Was ist Populismus? Im Lexikon steht: „Populismus ist eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen“. Populus ist das Volk, und Populisten behaupten, das „wahre“, von den Eliten hinters Licht geführte und verratene Volk zu vertreten. Sie schüren die Wut auf das „System“, gaukeln einfache Lösungen vor.
Was folgt aus dieser Definition der schon aus der Antike bekannten populistischen Politik? Donald Trump oder die Französin Le Pen sind zweifelsfrei Populisten, Parteien wie die AfD oder die FPÖ populistische Parteien – rechtspopulistische im Unterschied zum Linkspopulismus, den es ja auch gibt und der zur Stunde nur etwas aus der Mode geraten ist. Auch den etablierten, den lupenrein demokratischen Parteien ist der Populismus nicht fremd. „Volksnah“ wollen alle sein. Jede ist um die „Gunst der Massen“ bemüht, jede will an die Macht. Demokratische Politiker stehen in der Pflicht, dem Volk „aufs Maul“ zu schauen und die Anliegen der Bürger aufzugreifen. Hätten sie es in der Vergangenheit zur Genüge getan, wäre es gar nicht zum viel beklagten Aufstieg populistischer Parteien und dem Vertrauensverlust der regierenden, meist Einheitskost servierenden Parteien gekommen.
Es ist Unfug, die Forderungen Seehofers mit dem Etikett "populistisch" zu versehen
Ein Mann wie der CSU-Vorsitzende Seehofer hat im Kampf um die Mehrheit stets die Stimmung in der Bevölkerung im Blick und richtet seine auf das Kleinhalten der AfD fokussierte Politik auch danach aus. Oder nehmen wir Sigmar Gabriel, der das Schicksal seiner SPD immer wieder mit „populären“ Vorstößen zu wenden versucht. Wer will, mag das – und auch manche Volte der Kanzlerin – Populismus nennen. Doch es ist grober Unfug, jede Forderung etwa Seehofers (zuletzt jene nach einer „Neujustierung der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik“) mit dem Etikett populistisch zu versehen und in einen Topf mit den völkisch-national eingefärbten Parolen der AfD zu rühren.
Seehofer kann das ertragen, zumal viele seiner zunächst als „rechts“ abgestempelten Vorstöße mit einiger Verspätung Regierungspolitik werden. Das Problem ist: „Populistisch“ ist, wie Renate Köcher, die Chefin des Allensbach-Instituts sagt, im aufgeheizten Meinungsklima dieser Tage zur „Schlagetot-Vokabel“ geworden. Die Populismus-Keule wird benutzt, um jede, auch die maßvolle Kritik an der Massenzuwanderung oder am politischen Islam zu diskreditieren. Damit werden viele jener beunruhigten Bürger, die mit der AfD nichts am Hut haben, in die „rechte“, die schmuddelige Ecke gestellt und zu Ewiggestrigen erklärt, denen sich die Segnungen offener Grenzen und einer liberalen Einwanderungsgesellschaft halt noch nicht erschlossen haben. Der Fall Trump lehrt: So werden die eigentlichen Populisten nicht gestoppt, sondern stark gemacht.
Die Deutschen haben ihre historische Lektion gelernt
Die rechtspopulistische Internationale predigt Nationalismus und will den autoritären, vor „Überfremdung“ geschützten Staat. In der Verachtung des „Systems“ schwingt ein latent antidemokratischer Affekt mit. Die noch immer überschaubaren Ergebnisse der AfD zeigen, dass die Deutschen ihre historische Lektion gelernt haben und nicht zum Radikalismus neigen. Und wegen einer rechten Partei in den Parlamenten geht die Welt nicht unter. Echte Gefahr droht erst, wenn der AfD der Einbruch in die breite Mitte der Gesellschaft gelingt. Um dies zu verhindern, müssen die Regierenden vor allem eins tun: Probleme lösen – und zwar so, dass sich auch der konservative, an traditionellen Werten hängende, auf Recht und Ordnung pochende Teil der Bevölkerung wieder besser aufgehoben fühlt in diesem Staat.