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Leitartikel: Wie stark ist Deutschland 2017 wirklich?

Leitartikel

Wie stark ist Deutschland 2017 wirklich?

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    Wie groß ist die Hoffnung, dass sich all das, was aus den Fugen geraten ist, 2017 wieder fügt?
    Wie groß ist die Hoffnung, dass sich all das, was aus den Fugen geraten ist, 2017 wieder fügt? Foto: Britta Pedersen, dpa

    Wie groß ist die Hoffnung, dass sich all das, was aus den Fugen geraten ist, wieder fügt? Oder überwiegt die Furcht vor dem, was kommen wird, angesichts all der tief greifenden Verwerfungen? Die Böller, Kracher und Raketen, die nach alter Brauch und Sitte in der Silvesternacht mit ihrem Lärm die bösen Geister und das Unheil vertreiben sollten, sind verklungen. Und es bleibt am ersten Tag des neuen Jahres die bittere Erkenntnis, dass sich an den grundlegenden Problemen nichts geändert hat.

    Die Verunsicherung ist groß und seit dem furchtbaren Terroranschlag in Berlin mit den Händen zu greifen. Wobei die Situation widersprüchlicher kaum sein könnte: Einerseits halten 83 Prozent der Deutschen die Wirtschaftslage in Deutschland für gut und 82 Prozent sind mit ihrer eigenen Finanzsituation zufrieden. Andererseits glauben 46 Prozent, dass sich

    Wahlkampf um die besten Sicherheitskonzepte eröffnet

    Für die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD stellt dies im neuen Jahr eine besondere Herausforderung dar. Die einfache Gleichung, geht es den Menschen gut und sind sie zufrieden, dann bestätigen sie die Regierung im Amt, gilt nicht mehr. Trotz hoher Beschäftigungsquote, sicheren Jobs, steigenden Reallöhnen und niedriger Inflation hat sich ein diffuses Gebräu von Unzufriedenheit und pauschaler Ablehnung aller etablierten Parteien entwickelt, das sich aus der Kritik an der Flüchtlingspolitik und der äußerst angespannten Sicherheitslage speist. Längst ist der Wahlkampf um die besten Sicherheitskonzepte eröffnet – er wird sich weiter zuspitzen und die Polarisierung im Lande verstärken.

    Wahlkampf, Wahl und Koalitionsverhandlungen führen dazu, dass Deutschland weitgehend mit sich selber beschäftigt ist. Dabei käme es ausgerechnet in diesem Jahr mehr denn je auf Deutschland an, nicht nur, weil es die G-20-Präsidentschaft innehat, sondern weil auch alle anderen großen Länder Europas als Ordnungskräfte und Stabilitätsanker ausfallen. Frankreich wählt einen neuen Präsidenten, Großbritannien hat mit den Folgen seiner Brexit-Entscheidung zu kämpfen, in Italien und Spanien sind die innenpolitischen Lagen unsicher. Und in den USA muss die neue Trump-Administration sich erst einmal finden. Doch Angela Merkel ist selber politisch angeschlagen. Der vierte Wahlkampf wird ihr bislang schwerster.

    Putin und seine willfährigen Trolle

    Der Gewinner dieses großflächigen politischen Vakuums in Europa steht somit bereits am Neujahrstag fest – Russlands Präsident Wladimir Putin. Der machtbewusste Autokrat im Kreml nutzt die Schwäche des Westens, um seine Macht weiter auszubauen. Mehr noch, seine teilweise verdeckte, teilweise offene Unterstützung der rechtspopulistischen Bewegungen führt dazu, dass diese sein Spiel mitspielen und die Axt an die liberalen Grundwerte anlegen und die Länder Europas zurück in die eigentlich längst überwunden geglaubte Zeit der Kleinstaaterei und der politischen wie ökonomischen Jeder-gegen-jeden-Kirchturmpolitik führen, in der es nur Verlierer geben kann.

    Ein politisch wie wirtschaftlich und sozial starkes Deutschland wäre das wichtigste westliche Bollwerk gegen Putin und seine willfährigen Trolle. Doch die Gefahr ist groß, dass es, von innen wie von außen bedrängt und bedroht, diese Rolle nicht ausfüllen kann. Und so könnte es zu der fatalen Situation kommen, dass ausgerechnet jene, die behaupten, Deutschland wieder stärker zu machen, es so beschädigen, dass es am Ende des Jahres schwächer dasteht als zu Beginn. Da helfen alle Böller nichts.

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