Die Erfinder der Corona-App Luca versprechen einiges. „Gemeinsam das Leben erleben“, ist der Slogan, mit dem die Software für das Smartphone beworben wird. Doch die Praxis hat gezeigt, dass das mit dem Gemeinschaftsgefühl und dem Erleben so eine Sache ist. Mittlerweile hat Luca eigenen Angaben zufolge zwar 29 Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer. In den letzten vier Wochen gab es demnach mehr als 53 Millionen sogenannte Check-ins. Doch Luca, zum Start hochgelobt, birgt auch einige Tücken. Sie tragen dazu bei, dass Deutschland von einer einheitlichen Kontaktnachverfolgung noch sehr weit entfernt ist.
Kontaktnachverfolgung mittels Luca-App ist nicht spezifisch genug
Ein fiktives Beispiel zeigt, wo es bei Luca hakt: Eine Person betritt ein Kaufhaus in Weimar. Später stellt sich heraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt mit Corona infiziert war. Wenn der oder die Infizierte Luca benutzt und sich per QR-Code beim Betreten und Verlassen des Kaufhauses an- und abgemeldet hat, kann das Gesundheitsamt die genaue Zeit des Einkaufs ermitteln. Jetzt geht es darum, möglichst alle Personen, die mit der infizierten Person zu dieser Zeit Kontakt hatten, über Luca zu ermitteln.
Eigentlich sollen Apps wie Luca das einfacher machen. Das Problem: Im betreffenden Fall hat das Gesundheitsamt mehr Arbeit. Denn in dem großen Gebäude lässt sich die Suche nach Kontaktpersonen nicht eingrenzen. Alle Besucher sind registriert und müssen überprüft werden. Das Gesundheitsamt Weimar hat also zu viele und unnütze Daten. Deshalb hat die thüringische Stadt den Testbetrieb der App Luca jetzt eingestellt.
Auch in anderen Bundesländern hat Luca nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Laut einer Spiegel-Umfrage hat die Hälfte der bundesweit an Luca angeschlossenen Gesundheitsämter bis heute noch kein einziges Mal dort Daten angefragt. Demnach half Luca in 60 Fällen, Kontaktdaten nachzuvollziehen, während es in dieser Zeit rund 130.000 Neuinfektionen gab. Ähnlich sieht es im Südwesten aus.
Luca-App: Bei Datenschutz und Datensicherheit gibt es Bedenken
Seit Mai 2021 sind beispielsweise alle Gesundheitsämter in Baden-Württemberg mit einer Luca-Schnittstelle ausgerüstet. Doch in vielen Ämtern dürfte die Lage ähnlich sein wie in Heilbronn. Lea Mosthaf, Pressesprecherin des dortigen Landratsamtes, teilte auf Anfrage mit, dass die App in den vergangenen vier Wochen bei nur einer einzigen Infektion zum Einsatz kam. Dazu kommt, dass es Bedenken bei Datenschutz und Datensicherheit gibt. Deshalb ist eine bestimmte Luca-Schnittstelle zu Sormas blockiert, der Nachverfolgungssoftware der Gesundheitsämter.
Im November 2020 hatte die Bundesregierung die Ämter aufgefordert, Sormas zu nutzen. Die Software basiert auf einem Programm des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. Eigenen Angaben zufolge nutzen 347 der fast 380 Gesundheitsämter Sormas (Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System).
Die blockierte Schnittstelle ist laut Luca-Geschäftsführer Patrick Hennig zwar kein großes Problem. Luca könne den Gesundheitsämtern über Excel oder andere Austauschformate Daten liefern. Christine Delzeit-Peters von der Pressestelle der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin bestätigt, dass es deshalb bei den Luca-Daten nicht zu Mehrarbeit in den Berliner Bezirken komme. Aber die von der Regierung angestrebte Vereinheitlichung und Vereinfachung bei der Kontaktnachverfolgung ist so nur ein frommer Wunsch.
Dorothee Bär: "Corona-Warn-App erhebt keine personenbezogenen Daten"
Offiziell sind fast alle Gesundheitsämter an Sormas angeschlossen. In Wahrheit gibt es aber auch Bundesländer wie Sachsen, wo nur drei von 13 Gesundheitsämtern die Software wirklich nutzen. Das Durcheinander wird dadurch komplettiert, dass auch die Programme Demis (Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem) und Survnet vom Robert-Koch-Institut weiterhin im Einsatz sind.
Hinzu kommen Apps wie Darfichrein oder e-guest, die sich ebenfalls nicht direkt an Sormas übertragen lassen. Städte wie Jena und Gera setzen deshalb jetzt auf Iris (Integration of Remote systems into Infection control Software), das eine Brücke zwischen den Gesundheitsämtern und Kontaktnachverfolgungsapps schlagen soll. Das Landratsamt Heilbronn verwendet Survnet und vermeidet so Probleme mit der Schnittstelle zwischen Sormas und Luca.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Dorothee Bär, spricht sich wegen des Datenschutzes und der Datensicherheit gegen Luca und für die Corona-Warn-App (CWA) des Bundes aus. „Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Die CWA erhebt keine personenbezogenen Daten“, sagte die CSU-Politikerin unserer Redaktion. Mit Funktionen zur Eventregistrierung und einem Kontakttagebuch unterstütze die CWA auch eine Kontaktnachverfolgung. Zusätzlich könnten Impfzertifikate registriert werden, warb Bär.