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Leitartikel: Donald Trump ist zum Politiker geworden - nicht sehr erfolgreich

Leitartikel

Donald Trump ist zum Politiker geworden - nicht sehr erfolgreich

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    Donald Trump musste in 100 Tagen Rückschläge einstecken.
    Donald Trump musste in 100 Tagen Rückschläge einstecken. Foto: Andrew Harnik (dpa)

    Wahlkämpfer benutzen gerne Feindbilder. Aber kaum einer trieb es so bunt wie Donald Trump: Er stellte die Mexikaner an den Pranger, die Nato, ausländische Firmen, Hillary Clinton, die Medien, die politische Korrektheit – und immer wieder „die politische Klasse“. Noch in seiner Antrittsrede sprach er voller Abscheu von dem Washingtoner Klüngel, der angeblich nur seine eigenen Interessen kennt und das Land aussaugt. Seit 100 Tagen gehört er jetzt selbst dazu. Wie hat sich der politische Quereinsteiger seither verändert?

    Zweifellos ist Trump als Präsident nicht mehr der Rüpel, der er zu Wahlkampfzeiten war. Aber das Amt hat ihn bisher auch nicht, wie das manche erhofft hatten, zum Musterbild eines seriösen Präsidenten geformt. Im Umfeld von Trump geistern immer noch obskure Berater umher, werden „Fake News“, also Lügen, verbreitet.

    Er selbst macht weiter große Sprüche und unterhält die Welt mit oft seltsamen Twitter-Botschaften, während er in Sachfragen schwankt wie ein Bäumchen im Wind. Die Nato ist obsolet? Nein, Trump findet sie inzwischen gut. Amerika ist kein Weltpolizist mehr? Nein, Trump lässt einen Stützpunkt der syrischen Streitkräfte bombardieren, nachdem mutmaßlich das Assad-Regime Giftgas eingesetzt hat.

    Man muss dem neuen Präsidenten zugestehen, dass er versucht, Wahlversprechen umzusetzen. Diese sind zwar teilweise höchst fragwürdig und zeugen von gnadenlosem Populismus. Aber immerhin bemüht er sich, seine Wähler nicht zu enttäuschen.

    Donald Trump ist in 100 Tagen wenig gelungen

    Gelungen ist bisher wenig. Trump unterzeichnet zwar fleißig Dekrete, zum Beispiel um Einreiseverbote für Bürger mehrerer muslimischer Staaten zu verhängen. Allerdings widersprechen diese der Verfassung und werden von Bundesrichtern gestoppt. Er versucht auch, wie versprochen, die von seinem Vorgänger eingeführte Krankenversicherung „Obamacare“ abzuschaffen. Mit seinem Alternativmodell kann er aber nicht einmal alle republikanischen Abgeordneten überzeugen.

    Und auch mit der Mauer an der mexikanischen Grenze, die Mexiko bezahlen soll, kommt Trump nicht voran: Der Senat bewilligt kein Geld, um das von vielen als sinnlos bezeichnete Projekt vorzufinanzieren. Auf die unzähligen neuen Jobs, die Trump versprach, warten die Amerikaner bisher vergebens. Vollzogen ist der Ausstieg aus dem Transpazifischen Handelsabkommen. Ob er die geplante große Steuerreform durchbekommt, ist noch unklar.

    Der Immobilien-Mogul musste lernen, dass man einen Staat nicht wie eine Firma führen kann. Das liegt daran, dass Politiker nicht ihr eigenes Geld, sondern das der Steuerzahler ausgeben. Und daran, dass in der Demokratie der Präsident kein Alleinherrscher ist. Ein in der US-Verfassung verankertes System von Ausgleichs- und Kontrollmechanismen zwingt die Institutionen zum Miteinander.

    Auch Trump verhält sich zunehmend wie ein typisches Mitglied der ihm so verhassten „politischen Klasse“: Er verhandelt, setzt Abgeordnete unter Druck, schließt Kompromisse.

    Wie sieht die Bilanz von Donald Trump aus?

    Wie sieht seine Bilanz aus? Der Populist Trump ist nach 100 Tagen der unpopulärste Präsident, seit es Umfragen gibt – 44 Prozent Zustimmung, 54 Prozent Ablehnung. Die Werte sind seit der Wahl, in der Trump die meisten Wahlmänner, nicht aber die meisten Stimmen gewann, kaum verändert. Er selbst sagte zuletzt, 100-Tage-Bilanzen seien "lächerlich". Gleichzeitig ließ er verbreiten, dass er die beste 100-Tage-Bilanz aller Präsidenten vorzuweisen habe.

    Um es im Duktus des von Trump geschätzten Internet-Gezwitschers zu sagen: Er ist zum Politiker geworden. Nicht sehr erfolgreich.

    Die wichtigsten Neuigkeiten zu Donald Trump lesen Sie auch hier in unserem News-Blog.

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