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Mailbox-Affäre: Union: Die Kritik an Christian Wulff wird immer lauter

Mailbox-Affäre

Union: Die Kritik an Christian Wulff wird immer lauter

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    In der Union wird die Kritik daran lauter, dass Bundespräsident Christian Wulff die detaillierten Antworten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nun doch nicht offenlegen will.
    In der Union wird die Kritik daran lauter, dass Bundespräsident Christian Wulff die detaillierten Antworten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nun doch nicht offenlegen will. Foto: dpa

    In der Union wird die Kritik daran lauter, dass Bundespräsident Christian Wulff die detaillierten Antworten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nun doch nicht offenlegen will. Er wünsche sich, "dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt", schrieb Unions-Parlamentgeschäftsführer Peter Altmaier in der Nacht zum Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter.

    Wulff verweist auf anwaltliche Verschwiegenheitspflicht

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    Wulffs Anwalt Gernot Lehr hatte kürzlich angekündigt, die detaillierten Fragen und Antworten zu seiner Kredit- und Medienaffäre doch nicht zu veröffentlichen. Zur Begründung verwies er auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht, unter die der "im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr zwischen Anwälten und Dritten" falle.

    Maurer: Wulff sollte zurücktreten, bevor er zurückgetreten wird

    Die Linkspartei forderte anlässlich von Altmaiers Äußerung den Rücktritt des Bundespräsidenten. Fraktionsvize Ulrich Maurer, sagte der "Leipziger Volkszeitung" vom Donnerstag: "Da ich nicht annehme, dass Peter Altmaier so etwas ohne Absprache mit Frau Merkel tut, wäre es besser, der Bundespräsident träte zurück, bevor er zurückgetreten wird."

    Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer forderte allerdings ein Ende der Debatte. "Wir sollten jetzt einen Schlussstrich ziehen", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch). Dies sei "im Interesse unseres Landes".

    Lammert: "Keine Staatskrise"

    Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der als möglicher Nachfolger Wulffs genannt wurde, meldete sich in der Affäre zu Wort "Die wochenlange Auseinandersetzung hat sicherlich nicht nur den Amtsinhaber persönlich strapaziert, sondern leider wohl auch das Amt. Und über diesen Effekt kann niemand glücklich sein", sagte Lammert dem Hamburger Magazin "Stern". Die Situation sei "nicht banal", allerdings auch "keine Staatskrise".

    Christian Wulffs Kredit-Affäre und der legendäre Anruf: Bundespräsident Wulff gerät wegen eines verheimlichten Privatkredits Ende 2011 in die Schlagzeilen. Anfang 2012 wird bekannt, dass Wulff mehrere Reportern mit "Krieg" gedroht habe, sollten sie über die Affäre berichten. Sein wütender Anruf bei Bild-Chaf Kai Diekmann wurde nicht nur zum Politikum, sondern auch zum Ziel von Häme und Spott.
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    Ambitionen auf das höchste Staatsamt habe er nicht. Er habe schon 2009 nicht Bundespräsident werden wollen, sagte Lammert. "Ich will es auch jetzt nicht und bin froh, dass sich die Frage gar nicht stellt."

    Wullf: Kostenloser Urlaub in Italien

    Wulffs Anwälte präzisierten unterdessen seine Angaben zu einem kostenlosen Urlaub in der italienischen Villa eines Versicherungsmanagers. Sie bestätigten dem "Stern", dass der Manager Wolf-Dieter Baumgartl 2008 während des Aufenthalts der Eheleute Wulff in seinem Haus im italienischen Castiglioncello nur "teilweise anwesend" gewesen sei. Wulff hatte gesagt, er stehe dazu, "mit den Freunden zusammen zu kochen, zu frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen".

    Wütender Wulff: Wegen diesen Fragen rief er bei "Bild" an

    Warum haben Sie dem Landtag verschwiegen, dass eine "geschäftliche Beziehung" zwischen Ihnen und der mit Egon Geerkens in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Edith durch einen im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag über 500 000 Euro besteht?

    Teilen Sie die Auffassung, dass Sie den Landtag in diesem Zusammenhang bewusst getäuscht haben?

    Wie haben Sie die 500 000 Euro erhalten? Per Überweisung aus Deutschland, der Schweiz, der USA - oder bar? Oder auf welche andere Weise?

    Warum haben Sie den im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag wenige Wochen nach der parlamentarischen Anfrage gekündigt und durch einen Darlehensvertrag mit der BW-Bank abgelöst - obwohl der Darlehensvertrag noch bis November 2013 lief?

    Wann und in welcher Form haben Sie das Darlehen zurückgezahlt?

    Gab es vor dem Jahr 2000 geschäftliche Beziehungen zwischen Ihnen, dem CDU-Kreisverband Osnabrück, dem CDU-Landesverband Niedersachsen bzw. dem Land Niedersachsen und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens als Gesellschafter beteiligt waren?

    Im Fall eines Wulff-Rücktritts wäre der frühere DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck nach einer Forsa-Umfrage Favorit der Bürger für die Wahl des Nachfolgers durch die Bundesversammlung. Er bekam in der Erhebung für den "Stern" weit mehr Zustimmung (31 Prozent) als andere, etwa Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf Platz zwei (11 Prozent). Gauck war Wulff 2010 als Kandidat von Rot-Grün unterlegen.

    Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International sagte unterdessen die Teilnahme ihrer Vorsitzenden Edda Müller am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten für Repräsentanten des öffentlichen Lebens am Donnerstag ab. Müller erklärte: "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen." Wulff habe Transparenz und vollständige Aufklärung versprochen. Dies habe er nicht eingehalten.

    Steinmeier erwartet Untersuchungsausschuss

    SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier rechnet derweil mit einem Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags wegen der Kreditaffäre von Bundespräsident Christian Wulff. Nach den weitergehenden Vorwürfen werde ein solcher Ausschuss immer wahrscheinlicher, sagte Steinmeier am Dienstag zum Auftakt einer Klausurtagung der Bundestagsfraktionsspitze in Kiel. Die Vorwürfe vor allem zu Wulffs Umgang mit einem Privatkredit beziehen sich auf seine Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident.

    "Die Debatte ist nicht zu Ende", sagte Steinmeier. Dies zeige sich auch daran, dass inzwischen führende Koalitionspolitiker auf Distanz zum Krisenmanagement des Staatsoberhaupts gingen. Daraus müsse auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Schlussfolgerungen ziehen (afp, dpa)

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