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Lesetipp: Sie nervt, aber schützt: Wie lange werden wir die Maske noch tragen?

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Sie nervt, aber schützt: Wie lange werden wir die Maske noch tragen?

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    Viele wollen die Masken schnell loswerden, andere können sich vorstellen, auch nach der Pandemie etwa während der Grippesaison im Nahverkehr eine Maske zu tragen.
    Viele wollen die Masken schnell loswerden, andere können sich vorstellen, auch nach der Pandemie etwa während der Grippesaison im Nahverkehr eine Maske zu tragen. Foto: Swen Pförtner, dpa

    Die Maske sei sein Herzensthema, sagt Alexander Kekulé. Der Virologe und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie in Halle hatte schon im Frühjahr 2020, zu Beginn der Pandemie, die Kampagne „KeinHeldOhneMaske“ gestartet. Während die Weltgesundheitsorganisation und das Robert-Koch-Institut damals noch zögerten, forderte Kekulé als einer der ersten Forscher das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes als eines der wichtigsten Hilfsmittel gegen das Coronavirus. Und wie steht er heute angesichts der immer weiter sinkenden Infektionszahlen dazu?

    Knapp die Hälfte der Deutschen will auch nach der Pandemie noch Maske tragen

    „Sich ins Gesicht zu sehen, Hände zu geben und anderen gelegentlich nah zu sein gehört zu unserer Kultur und wahrscheinlich auch zu unseren sozialen Bedürfnissen“, sagt der Virologe auf Anfrage unserer Redaktion. „Wenn die Pandemie vorüber ist, sollten wir uns unser normales Leben zurückholen und uns nicht von einem Winzling auf Ewig den Alltag diktieren lassen.“

    Doch das sehen nicht alle so. Immerhin 45 Prozent der Deutschen erklären, sie würden die Maske auch nach Corona in gewissen Bereichen weiterhin tragen, beispielsweise in Bus und Bahn, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion ergab. Und mehr als jeder Zehnte ist noch unentschlossen, ob er die Maske auch nach der Pandemie nutzen will.

    Weniger Grippefälle im vergangenen Jahr wegen der Maske

    Einige Erkenntnisse sprechen durchaus dafür. Durch die Corona-Maßnahmen – wie Maske tragen, Abstand halten und häufiges Hände waschen – ist die Fallzahl anderer Infektionskrankheiten, wie der Grippe deutlich gesunken. Seit der Maskenpflicht wurden lediglich 13 Grippetote registriert. In den Jahren 2018/2019 waren es laut RKI noch 954. Auch sank die Zahl der Norovirus-Fälle um zwei Drittel. „Im vergangenen Winter ist die Grippesaison praktisch ausgefallen“, berichtet Kekulé. Solange die Pandemie nicht zu Ende sei, werde man die Masken in geschlossenen Räumen weiter brauchen, wenn sich dort auch Ungeimpfte aus den Risikogruppen aufhalten können, sagt er. Beispielsweise in Aufzügen, wo sich die Luft schnell staut.

    Auch die Regeln für öffentliche Verkehrsmittel, Arztpraxen, Behörden und ähnliche Situationen sollte man nach Kekulés Ansicht im Herbst weiter beibehalten. Ein weiterer Punkt, der dafür spreche: Bis dahin werden nicht alle geimpft sein. „In Grundschulen, bei privaten Feierlichkeiten, in Restaurants mit registrierten Gästen oder auch in Fitnessklubs, können wir die Masken dagegen durch regelmäßige Schnelltests ersetzen, wenn die Inzidenz niedrig ist“, sagt der Virologe. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kann sich angesichts der Impfungen ein absehbares Ende der Maskenpflicht vorstellen: „ Die Maßnahmen gegen Covid-19 haben andere Infektionskrankheiten deutlich gesenkt. Im Herbst und Winter muss jeder selbst entscheiden, ob er durch Masken und Handhygiene das Risiko erneut senken will“, schrieb er auf Twitter.

    OP-Masken schützen genauso gut, wenn man sie richtig trägt

    Noch herrscht in Bayern vielerorts FFP2-Masken-Pflicht. In vielen anderen Ländern reicht der einfache hellblaue OP-Schutz in Bus, Bahn und Geschäften. Und viele haben noch Stoffmasken zuhause. Welche ist tatsächlich die geeigneteste, um sich in Zukunft vor Krankheiten zu schützen? Ob FFP2-Masken bei privater Anwendung im Alltag wirklich Vorteile gegenüber OP-Masken haben, ist laut Kekulé nicht belegt. Er vermutet sogar eher das Gegenteil: „Sie sind steifer und sitzen bei den meisten Menschen nicht richtig, insbesondere bei den derzeit massenweise eingesetzten Billigmasken.“ Wenn bei einer FFP2-Maske neben der Nase oder unter dem Kinn die Luft vorbei ströme, was der Virologe sehr häufig beobachte, sei die FFP2-Maske sogar schlechter als eine gut sitzende OP-Maske. Für den Selbstschutz in Bus und Bahn werde deshalb künftig die „blaue“ ausreichen.

    Durch die Pandemie wurden menschliche Gewohnheiten gebrochen

    Wird die Maske also zur Gewohnheit? Ralph Hertwig ist Direktor des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und beschäftigt sich mit der Psychologe des menschlichen Entscheidens. Er spricht von einer „Faszination“, wie schnell die Corona-Krise einen direkten Einfluss im Leben jedes Menschen gehabt habe. „Wer hätte gedacht, dass wir von den ein auf den anderen Tag von zu Hause aus arbeiten, oder unsere Familie und Freunde nicht mehr sehen.“ Es sei aus wissenschaftlicher Sicht enorm schwierig, menschliche Gewohnheiten zu brechen. Wenn man es aber einmal geschafft habe – könne das nachhaltigen Einfluss haben, sagt der Forscher. Er habe keine Daten dafür, vermutet aber auch, dass die Maske in vielen Bereichen des Alltags auch nach Corona bleiben werde. „Ich hab von einigen gehört: Wenn die Grippesaison kommt, werde ich eine Maske tragen“, erzählt der Professor. „Und wir haben von anderen Ländern gelernt, welche Maßnahmen gewirkt haben und welche nicht.“

    In Asien wird die Maske auch ohne Pandemie getragen

    Ein Vorbild dafür seien die asiatischen Länder. Dort ist es für viele Menschen selbstverständlich, eine Maske zu tragen. Mit Ausbruch des Virus Anfang 2020 waren die Asiaten schnell gewappnet. Wenn die Maske in Zukunft weiterhin Teil des öffentlichen Lebens sein soll, müsse das jedoch richtig kommuniziert werden, findet Hertwig – und, ein wichtiger Punkt, wie er sagt: „Sie muss für alle verfügbar sein.“

    Kekulé hofft jedoch, dass wir die Masken nach dem Winter nicht mehr brauchen werden: „Dann wird die Pandemie in Deutschland weitgehend unter Kontrolle sein.“

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