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Leitartikel: Und der Steuerzahler hat wieder das Nachsehen

Leitartikel

Und der Steuerzahler hat wieder das Nachsehen

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    Bund und Länder kämpfen um ein möglichst großes Stück am Steuerkuchen. Der Steuerzahler bleibt dabei wohl auf der Strecke.
    Bund und Länder kämpfen um ein möglichst großes Stück am Steuerkuchen. Der Steuerzahler bleibt dabei wohl auf der Strecke. Foto: Andreas Gebert (dpa)

    Vorhang auf zum großen Staatsschauspiel um die Verteilung der rund 650 Milliarden Euro, die Deutschlands Steuerzahler jedes Jahr abliefern. In Berlin haben die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer begonnen, und niemand weiß, wie das Tauziehen enden und die ab 2020 geplante Neuordnung der hoch komplizierten Finanzbeziehungen aussehen wird. Sicher ist nur: Jeder will ein möglichst großes Stück vom wachsenden Steuerkuchen. Und der Steuerzahler wird wieder der Dumme sein und das Nachsehen haben.

    Wenn er viel Glück hat, werden für ihn am Ende ein paar Euro übrig bleiben. Die Entlastung der Bürger nämlich ist für den gefräßigen Steuerstaat keine Anstrengung wert. Und das, obwohl die Steuereinnahmen seit Jahren immens steigen und die extrem niedrigen Zinsen den verschuldeten öffentlichen Haushalten guttun. Dass die deutsche Politik weder die Kraft noch den Mut für eine Steuerreform aufbringt, ist seit langem klar. Dass sie jedoch trotz wiederholter Versprechungen nicht einmal in der Lage war, die heimlichen Steuererhöhungen infolge der sogenannten „kalten Progression“ abzuschaffen, ist ein Skandal.

    Man müsse sich hierfür erst die nötigen finanziellen Spielräume erarbeiten, hat Kanzlerin Merkel jetzt wissen lassen und – wie gnädig! – bis zur Wahl 2017 einen „ersten Schritt“ in Aussicht gestellt. Und sogar die SPD, die 2013 die damals von Schwarz-Gelb geplante Anpassung des Steuertarifs an die Inflationsrate im Bundesrat zu Fall brachte, will nun das dreiste Abkassieren stoppen. Nur: die „Spielräume“ gab es ja. Die Große Koalition hätte sie nur nutzen müssen. Statt den Normalverdienern ein paar Milliarden zurückzugeben, wurde das Geld komplett in neue Ausgaben gesteckt. Es wäre leicht möglich gewesen, den kleinen Nachlass zu gewähren und zugleich – was ja gut ist – endlich einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dazu hätte es nur einer stärkeren Ausgabendisziplin und der Bereitschaft bedurft, mit ein bisschen weniger Geld zurande zu kommen.

    Es ist alles eine Frage der Prioritäten. Die Interessen des Steuerzahlers rangieren halt unter ferner liefen. Seit dem (selbst verschuldeten) Absturz der FDP gibt es im Bundestag keine Partei mehr, die zu staatlichem Maßhalten mahnt und gelegentlich an jene Bürger denkt, die den ganzen Betrieb mit ihren Steuern am Laufen halten.

    Der Steuerzahler hat das Nachsehen

    Von Steuerentlastung wird deshalb in dem nun eröffneten großen Gefeilsche nur am Rande die Rede sein – so wenig übrigens wie von dem ernsthaften Versuch, das erstarrte föderale System zu entflechten und die Zuständigkeiten klar zu ordnen. Bund und Ländern, die ja – so will es die Verfassung – einen Kompromiss finden müssen, ist weniger nach Reformen als nach Besitzstandswahrung bzw. Zugewinn zumute. Im Kampf ums Geld wird es hart zur Sache gehen: West gegen Ost, reiche Länder gegen arme, der Bund gegen die Länder. Bezeichnenderweise besteht nur in einem Punkt über alle Parteigrenzen hinweg Einigkeit: der Solidaritätszuschlag, der 1991 – auf ein Jahr befristet! – für den Aufbau Ost eingeführt wurde und die Zeiten überdauert hat, soll natürlich über 2020 hinaus erhoben werden.

    So geht das im nimmersatten Steuerstaat. Was der einmal hat, rückt er nicht mehr raus. Wenn es die Große Koalition ernst meinte mit einer raschen Steuerermäßigung, könnte sie den Soli im Alleingang zumindest kürzen. Aber dann wäre ja weniger Geld im großen Umverteilungstopf und eine Einigung mit den Ländern noch schwieriger. Also wird der Steuerzahler den Soli bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag blechen müssen.

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