Europas Hoffnungsträger Emmanuel Macron zieht als Favorit in den Kampf mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen um das Präsidentenamt in Frankreich. Der sozialliberale Macron setzte sich am Sonntag in einem historischen ersten Wahlgang laut Hochrechnungen gegen Le Pen durch. Erstmals seit Jahrzehnten ist kein Kandidat der Sozialisten oder der bürgerlichen Rechten mehr im Endduell vertreten.
Frankreich-Wahl 2017: Ergebnisse und Reaktionen
Wir stellen hier die vier erfolgreichsten Kandidaten kurz vor.
Wahlen in Frankreich: Le Pen, Mélenchon, Macron und Fillon
MARINE LE PEN: Die Rechtspopulistin hat Angriffe auf Europa zu einem Schwerpunkt ihres Wahlkampfes gemacht. "Die Europäische Union wird sterben, denn die Völker wollen sie nicht mehr", rief die Front-National-Chefin kürzlich ihren Anhängern zu. Die 48-Jährige will eine Rückkehr zu nationaler Souveränität und zu nationalen Grenzen. Für den Fall eines Wahlsiegs hat Le Pen deswegen ein Referendum über einen "Frexit" versprochen. Zuvor will sie mit Brüssel über eine Rückübertragung von Souveränitätsrechten verhandeln.
Ihre Wahlempfehlung für ein Referendum macht sie vom Ausgang dieser Verhandlungen abhängig. Le Pen will außerdem den Euro aufgeben und zum französischen Franc zurückkehren - eine Forderung, mit der sie bei einer Mehrheit der Franzosen auf klare Ablehnung stößt. ➔ Hintergrund: Was passiert, wenn Le Pen gewinnt?
JEAN-LUC MÉLENCHON: Auch der Linksaußen hat die EU zu einem seiner Feindbilder erklärt: Der Gründer der Linkspartei macht die EU-Sparvorgaben für die Wirtschaftskrise und hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich. Er will deswegen Verhandlungen aufnehmen, um die EU-Verträge umfassend neu zu schreiben. So will er den Stabilitätspakt aufgeben und der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ein Ende setzen. Scheitern die Verhandlungen, will Mélenchon als "Plan B" ein Referendum ansetzen, um die EU-Verträge aufzukündigen. "Entweder man verändert Europa, oder man verlässt es", lautet sein Motto.
Mélenchon ist zudem ein scharfer Kritiker der Pläne, die europäische Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik zu vertiefen. Ein "Europa der Verteidigung" sei in Wirklichkeit ein "Europa des Krieges". ➔ Hier geht's zum ausführlichen Porträt
EMMANUEL MACRON: Der unabhängige Mitte-Politiker Macron ist der Pro-Europäer unter den Präsidentschaftskandidaten. Unablässig wirbt der Ex-Wirtschaftsminister für eine Vertiefung der europäischen Integration. "Wir brauchen Europa, deswegen werden wir es erneuern", sagte er. "Ich werde der Präsident sein, der unsere europäischen Ambitionen neu erweckt." So will der 39-Jährige für die Eurozone einen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister, um mehr investieren zu können. In Europa sollen zudem einheitliche Märkte für Digitales und Energie entstehen. Zusammen mit Deutschland will Macron außerdem eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik stärken. Er schlägt unter anderem einen europäischen Verteidigungsfonds für gemeinsame Rüstungsausgaben vor.
Wie Frankreichs nächster Präsident gewählt wird
Der Nachfolger des französischen Präsidenten François Hollande wird in zwei Runden am 23. April und am 7. Mai gewählt.
Gewinnt keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit, wie es bislang immer der Fall war, treten die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in der Stichwahl gegeneinander an.
Dabei gilt: Ein erster Platz im ersten Wahlgang macht noch keinen Präsidenten. In der Geschichte von Frankreichs Fünfter Republik wurde schon drei Mal der Erstrundensieger in der Stichwahl geschlagen.
Entscheidend im zweiten Wahlgang ist, wie sich die Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten verteilen.
Die Amtszeit des französischen Präsidenten beträgt fünf Jahre, eine Wiederwahl ist nur ein Mal möglich. Wahlberechtigt sind alle volljährigen Franzosen.
Auf den Wahllisten sind dieses Jahr knapp 47 Millionen Franzosen aufgeführt, die sich zwischen elf Kandidaten entscheiden müssen.
Ob Frankreichs nächster Präsident auch eine Regierungsmehrheit zusammenbekommt, entscheidet sich im Juni. Dann wählen die Franzosen eine neue Nationalversammlung.
Macron hält den "deutsch-französischen Motor" für grundlegend für Europa. Das hindert ihn nicht daran, die deutschen Handelsüberschüsse als schädlich für die Eurozone zu kritisieren. In seiner Zeit als Wirtschaftsminister sorgte er mit der Forderung für Aufsehen, Deutschland solle binnen drei Jahren 50 Milliarden Euro zusätzlich investieren - soviel, wie Frankreich bei den Staatsausgaben einsparen werde. ➔ Hier geht's zum ausführlichen Porträt
FRANÇOIS FILLON: Auch der konservative Präsidentschaftskandidat Fillon hält Europa für die "Lösung" für die großen Herausforderungen unserer Zeit - wirbt aber für ein "neues europäisches Projekt". So will er die Befugnisse der EU-Kommission beschneiden und den Mitgliedstaaten wieder mehr Gewicht geben. Fillon will gleichzeitig die Führung der Eurozone stärken: Die Regierungschefs der Eurozone sollen sich alle drei Monate treffen. Parallel dazu soll ein "Generalsekretariat" der Eurozone gegründet werden, das unabhängig von der EU-Kommission arbeitet.
Eine härtere Gangart in der Flüchtlingskrise ist eine zentrale europapolitische Forderung von Fillon. Der Ex-Premierminister plädiert für eine stärkere Sicherung der EU-Außengrenzen und für eine Reform des Schengen-Abkommens, um straffällige Ausländer leichter abschieben zu können. ➔ Wie Mélenchon das Kandidatenfeld durcheinanderwirbelt
WEITERE ANWÄRTER waren Nicolas Dupont-Aignan und François Asselineau von der politischen Rechten, Nathalie Arthaud und Philippe Poutou vom linken Spektrum, der Zentrumspolitiker Jean Lassalle und der Chef der Partei "Solidarität und Fortschritt", Jacques Cheminade. Paten konnten beispielsweise Abgeordnete, Senatoren, Bürgermeister und Regionalräte sein. dpa/afp/AZ/axhe
Das Präsidialsystem in Frankreich
Der Präsident ist in Frankreich der Staatschef, führt aber nicht die Regierung.
Das ist Aufgabe des Premierministers, der vom Präsidenten ernannt wird.
Weil die Nationalversammlung die Regierung mit einem Misstrauensvotum stürzen kann, muss aber faktisch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter dem Premierminister stehen.