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Libyen: Gaddafi-Anhänger erobern Bani Walid zurück

Libyen

Gaddafi-Anhänger erobern Bani Walid zurück

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    Im September eroberten libysche Rebellen Bani Walid. Nun haben Gaddafi-Treue wieder die Macht in der Wüstenstadt übernommen. Foto: Mohamed Messara /Archiv dpa
    Im September eroberten libysche Rebellen Bani Walid. Nun haben Gaddafi-Treue wieder die Macht in der Wüstenstadt übernommen. Foto: Mohamed Messara /Archiv dpa

    Drei Monate nach dem Tod des libyschen Ex-Machthabers Muammar al-Gaddafi haben dessen Anhänger die Wüstenstadt Bani Walid eingenommen. Bei blutigen Kämpfen mit ehemaligen Rebellen hätten die Gaddafi-Anhänger die Stadt am Montag unter ihre Kontrolle gebracht und fünf Ex-Rebellen getötet, sagte der örtliche Beamte M'Barek al-Fotmani, der sich in einem von Gaddafi-Getreuen umzingelten Militärstützpunkt der Stadt befand. Unter den Getöteten sei auch der Kommandeur der Brigade, zudem wurden etwa 30 Ex-Rebellen bei den Kämpfen verletzt worden.

    Schwerste Kämpfe seit der "Befreiung" Libyens

    Die Gaddafi-Getreuen hatten den Angaben zufolge zunächst den Armeestützpunkt der früheren Rebellen angegriffen. Anschließend gelang es ihnen, die Kontrolle über die Stadt zu gewinnen. Wie der Sprecher des Stadtrats von Bani Walid, Mahmud al-Werfelli, erklärte, hissten die Gaddafi-Kämpfer anschließend die grüne Flagge aus Gaddafis Regierungszeit.

    Das südwestlich von Tripolis gelegene Bani Walid galt lange als Gaddafi-Hochburg und war während des monatelangen Volksaufstandes gegen Gaddafi eine der letzten Bastionen seiner Anhänger. Wenige Tage vor dem Tod des früheren Machthabers Mitte Oktober nahmen Kämpfer des libyschen Übergangsrats die Stadt ein. Die

    Chronologie: Aufstieg und Fall von Gaddafi

    Libyens Muammar al-Gaddafi wurde als Terrorhelfer international geächtet und als Handelspartner hofiert. Im Westen galt der selbst ernannte Revolutionsführer mit bizarr anmutenden Gewohnheiten vielen als unberechenbar.

    1942: Im September nahe der Stadt Sirte in Libyen geboren.

    1963: Jura- und Geschichtsstudium für Offizierslaufbahn abgebrochen.

    1969: Ein «Bund der freien Offiziere» putscht Gaddafi an die Macht.

    1970: Ausländische Öl-Firmen in Libyen werden verstaatlicht.

    1973: Gaddafi veröffentlicht seine «Dritte Universaltheorie» als Mittelweg zwischen Kommunismus und Kapitalismus.

    1977: Der «Revolutionsführer» ruft die «Sozialistische Libysch- Arabische Volks-Dschamahirija (Herrschaft der Massen)» aus.

    1985: Wegen Libyens Verstrickung in den internationalen Terrorismus verhängen die USA einen Wirtschaftsboykott.

    1986: Die USA machen Gaddafi für einen Anschlag auf die Berliner Diskothek «La Belle» verantwortlich und bombardieren Tripolis.

    1988: 270 Tote bei Explosion eines US-Jumbos über Lockerbie.

    1991: Der UN-Sicherheitsrat verhängt Sanktionen gegen Libyen.

    2003: Libyen sagt für den Anschlag von Lockerbie die Zahlung von Entschädigungen zu; die UN heben die Sanktionen auf.

    2003: Gaddafi kündigt Einstellung des libyschen Atomprogramms und die Zerstörung seiner Massenvernichtungswaffen an.

    2004: Die USA heben ihre Handelsbeschränkungen auf. 2007: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vereinbart mit Gaddafi eine militärische und atomtechnische Kooperation. Anvisiert wird die Lieferung von Kampfjets und eines Atomkraftwerks.

    2008: Die USA schließen mit Libyen ein Öl-Handelsabkommen. 2009: Gaddafi wird für ein Jahr Ratsvorsitzender der Afrikanischen Union und fordert die «Vereinigten Staaten von Afrika».

    2009: Freundschaftsabkommen und erster Staatsbesuch Gaddafis in Rom.

    2010: Nach Festnahme seines Sohns Hannibal in Genf wegen Misshandlung von Angestellten ruft Gaddafi zum Dschihad gegen die Schweiz.

    2010: Um den Zustrom afrikanischer Flüchtlinge über Libyen einzudämmen, zahlt die EU Gaddafi 50 Millionen Euro.

    2011: Am 15. Februar demonstrieren Tausende gegen Gaddafi. Seine Gefolgsleute richten später ein Blutbad unter Zivilisten an. Der folgende Bürgerkrieg läutet den Sturz des «Führers» ein. (dpa)

    Zwischen den Bewohnern und den Milizen des Übergangsrates bestanden seit langem Spannungen. Im November hatten Gaddafi-Getreue bereits 15 Milizionäre getötet. Das libysche Innenministerium räumte ein, dass es Probleme in der Stadt gegeben habe, die zum Ausbruch der Gewalt geführt hätten.

    Angst vor neuem Bürgerkrieg

    Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, hat vor neuer Gewalt gewarnt, sollte das Gremium zurücktreten. "Wir treten nicht zurück, weil dies zu einem Bürgerkrieg führen würde", sagte Dschalil am Sonntagabend dem Fernsehsender Libya al-Hurra. Mit Blick auf die  Erstürmung des Sitzes des Nationalen Übergangsrates in der ostlibyschen Stadt Bengasi durch Demonstranten sagte Dschalil, "unsichtbare Hände" hätten die Protestierenden angetrieben. Konkrete Angaben macht er aber nicht.

    Demonstranten hatten am Samstag den Sitz des Übergangsrats gestürmt und geplündert. Hintergrund der bereits seit Wochen anhaltenden Proteste sind Vorwürfe mangelnder Transparenz und Kritik an der Weiterbeschäftigung von Mitgliedern der gestürzten libyschen  Führung unter Muammar al-Gaddafi. Am Sonntag kündigte der Vizepräsident des Übergangsrats, Abdel Hafes Ghoga, als Reaktion auf die Proteste seinen Rücktritt an. Er hatte besonders in der Kritik gestanden.

    Dschalil dagegen würdigte die Arbeit Ghogas. Dieser habe sein Land über seine Person gestellt, sagte Dschalil auf Libya al-Hurra. Zudem habe Ghogas sich am Aufstand gegen Gaddafi beteiligt, als andere sich noch "in Ägypten oder anderswo versteckten". (AFP/dpa/AZ)

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