangsverdachtes der Bestechlichkeit ermittelt wird, war Anfang März aus der Unionsfraktion im Bundestag und kurz darauf auch aus der CSU ausgetreten. Sauter legte am Sonntag sämtliche Parteiämter nieder und will seine Mitgliedschaft in der CSU-Landtagsfraktion ruhen lassen. Die Vorwürfe gegen ihn wies er erneut zurück. "Ich tue dies, obwohl ich überzeugt bin, in keiner Weise gegen meine Abgeordnetenpflichten und gegen Gesetze verstoßen zu haben", betonte der Politiker in einem Schreiben an Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer, das unserer Redaktion vorliegt.
Aus der CSU-Landesgruppe im Bundestag kam Zustimmung für den Zehn-Punkte-Plan der Partei: Nebentätigkeiten müssten „die absolute Ausnahme darstellen“, sagte der Augsburger Abgeordnete Volker Ullrich. „Das ist zwar ein Eingriff in das freie Mandat, aber er ist zumutbar und notwendig, weil das Transparenz schafft und Vertrauen stärkt.“ Im Mittelpunkt müsse das Mandat stehen.
Die Opposition im Landtag kritisierte die Pläne der CSU für mehr Transparenz. "Verbal zeigen sich jetzt Markus Söder und Markus Blume stärkeren Regeln unter massivem Druck aufgeschlossen", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze unserer Redaktion. Bisher hätte sich die Partei aber gegen alle grünen Vorschläge für ein Lobbyregister oder Veränderungen im Abgeordnetenrecht gesperrt. Bald werde der Gesetzentwurf zur Änderung der Regelungen der Nebeneinkünfte von Abgeordneten im Parlament diskutiert, ergänzte Schulze. "Dort werden wir dann sehen, ob zum Beispiel die Veröffentlichung von Nebeneinkünften ab dem ersten Euro wirklich CSU-Linie ist oder ob wieder ein Schlupfloch gesucht wird."
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