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Leitartikel: Wie Gabriel der deutschen Außenpolitik wieder Profil verleiht

Leitartikel

Wie Gabriel der deutschen Außenpolitik wieder Profil verleiht

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    In seiner neuen Rolle als Außenminister geht Sigmar Gabriel keinen Konflikt aus dem Weg.
    In seiner neuen Rolle als Außenminister geht Sigmar Gabriel keinen Konflikt aus dem Weg. Foto: Sophia Kembowski (dpa)

    Am Montag Europäischer Rat in Luxemburg, dienstags Antrittsbesuch in London, am Mittwoch Syrienkonferenz in Brüssel, heute Nacht Flug nach Mali, wo er heute zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Marc Ayrault die dort stationierten deutschen und französischen Soldaten besucht.

    Sollte Sigmar Gabriel bei seinem überraschenden Rücktritt als SPD-Chef wie als Wirtschaftsminister Ende Januar tatsächlich geglaubt haben, er habe als Außenminister mehr Zeit für seine Familie, dann hat er sich gründlich getäuscht. Ein Außenminister ist nicht nur immer im Dienst, sondern auch ständig unterwegs. Und doch wirkt Gabriel in seinem neuen Amt wie befreit und blüht förmlich auf.

    Mit sichtlicher Leidenschaft widmet sich der überzeugte Europäer seinem neuen Amt, das er am liebsten schon bei der Regierungsbildung 2013 übernommen hätte. Doch damals führte kein Weg an Frank-Walter Steinmeier vorbei. Gabriels Coup, seinen Parteifreund als Bundespräsidenten durchzusetzen, war so auch ein Befreiungsschlag für ihn, zumal die Last des SPD-Vorsitzes mit dessen vielen Terminen nun bei Martin Schulz liegt.

    Deutsche Außenpolitik bekommt mehr öffentliche Wahrnehmung

    Mit dem neuen Chefdiplomaten dringen aber auch neue Töne aus dem ehrwürdigen Amt am Werderschen Markt, das nach seinem Selbstverständnis weit über den Niederungen der Innenpolitik und somit auch weit über den anderen Ministerien steht. Beherrschte Steinmeier, ganz Diplomat der alten Schule, die Kunst, mit vielen Worten möglichst wenig Konkretes zu sagen und bestehende Konflikte in eine Wolke aus Watte zu hüllen, was ihm immer wieder den Vorwurf einbrachte, selbst Despoten mit Samthandschuhen anzufassen, so geht Gabriel keinem

    Dass ihn einer seiner ersten Besuche ins Baltikum führte, war ein klares Signal in Richtung Moskau, hinderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin aber nicht, ihn persönlich im Kreml zu empfangen. Und beim Treffen der Nato-Außenminister wies er die Forderung seines US-Kollegen Rex Tillerson nach einer massiven Erhöhung des deutschen Wehretats entschieden zurück, im Ton und in der Argumentation um einiges deutlicher als Verteidigungsministerin von der Leyen.

    Gabriel legt mehr Gewicht auf Europa

    Vor allem aber ist Gabriel entschlossen, das Gewicht seines Hauses in der Europapolitik wieder zu stärken. Das ist durchaus eine Kampfansage an Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble, die in den vergangenen Jahren die Europapolitik bestimmt und das Außenministerium an den Rand der Wahrnehmung gedrängt haben. Ein erstes Ausrufezeichen setzte er bereits mit seiner Aussage, dass Deutschland mehr für die EU zahlen könne, weil es wie kein anderes Land vom Binnenmarkt profitiere. Der Einspruch Schäubles ließ nicht lange auf sich warten. Doch Gabriel hat den Zusammenhalt der

    Ob ihm dafür viel Zeit bleibt, steht auf einem anderen Blatt. Nach der Wahl wird neu gemischt. Um sein Amt behalten zu können, muss Gabriel hoffen, dass die Union stärkste Partei bleibt und die Große Koalition fortgesetzt wird. Denn unter einem Kanzler Martin Schulz ginge das prestigeträchtige Außenressort in jedem Fall an den Koalitionspartner. Und die Parteiräson hat in diesem Fall Vorrang. Keiner weiß dies besser als der ehemalige SPD-Chef. Demokratie ist Macht auf Zeit.

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